Wer fragt, der führt

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Weniger sagen und mehr fragen

Wer selbst spricht, erfährt nichts. Wer Fragen stellt, erhält aktuell interessante und individuell interessierende Informationen – und oft zusätzlich aufschlussreiche Erläuterungen. Fragen sind unverzichtbar zum Erfahren der Wünsche und der Bedürfnisse, der Situation und der Absichten, des Wissens und der Gedanken der Gesprächsteilnehmer sowie zur Analyse und zum Klären der Themen in einer Gesprächsrunde.

Wer fragt, schafft Vertrauen und baut Spannungen ab. Er ist ein angenehmerer Gesprächspartner als jemand, der nur redet, denn er vermittelt seinen Gesprächspartnern, dass ihre Antworten interessant und wichtig sind. Er gibt ihnen Gelegenheit, ihrem Mitteilungsbedürfnis nachzukommen, und erfährt Hintergründe, die ohne Fragen womöglich nicht zur Sprache gekommen wären. Und manchmal gewinnt der Frager auch einfach nur Zeit, um die eigenen Gedanken zu formulieren.

Wer gefragt wird, fühlt sich als gefragter Gesprächspartner. Er erhält Wertschätzung, er trifft auf Empathie und Beachtung. Gefragte antworten gern – sofern die Fragen aufrichtig und angemessen sind – und sagen gern ihre Meinung, besonders wenn ihnen zugehört wird.

Andererseits kann permanentes Fragen auch inquisitorisch wirken. Wer sich ausgefragt fühlt, hat die Wahrnehmung, nur reagieren zu können oder unangenehm manipuliert zu werden. Wenn der Gefragte den Eindruck erhält, das Fragen ist nicht als Vorschlag zu antworten gedacht, als Wunsch eine ernst gemeinte Antwort zu bekommen, empfindet er Druck, dem er ausweichen und entkommen will – auf welche Weise auch immer.

Die Kunst der Kommunikation ist zugleich die Kunst, in Fragen zu denken und zu sprechen. Aussagen – denen andere nicht zustimmen – erzwingen fast immer Widerspruch, während Fragen das Denken anregen.[1]

In einigen Situationen sind die Rollen der Frager und der Gefragten ungleich verteilt, sodass eine Art Interview entsteht. In solchen disparitätischen Gesprächen – etwa zwischen Führungskraft und Mitarbeiter, zwischen Berater und Klient, zwischen Anwalt und Mandant, zwischen Experte und Laie, zwischen Verkäufer und Käufer, zwischen Arzt und Patient, … – bezweckt das Fragen, eine Situation oder ein Thema möglichst vollständig zu erfassen. Wenn nicht aufgrund der Umstände allen Beteiligten die Disparität der Rollen klar ist, bietet sich an, das Fragen zu avisieren und sich die Erlaubnis zu holen. Zum Beispiel so:

  • „Um Ihnen eine fundierte Auskunft geben zu können, benötige ich zunächst eine Reihe von Informationen. Sind Sie einverstanden, wenn ich Ihnen einige Fragen stelle?“

Die Ankündigung zu fragen reduziert die Spannung der Gefragten signifikant und erhöht ihre Bereitschaft zu antworten.

Während eines Gesprächs empfinden Frager und Gefragte die geäußerten Fragen und Antworten als situationsangemessen, wenn die Fragetechniken sowohl inhaltlich wie auch quantitativ Antworten auslösen, die von allen Beteiligten als intendiert angesehen werden. Beispielsweise haben öffnende und schließende Fragen gegensätzliche Intentionen, die von der Antwort erfüllt oder konterkariert werden.

Vorteile Nachteile
Öffnende Fragen
  • Meist ausführliche Antwort
  • Keine gezielte Information
Schließende Fragen
  • Gezielte Auskunft
  • Keine umfassende Information

Ebenso wie die Fragetechnik hat auch die Länge der Frage Einfluss auf die Antwort:

  • Wer kurze Fragen stellt, erhält vornehmlich lange Antworten.
  • Wer lange Fragen stellt, erhält eher kurze Antworten.

Fragetrichter

Ein Gespräch, in dem keine einzige Frage gestellt wird, ist sicher denkbar, doch eher ungewöhnlich und unwahrscheinlich. Fragen beleben jedes Gespräch zu jeder Zeit, lassen es sich entwickeln und machen es interessanter für die Beteiligten. Fragen geben Gesprächen die Würze in Form von Impulsen und lenken es in eine – beabsichtigte oder nicht beabsichtigte – Richtung: ins Allgemeine oder zum Besonderen, vom Thema weg oder zum Thema hin, zum Generellen oder zum Persönlichen, zur Harmonie oder zum Streit, in die Vergangenheit, in die Zukunft oder ins Jetzt, zu Problemen oder zu Lösungen, …

Trichter 1Welche Fragetechniken jemand wählt, ergibt sich aus seinem Interesse am Thema oder am Gesprächspartner und aus seinem den Wunsch an erfragten Informationen. Wer mit Fragen bewusst steuert, formt seine Fragetechnik während des Gesprächsverlaufs zu einem Fragetrichter. Beim Kennenlernen oder bei Gesprächen, die sich aus einer Konversation ergeben, entwickelt sich oft intuitiv und aus Höflichkeit ein Fragetrichter: Sind die Fragen am Anfang des Gesprächs noch eher oberflächlich und wenig konkret, werden mit Fortgang des kommunikativen Austauschs die Fragen substanzieller und geben Anstöße für genauere Antworten.

Beim Fragetrichter stehen am Gesprächsbeginn eher allgemeine, öffnende Fragen, damit die Gefragten möglichst locker bleiben und ausführlich berichten können, was ihnen angenehm ist, beziehungsweise die Frager erfahren können, was sie gerade hören wollen. Zum Beispiel:

  • „Was ist geschehen?“
  • „Was möchten Sie mir von sich erzählen?“
  • „Wie haben Sie das bisher gemacht?“
  • „Wie sehen Sie das?“

Manchmal werden die öffnenden Fragen am Gesprächsbeginn eingeleitet mit einer schließenden Vor-Frage, meist um den Kenntnisstand oder das Interesse des Gesprächspartners zu erfahren oder um das Gesprächsklima positiv zu gestalten. Zum Beispiel:

  • „Haben Sie schon gehört, was mit Frau Murens ist?“
  • „Haben Sie heute früh schon Zeitung gelesen?“
  • Kennen Sie schon den neuen Mitarbeiter, Herrn Porens?“
  • Waren Sie bis eben beim Chef im Büro?“

Den schließenden Vor-Fragen folgen danach öffnende Fragen oder Informationen, zu denen der Gesprächspartner dann Fragen hat.

In der Gesprächsmitte stehen konkretere Fragen, um langsam zu Perspektiven und Informationen zu lenken, worüber der Frager Genaueres erfahren will beziehungsweise worüber der Gefragte Genaueres zu berichten weiß. Zum Beispiel:

  • „Wie stellen Sie sich das im Einzelnen vor?“
  • „Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?“
  • „An welchen Stellen wollen Sie mir widersprechen?“
  • „Auf welche Weise würden Sie das in die Praxis umsetzen?“

Solche Fragen sind essenziell für die Gesprächsentwicklung, denn sie bewirken den gewünschten Austausch von Informationen.

Am Ende des Gesprächs stehen Fragen zur Präzision, also schließende Fragen, zum Beispiel:

  • „Wann machen wir das?“
  • „Wo treffen wir uns?“
  • „Wissen Sie jetzt, was zu tun ist?“
  • „Wie viel brauchen Sie davon?“

Die Fragen am Schluss führen zur Bestätigung des Gesprächsergebnisses: worauf sich die Beteiligten geeinigt haben, was noch offengeblieben ist oder was nach dem Gespräch von wem bis wann zu tun ist.

Antworten auf Fragen

Neben der Fragetechnik beeinflusst auch die Art, wie jemand seine Frage stellt, die Art der Antwort, die er erhält:

  • Stellt jemand nicht mehrere Fragen hintereinander, ohne eine Antwort abzu­warten, sondern gibt er nach jeder Frage Gelegenheit zu antworten, so erhöht er die Wahrscheinlichkeit, auf alle seine Fragen eine informative Antwort zu erhalten.
  • Formuliert er seine Fragen kurz und leicht verständlich, so erhält er meist vollständige Antworten.
  • Kündigt er wichtige Fragen an, so erhält er höchstwahrscheinlich überlegte Antworten.
  • Formuliert er seine Fragen eindeutig und konkret, so erhält er sicherlich auch eindeutige und konkrete Antworten.
  • Variiert er die Formulierungen seiner Fragen, so fühlen sich die Gefragten nicht ausgefragt und antworten ihm bereitwillig.
  • Vermeidet er, in seinen Fragen Antworten vorzugeben, so erhält er ehrliche Antworten.

Die Art zu fragen legt nahe, auf die mit der Frage verbundenen Intention zu antworten.

Fragerichtungen

Der Inhalt einer Frage veranlasst Gefragte, nach einer Antwort zu suchen, die zur Frage passt. Der Frager steuert also die Gefragten, in eine von ihm bestimmte Richtung zu denken und zu antworten. Fragt er nach Positivem, bekommt er wahrscheinlich Positives genannt. Fragt er nach Negativem, wird ihm wahrscheinlich Negatives berichtet. Je nach Formulierung der Frage fällt die Antwort aus – wie bei den rauchenden Mönchen:

Ein Novize, eben neu ins Kloster eingetreten, fragt den Abt: „Ist es erlaubt, während des Betens zu rauchen?“ Der Abt, nicht wenig erstaunt über eine solche Frage, antwortet mit Bestimmtheit: „Das ist strikt verboten!“

Später begibt sich der Novize in die Klosterkapelle zum ersten gemeinsamen Gebet im Kreis der Mönche – und was sieht er dort? Da kniet ein alter Mönch, betet und raucht dazu in aller Seelenruhe sein Pfeifchen. Der Novize ist empört und kann das Ende der Gebetsstunde kaum erwarten. Endlich ist es soweit.

Er nähert sich dem alten Mönch und stellt ihn zur Rede: „Bruder, wie kommt es, dass du während des Betens rauchst? Das hat der Abt doch ausdrücklich verboten!“

„Hast du ihn denn gefragt?“

„Aber natürlich!“

„Seltsam“, meint der alte Mönch, „auch ich habe ihn gefragt und er hat es mir gestattet.“

Voll Entrüstung über diese Ungerechtigkeit will der Novize gleich zum Abt eilen, aber der alte Mönch hält ihn zurück. „Sage mir doch“, will er wissen, „was genau hast du den Abt gefragt?“

Der Novize: „Ich habe gefragt, ob ich während des Betens rauchen dürfe.“

Darauf erwidert der alte Mönch: „Siehst du, ich habe ihn gefragt, ob ich während des Rauchens beten dürfe.“[2]

Nicht jeder Frage ist sofort zu entnehmen, in welche Richtung sie lenken will. Manche Fragen lassen an Probleme denken – andere an Lösungen. Manche Fragen veranlassen, etwas skeptisch zu sehen – andere, dasselbe aufgeschlossen zu betrachten. Manche Fragen führen zu einer Analyse – andere zu Kreativität.

Fragen in die Vergangenheit provozieren eher, analytisch, skeptisch und problemorientiert zu denken. Fragen in die Zukunft bewegen eher, aufgeschlossen, lösungsorientiert und kreativ zu denken.

Richtung 1

Problemorientierte Fragen

  • Warum?
  • Woher?
  • Was war schlecht?
  • Was stört?
  • Was ist das Problem?
  • Was kann ich kritisieren
  • Wer hat Schuld?
Lösungsorientierte Fragen

  • Wozu?
  • Wohin?
  • Wie wird es besser?
  • Was hilft?
  • Was kann die Lösung sein?
  • Wie kann ich helfen?
  • Wie lässt es sich ändern?

Fragen, die in die Vergangenheit führen, helfen zunächst kaum, nach Lösungen zu suchen, doch sie führen nicht zwangsläufig in die Irre, denn an sie können sich Fragen anschließen, die in die Zukunft führen. Das Fragen nach Problemen kann also helfen, auf einem mehr oder weniger sinnvollen Umweg Lösungen zu finden. Doch das Verweilen bei der Problemanalyse, darf die Lösungssuche nicht verhindern. So kann etwa das Fragen nach Schwächen Probleme aufdecken und das Benennen von Schwächen kann dann Verbesserungen ermöglichen.

Fragesortiment

Sortiment 1Wohl nur selten lässt sich mit nur einer Frage ein Gesprächspartner animieren, von einem Sachverhalt so umfänglich zu berichten, dass der Frager in allen Facetten sich informiert fühlt und ihm kein Nachfragen angebracht scheint. Wenn eine Situation oder ein Thema möglichst umfassend und detailliert besprochen werden soll, kann ein Fragesortiment von elf Fragen erreichen, der Absicht gerecht zu werden. Dabei bietet sich an, die Fragen so zu variieren, dass sie die Befragten bewegen, zum Beispiel ein Ereignis möglichst vollständig zu schildern, also seinen Umfang wie auch seine Details. Mit den Antworten auf elf W-Fragen lässt sich eine Begebenheit umfassend und eingehend schildern. Das Fragesortiment gliedert sich nach der Relevanz der erwarteten Informationen: nach Notwendigkeit, Ausführlichkeit und Ergänzungen.

Notwendig sind Antworten auf die Fragen:

  • Wer war beteiligt?
  • Was ereignete sich?
  • Wo passierte es?
  • Wann geschah es?

Mehr Ausführlichkeit bewirken Antworten auf die Fragen:

  • Wie war der Ablauf?
  • Warum kam es zu dem Ereignis?
  • Wozu hat jemand etwas getan?
  • Wodurch kam es zu dem Ereignis?
  • Womit lässt sich etwas verbessern?

Ergänzen können Antworten auf die Fragen:

  • Woher kam der Impuls für das Ereignis?
  • Wohin könnte das Ereignis führen?

Das Fragesortiment kann sowohl dem Fragenden wie auch dem Berichtenden Anregungen geben für sämtliche Aspekte, die hilfreich sind für das komplette Erfassen des Themas beziehungsweise des Ereignisses.

Damit Gefragte sich zum Thema äußern

Thema 1Besonders am Beginn, manchmal auch zwischendurch, brauchen Gespräche einen Impuls, um in Gang zu kommen. Fragen, die das Thema einleiten oder jemanden zum Antworten bewegen, können ein Gespräch eröffnen oder Gefragte zu weiteren Erläuterungen zum Thema veranlassen.

Stimulationsfragen geben einen freundlich-positiven, ermunternden Anstoß, sich zu einem Thema zu äußern. Zum Beispiel:

  • „Was meinen Sie als Fachfrau zu dem Thema?“
  • „Wie haben Sie dieses ausgezeichnete Ergebnis erzielt?“
  • „Was halten Sie von der Idee?“
  • „Welche weitere Entwicklung wünschen Sie sich?“

Doppelsinnfragen sind geeignet, ein neues Thema einzuleiten, ohne es direkt oder gar plump zu benennen. Zum Beispiel:

  • „Haben Sie heute Abend schon etwas vor?“ – um das Thema Überstunden anzusprechen.
  • „Wollen Sie noch einen Tee bei mir trinken?“ – um auszuloten, ob ein Beisammensein infrage kommt.
  • „Haben Sie noch einen Parkplatz vor dem Gebäude bekommen?“ – um über die Anreise zu sprechen.
  • „Haben Sie für den Dezember bereits Pläne?“ – um etwas über die Urlaubsabsichten zu erfahren.

Mit Doppelsinnfragen lassen sich auch Hinweise erfahren, die nicht direkt besprochen werden. Zum Beispiel:

  • „Haben Sie das Buch gelesen?“ – zur Ehrlichkeit
  • „Ist Ihnen das zu teuer?“ – zum Anspruch
  • „Sind Sie bereit umzuziehen?“ – zum Ehrgeiz
  • „Was halten Sie von Verkaufstrainings?“ – zur Lernbereitschaft

Rückgabefragen helfen, umfangreichere und detailliertere Informationen zu erhalten. Der Frager wiederholt Inhalte einer gehörten Aussage wörtlich und mit fragender Stimmführung. Zum Beispiel:

  • „Positive Nachrichten?“
  • „Aufwändige Lösung?“
  • „Emotionaler Ausbruch?“
  • „Interessante Varianten?“

Der Frager kann mit Rückgabefragen auch direkt um weitere Informationen bitten. Zum Beispiel:

  • „Wie meinen Sie das?“
  • „Was soll ich gestern Nachmittag getan haben?“
  • „Was, Sie haben gestern Abend nichts mehr unternommen?“
  • „An welche Ursachen denken Sie?“

Lösungsfragen suchen nach Details zu eher kritischen Themen – vor allem um Motive für Widerstände oder Konflikte zu erkennen. Zum Beispiel:

  • „Ihre Ablehnung hat sicher einen Grund. Darf ich ihn erfahren?“
  • „Wie soll ich das verstehen?“
  • „Vertreten Sie diese Meinung generell oder nur in Bezug auf unser Thema?“
  • „Wie stellen Sie sich eine Lösung für das Problem vor?“

Damit Gefragte präzise Auskunft geben

Auskunft 1In Gesprächen interessieren sich die Beteiligten oft für unterschiedliche Details eines Themas. Fragen nach Einzelheiten veranlassen die Gefragten, mehr Informationen zu geben, die der Frager als wichtig ansieht.

Faktenfragen bringen Daten, Informationen und Tatsachen. Zum Beispiel:

  • „Wie alt ist Ihr Sohn?“
  • „Wie viele Mitarbeiter beschäftigt Ihr Unternehmen?“
  • „Wie komme ich zum Bahnhof?“
  • „Welche Aufgaben hat Ihre Abteilung?“

Verständnisfragen führen dazu, Informationen erläutert zu bekommen. Zum Beispiel:

  • „Wie bitte?“
  • „Können Sie das bitte noch einmal erklären?“
  • „Was hat das damit zu tun?“
  • „Wie meinen Sie das?“

Definitionsfragen lassen den Gefragten Sachverhalte präzisieren. Zum Beispiel:

  • „Was verstehen Sie unter zu viel Zeit?“
  • „Ab welcher Personenzahl wird das Team zu groß?“
  • „Was verstehen Sie unter zu teuer?“
  • „Was heißt gestern Nachmittag?“

Spiegelungsfragen sollen dem Frager helfen, das Thema besser zu verstehen. Sie beginnen meist nicht mit einem Fragewort, sondern geben Inhalte vorangegangener Aussagen wieder. Sie signalisieren Anteilnahme, sichern gegenseitiges Verstehen und sie verhindern, aneinander vorbeizureden. Zum Beispiel:

  • „Wenn ich Sie recht verstehe, meinen Sie, wir sollten den Lieferanten wechseln?“
  • „Sie sind also der Auffassung, das Projekt wird nicht rechtzeitig fertig?“
  • „Sie möchten demnach unsere Zustimmung?“
  • „Mit anderen Worten: Sie sind einverstanden?“

Damit sich das Gesprächsklima verbessert

Klima 1Manchmal gerät ein Gespräch ins Stocken. Fragen können dann einen freundlichen Anstoß geben, damit das Gespräch wieder lebendiger wird, indem sie thematische oder emotionale Brücken bauen, die den Informationsaustausch der Beteiligten fördern.

Rhetorische Fragen steigern die Aufmerksamkeit, wenn der Frager selbst die Antwort gibt. Zum Beispiel:

  • „Wohin führt das nun? – Das führt …“
  • „Und was bedeutet das? – Das bedeutet …“
  • „Wie funktioniert das am effektivsten? – Am effektivsten ist …“
  • „Wem ist das nicht auch schon einmal passiert? – Ich war neulich …“

Superlativfragen können verfahrene Situationen lösen. Zum Beispiel:

  • „Was erwarten Sie im Idealfall?“
  • „Welche Kriterien sind für Sie am wichtigsten?“
  • „Was gefällt Ihnen am besten?“
  • „Was möchten Sie auf keinen Fall?“

Minimax-Fragen klären die Erwartungen der Gefragten. Zum Beispiel:

  • „Was ist für Sie besonders wichtig und was weniger?“
  • „Was gefällt Ihnen an meinem Vorschlag am besten und was am wenigsten?“
  • „Welche minimalen und welche maximalen Anforderungen stellen Sie?“
  • „Was soll heute unbedingt geschehen und was darf auf keinen Fall passieren?“

Meinungsfragen thematisieren Gefühle und Einstellungen. Zum Beispiel:

  • „Wie zufrieden sind Sie damit?“
  • „Wie bewerten Sie unser Ergebnis?“
  • „Wie kommen Sie zu dieser Auffassung?“
  • „Worauf legen Sie besonderen Wert?“

Nachforschungsfragen zeigen Interesse und bewirken, Begründungen zu geben. Zum Beispiel:

  • „Wie meinen Sie das genauer?“
  • „Wie denken Sie darüber konkret?“
  • „Warum glauben Sie das?“
  • „Und woran liegt das?“

Nachforschungsfragen vermeiden einerseits Missverständnisse, andererseits steuern sie massiv, obgleich sie vordergründig unschuldig wirken. Zum Beispiel:

  • „Was haben die beiden Vorgänge miteinander zu tun?“
  • „So? Und warum nicht?“
  • „Und was sind das für Schwierigkeiten?“
  • „Wonach suchen Sie genau?“

Damit sich das Gespräch wie beabsichtigt entwickelt

Absicht 1Die Fragetechniken des Fragetrichters steuern dezent vor allem am Gesprächsbeginn zum Eröffnen des Themas und am Gesprächsende zum Fixieren von Ergebnissen.

Öffnende Fragen beginnen meist mit einem Fragewort und lassen sich nicht adäquat mit ja oder nein beantworten. Sie geben große Freiräume für den Inhalt und die Formulierung der Antwort. Sie veranlassen, viele Informationen zu geben, werden als partnerschaftlich erlebt und nur als geringe Lenkung empfunden. Zum Beispiel:

  • „Was denken Sie darüber?“
  • „Was ist geschehen?“
  • „Wie beurteilen Sie das?“
  • „Wie sehen Ihre Erwartungen für die Zukunft aus?“

Schließende Fragen beginnen meist mit einem Verb. Sie lassen nur wenige adäquate Antwortmöglichkeiten zu – in der Regel ja oder nein oder eine Zahl. Sie bringen zwar nur wenige Informationen, aber erleichtern eine eindeutige Stellung­nahme. Sie werden als starke Lenkung erlebt und sind angebracht, um Fakten zusammenzutragen. um die Konzentration zu steigern oder um Entscheidungen herbeizuführen.[3] Zum Beispiel:

  • „Haben Sie schon mit der Personalleitung gesprochen?“
  • „Passt es Ihnen am Freitag um 13:30 Uhr?“
  • „Sind Sie mit dieser Lösung einverstanden?“
  • „Wann haben Sie das festgestellt?“

Wer sich der starken Steuerung durch schließende Fragen entziehen will, kann ausweichen. Zum Beispiel:

  • „In dieser Form kann ich Ihnen die Frage nicht beantworten.“
  • „Um Ihre Frage zu beantworten, müsste ich etwas weiter ausholen.“
  • „Das sage ich Ihnen nachher.“
  • „Damit ich Ihnen nichts Falsches sage, werde ich mich erst noch einmal vergewissern.“

Einwandfragen suchen nach möglichen Einwänden oder formulieren Einwände als Fragen. Zum Beispiel:

  • „Was spricht aus Ihrer Sicht dagegen, mit der gefundenen Lösung zu beginnen?“
  • „Inwiefern verbessert Ihr Vorschlag unsere Situation?“
  • „Ist es möglich, das gute Ergebnis zu wiederholen?“
  • „Abgesehen von den Anschaffungskosten – welche Vorteile brächte Ihnen die Umstellung des Verfahrens?“

Rückstellungsfragen, auch Rangierfragen genannt, helfen dem Frager, beim Thema zu bleiben. Zum Beispiel:

  • „Darf ich darauf gleich noch zurückkommen?“
  • „Wollen wir nicht erst das andere Thema besprechen?“
  • „Können wir diesen Aspekt noch einen Augenblick zurückstellen?“
  • „Können wir später ausführlich drüber sprechen?“

Damit das Gespräch ein Ergebnis bekommt

Ergebnis 1Gespräche ohne Ergebnis bleiben unbefriedigend. Doch nicht immer muss das Resultat am Ende auch explizit genannt werden: So müssen die Beteiligten nicht notwendigerweise den Wissenszuwachs, den sie aus dem Gespräch mitnehmen, als Konsens benennen. Andererseits sind klare Ergebnisse oder auch Zwischenergebnisse, die von allen Beteiligten bestätigt werden, durchaus erstrebenswert, weil die Gesprächsteilnehmer dann eine ausdrückliche Grundlage für ihr weiteres Handeln haben – selbst wenn sie sich einigen, bei einigen Themen uneins zu bleiben.

Indirekte Fragen helfen, schneller zu Entscheidungen zu kommen. Sie haben nicht die grammatische Frageform. Zum Beispiel:

  • „Wenn Sie das heute noch besorgen, erledigen wir das sofort für Sie.“
  • „Sagen Sie mir am besten, was Sie bisher gearbeitet haben.“
  • „Am einfachsten ist, wir treffen uns morgen Nachmittag.“
  • „Sofern Sie bestellen wollen, gebe ich die Order frei.“

Umwandlungsfragen setzen mit Interpretationen inhaltliche Akzente und veranlassen zu reflektieren.

  • „Stellen Sie damit den Sinn der Aktion in Frage?“
  • „Sollen wir das so verstehen, dass die nächsten Schritte bei uns liegen?“
  • „Meinen Sie damit die Wirtschaftlichkeit im Prozess?“
  • „Sie behaupten also, der Vorschlag erfüllt alle Kriterien?“

Isolationsfragen stellen Entscheidungen als eine Schlussfolgerung dar; andere Zusammenhänge treten in den Hintergrund. Zum Beispiel:

  • „Werden Sie sich für unser Angebot entscheiden, wenn wir den gewünschten Termin garantieren?“
  • „Besuchen Sie mich, wenn ich verspreche, nicht Klavier zu spielen?“
  • „Kommen Sie gleich nach Ihrem Telefonat?“
  • „Nehmen Sie das Gerät mit, nachdem es gereinigt wurde?“

Damit sich die Sichtweise ändert

System 1Systemische Fragetechniken führen zu neuen Perspektiven und können negative Emotionen zu positiven wenden. Sie sollen nicht vornehmlich zum Informieren veranlassen, sondern beim Gefragten vorhandene Sichtweisen differenzieren, gedankliche Experimenten anregen oder ihn zum Nachdenken über sein Verhalten bewegen.

Hypothetische Fragen stoßen neue Ideen und Perspektiven oder das Denken über alternative Verhaltensweisen an. Zum Beispiel:

  • „Angenommen, Sie hätten in der gleichen Situation völlig frei handeln und bestimmen können – was hätten Sie getan?“
  • „Nehmen wir an, wir entscheiden uns für die zweite Variante; was halten Sie davon?“
  • „Falls Sie sich Ihren Wunsch erfüllen, wären Sie dann rundum glücklich?“
  • „Was würde geschehen, wenn die Schwierigkeiten, die Sie beschrieben haben, nicht mehr aufträten?“

Rekursive Fragen unterbrechen Schuldzuweisungen und halten an, Verantwortung zu übernehmen. Zum Beispiel:

  • „Angenommen, es wäre überlebensnotwendig, dass Sie solche Situationen noch schneller meistern – was würden Sie anders machen?“
  • „Wenn Sie Ihre Vergangenheit im Nachhinein abwandeln könnten, was würden Sie aus heutiger Sicht ändern?“
  • „Wenn Sie von Ihrer Führungskraft so behandelt worden wären, wie Sie Ihre Mitarbeiterin behandelt haben, wie hätten Sie dann reagiert?“
  • „Was antworten Sie, wenn Sie jemand so beleidigt, wie Sie ihn eben beleidigt haben?“

Zirkuläre Frage stoßen an, eine Situation von außen zu betrachten, und wecken Verständnis. Zum Beispiel:

  • „Was würde wohl ein Außenstehender zu Ihrem Verhalten in dieser Situation sagen?“
  • „Wie würde wohl der Ressortleiter Recht die Situation einschätzen?“
  • „Haben Sie eine Vermutung, wie die Kollegen Ihrer Ebene mit den neuen Strukturen umgehen?“
  • „Wie sieht das wohl aus der Sicht eines über 60-jährigen Mitarbeiters aus?“

Fragen nach Besonderheiten lenken zu Lösungen statt zu Problemen. Zum Beispiel:

  • „Wobei fühlen Sie sich in solchen Situationen besonders gut?“
  • „Was hat Ihnen an Ihrer Präsentation besonders gut gefallen?“
  • „Was ist Ihnen in Verhandlungen besonders wichtig?“
  • „Welche Änderungen in den Abläufen wären für Sie und Ihr Team besonders effektiv?“

Zukunftsfragen lenken zu Zielen. Zum Beispiel:

  • „Stellen Sie sich vor, zwei Jahre sind vorbei und Sie denken an die aktuelle Situation; woran werden Sie sich dann erinnern wollen?“
  • „Irgendwann werden auch Sie einen Nachfolger haben; was würden Sie ihm zu seinem Verhalten Ihrer Führungskraft gegenüber raten?“
  • „Was, meinen Sie, werden Sie von dem Konflikt heute halten, wenn Sie einmal in Rente sind?“
  • „Was werden Sie, Ihrer Erfahrung nach, in einem Jahr von der Situation heute halten?“

Absurde Fragen entwickeln über zunächst paradox erscheinende Gedanken konstruktive Handlungsmöglichkeiten. Zum Beispiel:

  • „Wenn wir beide wollten, dass das Projekt an die Wand fährt, was wäre unser gemeinsamer Beitrag?“
  • „Was müssten Sie tun, damit der Vorstand Ihre Vorschläge ablehnt?“
  • „Wie müssten Sie sich verhalten, damit Ihre Mitarbeiterin aufgibt und kündigt?“
  • „Was könnte Ihr Beitrag sein, damit der Messeauftritt ein Reinfall wird?“

Konditionale Fragen lassen an konkrete Möglichkeiten für Veränderungen denken und zielen auf konkretes Handeln. Zum Beispiel:

  • „Was müsste geschehen, damit Sie Ihr Verhalten in solchen Situationen ändern?“
  • „Welche Optionen bräuchten Sie, um Ihren Entschluss zu revidieren?“
  • „Welche Möglichkeiten sehen Sie, um die Hindernisse, die Sie veranlasst haben, sich so zu verhalten, zu überwinden?“
  • „Welche Ideen haben Sie, um Ihre Verhaltensroutinen zu ändern?“

Destruktive Techniken

Destruktion 1Einige Fragetechniken stören das Gespräch. Sie führen den Informationsaustausch nicht weiter, irritieren, brüskieren, verärgern oder bedrängen die Gesprächs­teilnehmer. Andere manipulieren den Verlauf, führen vom Thema weg, verhindern die Einigung oder sind gar nicht als Frage gemeint oder nicht als solche zu erkennen. Solche Fragen wirken selten konstruktiv, selbst wenn sie unbedacht oder gar mit positiver Absicht verwendet werden.

Gegenfragen, als Antworten auf eine Frage mit einer Frage, lenken vom Thema ab. Zum Beispiel:

  • „Und wie sehen Sie das selbst?“
  • „Warum wollen Sie das wissen?“
  • „Wie kommen Sie gerade auf diese Frage?“
  • „Könnten Sie mich nicht etwas Leichteres fragen?“

Kettenfragen führen bislang nicht diskutierte Aspekte in das Gespräch ein. Zum Beispiel:

  • „Welche Menschen schätzen Sie am meisten: die viel reden oder die viel fragen oder die viel schweigen oder die ihre Arbeit tun?“
  • „Welcher Aspekt steht für Sie im Vordergrund: der moralische oder der steuerliche oder der soziale oder der betriebswirtschaftliche oder der strategische oder welcher?“
  • „Sprechen Sie von der deskriptiven, der normativen oder der angewandten Ethik? Oder gar von der Metaethik?“
  • „Möchten Sie nicht täglich in langen Staus stehen, sondern sich beim Fahren zur Arbeit entspannen? Möchten Sie kostengünstig, bequem und flott mobil sein?“

Objektivierungsfragen halten das Thema allgemein. Zum Beispiel:

  • „Welche Ansichten gibt es noch zu der Frage?“
  • „Was halten Sie von dem Gesamtkonzept?“
  • „Welche mögliche Lösungen gibt es denn?“
  • „Mit welchen Schwierigkeiten werden Sie sonst noch konfrontiert?“

Voraussetzungsfragen thematisieren Begründungszusammenhänge. Sie treiben allerdings in die Enge, weil sie das Gefühl erzeugen, sich wie in einem Verhör rechtfertigen zu sollen. Zum Beispiel:

  • „Woher wissen Sie das?“
  • „Warum interessiert Sie das?“
  • „Weshalb haben Sie sich so verhalten?“
  • „Haben Sie die Stelle gewechselt, weil Sie Differenzen mit Ihrem Chef hatten?“

Voraussetzungsfragen werden selten als negativ empfunden, wenn sie mit den Fragewörtern was, wo oder wie gestellt werden. Zum Beispiel:

  • „Was ist Bedingung für Ihre Zusage?“
  • „Wo sehen Sie die Vor- und Nachteile?“
  • „Wie ist das entstanden?“
  • „Was, meinen Sie, ist der Grund dafür?“

Suggestivfragen forcieren das Gespräch. Sie heischen erkennbar nach Bestätigung und wirken unangenehm bedrängend. Zum Beispiel:

  • „Sie wissen, dass das viel Geld kostet?“
  • „Den Ordner wollen Sie doch mitnehmen?“
  • „Ist nicht gerade Sicherheit von ausschlaggebender Bedeutung?“
  • „Sind Sie etwa gegen eine wirtschaftlichere Lösung?“

Alternativfragen drängen, Entscheidungen zu treffen, und verhindern, nach weiteren Möglichkeiten zu suchen.

  • „Wann soll ich kommen: am Vormittag oder am Nachmittag?“
  • „Wollen Sie schneller arbeiten oder viel freie Zeit haben?“
  • „Wollen Sie lieber bezahlen oder sich mit einem Anwalt auseinandersetzen?“
  • „Wollt ihr Butter oder Kanonen?“

Alternativfragen können das Finden von Vereinbarungen unterstützen, wenn sie spontanes Antworten fördern.

  • „Passt es Ihnen besser am Mittwoch oder am Donnerstag?“
  • „Bei uns oder bei Ihnen?“
  • „Möchten Sie Tee oder Kaffee?“
  • „Wird die Fluktuation dann eher steigen oder sinken?“

Damit die Frage die Antwort trifft

Aus Höflichkeit werden Fragen manchmal so formuliert, dass der Gefragte nicht auf das Vordergründige, sondern auf das Gemeinte antworten soll. Im Scherz wird schon mal die Frageintention ignoriert. Zum Beispiel:

  • „Dürfte ich Sie um eine Antwort bitten?“ – Entgegnet werden kann mit „Ja, Sie dürfen.“ oder mit einer Antwort auf das Gemeinte.
  • „Wissen Sie, wo der Eingang zum Kino ist?“ – Entgegnet werden kann mit „Ja, das weiß ich.“ oder mit einer Wegbeschreibung.
  • „Können Sie mir Ihren Namen nennen?“ – Entgegnet werden kann mit „Ja, das kann ich.“ oder mit dem Nennen des Namens.
  • „Würden Sie mir den Zucker reichen?“ – Entgegnet werden kann mit „Ja, das würde ich, wenn Sie mich darum bäten.“ oder mit dem Geben des Zuckers.

Für die Gesprächspraxis ist nicht wichtig, welcher Technik eine Frage zuzuordnen ist. Wesentlich ist allein die Wirkung der Frage: Führt sie zu der beabsichtigten Reaktion?

Schenken Sie Ihrem Sohn zwei Sporthemden.

Wenn er zum ersten Mal eines der beiden anzieht, blicken Sie ihn traurig
an und sagen Sie: „Das andere gefällt dir nicht?“[4]

Peter Hilbert

Quellen
[1] Michael Flemming
[2] Unbekannte Quelle
[3] Siegmar Saul. Führen durch Kommunikation
[4] Dan Greenberg. How to be a Jewish Mother