Gemeinsam Lösungen entwickeln

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Wenn Mitarbeitende das Gespräch mit Ihnen suchen

Das Führen von Mitarbeitergesprächen erfordert Einfühlungsvermögen, Argumentationsgeschick und Zeit. Mitarbeitende, die ein Gespräch mit Ihnen suchen, wollen ernstgenommen werden. Ihre Aufgabe als Führungskraft ist, die Situation Ihrer Mitarbeitenden zu verstehen und ihnen Verständnis zu zeigen.

ProblemEin Mitarbeitergespräch führen heißt verstehen: Verstehen, was die andere Person meint – egal wie sie sich ausdrückt. Verstehen, warum sie das Gespräch sucht. Ihre Absicht verstehen.

FragenDeshalb fragen Sie zunächst, zum Beispiel:

  • Sie fragen nach dem Befinden.
  • Sie fragen nach dem Anlass.
  • Sie fragen, wie Sie helfen können.

Erst wenn Sie die Beweggründe der Mitarbeiterin beziehungsweise des Mitarbeiters kennen, können Sie den Anlass des Gesprächswunschs Ihren Erfahrungen zuordnen und bewerten. Erst mit dieser Kenntnis können Sie Ihre Gedanken auf die Person, mit der Sie sprechen, hundertprozentig einstellen.

ThemaNachdem Sie eine Vorstellung haben, worum es der Mit­arbeiterin oder dem Mitarbeiter geht, können Sie ein­schätzen, wie dringend das Thema ist und ob es auch in Ihren Augen ein Thema für Sie beide ist, vielleicht sogar, ob Sie inhaltlich übereinstimmen oder nicht.

Ihre Bereitschaft zum Gespräch vorausgesetzt, halten Sie dennoch Ihre – vorläufige – Meinung zum Thema zurück und stellen noch nicht Ihre womöglich umfangreich zu erklärende Auffassung dar. Und Sie beurteilen auch noch nicht die Ihnen vorgestellte Situation, jedenfalls noch nicht abschließend.

GründeVielmehr ertasten Sie in der frühen Phase der Gesprächsanbahnung die Gründe für den Gesprächswunsch. Denn Sie haben zwar womöglich bereits erfasst, wo „der Schuh drückt“, aber noch nicht, warum. Das erfragen Sie.

Wenn es Ihrem Gegenüber schwerfällt, die eigenen Gedanken in Worte zu fassen, helfen Sie mit Möglichkeiten, Vorschlägen und Angeboten, die Sie nennen – mit Vermutungen, die Ihre Mitarbeiter oder Ihr Mitarbeiter akzeptieren oder ablehnen kann, die sie oder er variieren oder konkretisieren kann. So findet sie oder er die nötigen Worte.

Verstehen der Gedanken

BewertungNachdem Sie die Situation der Mitarbeiterin oder des Mit­arbeiters kennen und zusätzlich die Schwierigkeiten, die sie oder er mit der Situation hat, konzentrieren Sie Ihre Gedanken auf die Bewertung. Sie fragen sich zum Beispiel:

  • Sind die Gründe, die Sie erzählt bekommen haben, wirklich die objektive Begründung für den beschriebenen Sachverhalt?
  • Stimmt ihre oder seine Einschätzung der Lage mit Ihrer Bewertung überein?
  • Oder stellt sich Ihnen das Thema ganz anders dar?

Vielleicht ist Ihnen die Sachlage bereits bekannt und Sie verfügen über Informa­tionen, aus denen klar wird, wieso sie so sein muss. Sie sprechen also mit ihr oder ihm über Ihre Sichtweise auf den Sachverhalt.

ZusammenfassungSie fassen die Erläuterungen Ihrer Gesprächspartnerin beziehungsweise Ihres Gesprächspartners zusammen (Partnerschaftlich ist das Gespräch hoffentlich immer, trotz der hierarchischen Unter­schiede.) und lassen sich bestätigen, ob Ihre Zusammenfassung mit ihren oder seinen Gedanken übereinstimmen. So können Sie sicher sein, die Angelegenheit richtig verstanden zu haben. Ausgehend von diesem Verständnis leiten Sie über zu Ihrer Sicht der Zusammenhänge.

Konstruktive Vorschläge

WiderspruchSie vermitteln Ihrer Mitarbeiterin oder Ihrem Mitarbeiter sehr deutlich, was Sie nicht so sehen wie sie oder er, und Sie sagen ihr oder ihm auf jeden Fall auch gleich, warum Sie das anders sehen. Niemals lehnen Sie eine Meinung ab, ohne sogleich zu erklären, welche Meinung Sie stattdessen haben. Indem Sie konstruktive Erklärungen anbieten, bestätigen Sie, dass Sie die richtige Person für das Gespräch sind.

HintergründeDie konkreten Anregungen, die Sie der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter unterbreiten, formulieren Sie verständ­lich. Sie oder er muss sich vorstellen können, was Sie meinen. Sie setzen nicht voraus, dass Ihr Gegenüber denselben Informationsstand hat wie Sie. Deshalb informieren Sie ihn oder sie auch über Hintergründe Ihrer Lösungsvorschläge, zumindest soweit sie sich auf das Umfeld des Bereichs der oder des Mitarbeitenden beziehen.

Fragen klären

VerständnisSehr wahrscheinlich wird Ihre Gesprächspartnerin bezie­hungsweise Ihr Gesprächspartner Zwischenfragen haben – Verständnisfragen, Zusatzfragen, Detailfragen. Solche Fragen stören nicht; im Gegenteil. Sie zeigen den Willen, Sie zu verstehen. Deshalb beantworten Sie die Fragen. Falls Sie keine Fragen gestellt bekommen, provozieren Sie welche. Denn an den Fragen erkennen Sie, ob Ihre Äußerungen auch wirklich verstanden wurden.

ZwischenbilanzEine Möglichkeit, wenigstens irgendeine Reaktion auf Ihre Argumentation zu bewirken, haben Sie durch die Zusammenfassung mehrerer Informationen: Ziehen Sie Zwischenbilanzen und lassen Sie sie sich bestätigen. Die Bestätigung signalisiert Zustimmung. Oder es folgt ein Aber. Auch gut, dann geht die Diskussion weiter und Sie können in einzelnen Schritten zu einer Einigung, zu einer gemeinsamen Lösung kommen.

Ziel anstreben

GlaubwürdigkeitHalten Sie sich Immer wieder vor Augen halten, welches Ziel Sie verfolgen: Die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter soll nach dem Gespräch mit Ihnen besser mit der problematisch erscheinenden Situation fertig werden. Also zeigen Sie ihr oder ihm glaubhafte Alternativen. Die Glaubwürdigkeit Ihrer Ideen und Vorschläge hängt allerdings davon ab, ob Ihr Gegenüber sich vorstellen kann, dass sie realistisch sind und dass Sie selbst sich nach ihnen richten könnten. Der Appell an den anderen ist immer auch als Appell an sich selbst zu begreifen.

ÄnderungIhre Aufforderungen sollen Änderungen bewirken. Ent­weder soll die Situation selbst geändert werden oder „nur“ die Einstellung, die Beurteilung der Situation durch Ihr Gegenüber. Ihre Vorstellungen führen Sie in jedem Fall prägnant und deutlich Ihrer Mitarbeiterin oder Ihrem Mitarbeiter vor Augen. Das gelingt Ihnen mit Beispielen, mit vielen Beispielen aus ihrem beziehungsweise seinem Umfeld.

Ärger auffangen

SpannungIn einzelnen Gesprächen mit Mitarbeitenden entstehen Spannungen. Manchmal verursacht durch das Thema selbst, manchmal ausgehend von der oder dem Mitarbeitenden, manchmal ausgelöst von der Führungskraft – durch ein unbedachtes Wort, eine unbeabsichtigte Geste oder vielleicht nur durch die unvollkommene Erfüllung der an das Gespräch und seine Beteiligten gestellte Erwartungen. Bauen Sie solche Spannungen ab, und zwar unbedingt noch während des Gesprächs. Zeigen Sie zeigen dabei Ihre Souveränität, indem Sie freundlich bleiben.

AggressionPersönliche Angriffe verbitten Sie sich selbstverständlich. Trotzdem nehmen Sie sie nicht persönlich. Vielmehr lenken Sie den Gesprächsverlauf auf Ihre Gesprächspartnerin beziehungsweise Ihren Gesprächspartner und stellen ihr oder sein Verhalten in einen moralischen Zusammenhang – zum Beispiel mit der Frage, ob sich ihr oder sein Verhalten mit ihrer beziehungsweise seiner Vorstellung von gutem zwischenmenschlichen Mit­einander vereinbaren lässt. Danach lenken Sie das Gespräch konsequent zum Sachverhalt zurück.

Informationen geben

NeuesDamit Sie während des Gesprächs mit der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter konstruktiv bleiben, bieten Sie ihr oder ihm immer wieder etwas Neues an: eine Information, die ihr oder ihm – wenigstens in dieser Klarheit – bisher unbekannt war, oder eine etwas andere Betrachtungsweise, die das Problem in einem veränderten Licht erscheinen lässt, oder eine Konsequenz, die sich aus dem Besprochenen ergibt. Auf diese Weise führen Sie Ihr Gegenüber allmählich zu Ihrer eigenen Perspektive.

VergleicheDamit Ihr Gegenüber Ihre Gedanken besser nachvoll­ziehen kann, ergänzen Sie sie mit treffenden Verglei­chen. Denn auf einer breiteren Straße lässt sich besser fahren. Ihre Vergleiche können Sie sowohl aus dem betrieblichen Alltag nehmen wie auch aus der Privat­sphäre. Doch sie müssen immer zu der oder dem Mitarbeitenden einen persönlichen Bezug haben. Je treffender Ihre Vergleiche sind, umso eher wird Ihre Sichtweise angenommen.

Ergebnis bestätigen

EinverständnisWenn Sie annehmen, das Thema hinlänglich vollständig besprochen zu haben, bringen Sie die wesentliche Inhalte noch einmal auf einen Nenner und formulieren präzise die Inhalte, in denen Sie beide übereinstimmen. Sie können sich notfalls auch einig sein, dass Sie in der einen oder anderen Hinsicht unterschiedliche Auffassungen haben. In jedem Fall aber fordern Sie das Einverständnis zu Ihrem Schlusswort.

SinnSofern die Zeit nicht reichte, um das Thema umfassend zu klären, halten Sie fest, welche Aspekte offengeblieben sind, und vereinbaren einen Termin, wann Sie diesen Teil besprechen können. Sie stellen dar, wo bereits Einigung herrscht, und Sie sagen, welche Konsequenzen Sie aus dem Gespräch ziehen, welche konkreten Schritte aus dem Gespräch resultieren. Erst dann können Sie ruhigen Gewissens sagen: Das Gespräch hatte einen Sinn.

So argumentieren Sie konstruktiv:

  • Sie sagen niemals, was Sie nicht wollen, ohne sogleich zu erklären, was Sie stattdessen wollen.
  • Sie unterbreiten immer konkrete Vorschläge, die auf das Vorstellungsvermögen Ihrer Gesprächspartnerin oder Ihres Gesprächspartners ausgerichtet sind.
  • Sie antworten immer so präzise wie möglich auf die Fragen, die Ihnen gestellt werden.
  • Sie fassen nicht erst am Ende eines Gesprächs zusammen, sondern ziehen bereits während des Gesprächs Zwischenbilanzen.
  • Sie richten deutliche Appelle an Ihr Gegenüber – aber solche, denen Sie selbst auch nachkommen würden.
  • Sie erläutern mit vielen Beispielen dem anderen seine vielfältigen Möglichkeiten zur Aktivität.
  • Sie bieten immer wieder neue Informationen an, die Sie mit Vergleichen ausmalen.
  • Sie bringen in jeder Phase des Gesprächs neue Beschreibungen Ihrer Argumente, die Ihrem Gegenüber Ihre Meinung klarer machen.
  • Sie stellen am Ende des Gesprächs die wesentlichen Ergebnisse zusammen und lassen sie sich bestätigen.

Peter Hilbert