Rhetorische Ersetzungsfiguren

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Ein Bild sagt mehr als tausend Worte

Rhetorische Ersetzungsfiguren – Synekdochen – sind Stilmittel, die beabsichtigte Wirkungen durch das Ersetzen eines Begriffs hervorrufen. Sie verkürzen oder deuten etwas an.

Übertragung

Übertragung 1Die Übertragung – auch Bild, Metapher oder Translatio genannt – verwendet einen bildlichen Ausdruck, der aus einem anderen Sachbereich stammt und ihr als Ver­gleich dient; vergleichbar mit der Inhaltsfigur Beispiel. Beispiele:

  • „Das Haus steht am Fuße des Berges.“
    (statt: „Das Haus steht am Übergang vom Tal zum Berg.“)
  • „Unter dem Deckmantel der Freiheit spionierte er.“
    (statt: „Er nutzte die Freiheit zum Spionieren.“)
  • „Auch eine delikate Seezunge hat nun mal Gräten.“
    (statt: „Bei den vielen Vorteilen gibt es auch ein paar Nachteile.“)

Die Variante Hauptwort-Übertragung – auch Substantiv-Metapher genannt – verwen­det statt eines Begriffs ein bildhaftes Nomen aus einem anderen Sachbereich, das ihr als Vergleich dient. Beispiele

  • „Voller Glut wartet er auf einen Blick von ihr.“
    (statt: „Voller Leidenschaft wartet er auf einen Blick von ihr.“)
  • „Der Wirtschaftsaufschwung kommt.“
    (statt: „Die Wirtschaft wird sich positiv entwickeln.“)
  • „Zur Oase ritten wir auf einem Wüstenschiff.“
    (statt: „Zur Oase ritten wir auf einem Kamel.“)

Die Variante Eigenschaftswort-Übertragung – auch Adjektiv-Metapher genannt – verwendet ein bildliches Adjektiv, das aus einem anderen Sachbereich stammt und ihr als Vergleich dient. Beispiele:

  • „In diesem Jahr erfolgt eine milde Preiserhöhung.“
    (statt: „In diesem Jahr erfolgt eine geringe Preiserhöhung.“)
  • „Das war ein saudummer Fehler.“
    (statt: „Das war ein vermeidbarer Fehler.“)
  • „Das war aber ein hinkender Vergleich.“
    (statt: „Das war ein unpassender Vergleich.“)

Die Variante Tätigkeitswort-Übertragung – auch Verb-Metapher genannt – verwendet ein bildliches Verb, das aus einem anderen Sachbereich stammt und ihr als Ver­gleich dient. Beispiele:

  • „Gewinne beflügeln die Wirtschaft.“
    (statt: „Gewinne unterstützen sehr die positive Entwicklung der Wirtschaft.“)
  • „Öl schlägt die Kohle aus dem Rennen.“
    (statt: „Öl wird wichtiger als Kohle.“)
  • „Das knappe Öl lähmt die Investitionen.“
    (statt: „Wegen der geringen Versorgung mit Öl wird weniger investiert.“)

Die Variante Vermischung – auch Synästhesie genannt – verbindet verschiedene Sinneseindrücke. Beispiele:

  • „Das nasse Gras klang wie ein Liebeslied.“
  • „Die Lehrerin hatte eine Brille mit dicken Gläsern. […] Sie waren so dick, dass die Augen ganz leise aussahen.“[1]
  • „Es genügt, wenn Sie die Sprache des Geschmacks verstehen.“

Eine weitere Variante der Übertragung ist das Zeichen – auch Symbol genannt. Das Zeichen verwendet ein Bild, das auf einen abstrakten Begriff verweist. Beispiele:

  • „Sie lassen weiße Tauben fliegen.“
    (statt: „Sie schließen Frieden.“)
  • „Sie schenken sich rote Herzen.“
    (statt: „Sie lieben sich.“)
  • „Sie haben sich wieder die Hand gegeben.“
    (statt: „Sie haben sich wieder vertragen.“

Umbenennung

Umbenennung 1Die Umbenennung – auch Namenstausch, Namensvertauschung, Metonym oder Metonymie genannt – ersetzt einen Begriff durch eine Bezeichnung, die mit ihm in realer oder gedanklicher Beziehung steht. Beispiele:

  • „Er hat Homer gelesen.“
    (statt: „Er hat Werke Homers gelesen.“)
  • „Das Leder flog am Tor vorbei.“
    (statt: „Der Ball flog am Tor vorbei.“)
  • „Das Weiße Haus legte ein Veto ein.“
    (statt: „Der Präsident der USA legte ein Veto ein.“)

Die Variante Person statt Sache – auch Antonomasie genannt – ersetzt eine Sache durch eine Person oder umgekehrt. Beispiele:

  • „Fidel Castro hatte Kuba isoliert.“
    (statt: „Die kubanische Politik hatte Kuba isoliert.“)
  • „Ein Herkules rettete die Familie.“
    (statt: „Ein starker Mensch rettete die Familie.“)
  • „Der Kritikerpapst schreibt eine Kolumne.“
    (statt: „Marcel Reich-Ranicki schreibt eine Kolumne.“)

Die Variante Rahmen für Inhalt ersetzt einen Inhalt durch sein Behältnis. Beispiele:

  • „Sie sparen eine Million Fass pro Jahr.“
    (statt: „Sie verbrauchen 159 Millionen Liter Öl weniger pro Jahr.“)
  • Er trank fünf Glas Wein.“
    (statt: „Er trank den Inhalt von fünf Gläsern Wein.“)
  • „Der Saal tobte.“
    (statt: „Die Menschen im Saal tobten.“)

Die Variante Bild für Sache – auch Imago pro re genannt – ersetzt eine Sache durch ein Bild, das für die Sache steht. Beispiele:

  • „Der Halbmond ist Teil der türkischen Kultur.“
    (statt: „Der Islam ist Teil der türkischen Kultur.“)
  • „Das Rote Kreuz war schnell vor Ort.“
    (statt: „Die Ersthelfer waren schnell vor Ort.“)
  • „Über Sinai ging der Davidstern auf.“
    (statt: „Israelische Soldaten besetzten die Halbinsel Sinai.“)

Die Variante Oberbegriff für Unterbegriff – auch Genus pro speciae genannt – ersetzt einen Unterbegriff durch einen Oberbegriff. Beispiele:

  • „Ich gehe zum Doktor.“
    (statt: „Ich gehe zum Arzt.“)
  • „Sie spielt mit dem Tier.“
    (statt: „Sie spielt mit dem Hund.“)
  • „Am Morgen stand die Maschine auf dem Hof.“
    (statt: „Am Morgen stand das Motorrad auf dem Hof.“

Die Variante Abstraktes für Konkretes ersetzt die Bezeichnung für etwas Konkrete durch einen abstrakten Begriff. Beispiele:

  • „Die Regierung hat den Gesetzentwurf geändert.“
    (statt: „Die Mitglieder der Regierung haben den Gesetzentwurf geändert.“)
  • „Die Schule erlaubt abends das Parken auf dem Hof.“
    (statt: Die Schulleiterin erlaubt abends das Parken auf dem Hof.“)
  • „Meine Gesundheit verbietet mir zu rauchen.“
    (statt: „Wegen meiner Gesundheit rauche ich nicht.“)

Die Variante Singular für Plural ersetzt einen Plural durch einen Singular. Beispiele:

  • „Da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich.“
    (statt: „Da staunen Laien und Fachleute wundern sich.“)
  • „Plötzlich standen fünf Mann vor mir.“
    (statt: „Plötzlich standen fünf Männer vor mir.“)
    „Die Hauptnahrungsmittel des Deutschen sind Bier, Wurst und Quark.“
  • (statt: „In Deutschland wird viel Bier, Wurst und Quark konsumiert.“)

Die Variante Plural für Singular ersetzt einen Singular durch einen Plural. Beispiele:

  • „Wir lieben die Stürme.“
    (statt: „Wir lieben Sturm.“)
  • „Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre.“[2]
    (statt: „Der Himmel rühmt des Ewigen Ehre.“)
  • „Die Hängenden Gärten der Semiramis waren ein Weltwunder.“
    (statt: „Die Gartenanlage von Babylon war ein Weltwunder.“

Teilbenennung

Teilbenennung 1Die Teilbenennung – auch Teil fürs Ganze oder Pars pro toto genannt – ersetzt einen Begriff durch einen zu ihm gehörenden Teilbegriff. Beispiele:

  • „Der Eintritt kostet 5 Euro pro Nase.“
    (statt: „Der Eintritt kostet 5 Euro pro Person.“)
  • „Er hält um ihre Hand an.“
    (statt: „Er macht ihr einen Heiratsantrag.“)
  • „Unter meinem Dach dulde ich keine Fremdenfeindlichkeit.“
    (statt: „In meinem Haus dulde ich keine Fremdenfeindlichkeit.“)

Die Variante Gesamtbenennung – auch Ganzes für einen Teil oder Totum pro parte genannt – verwendet einen Gesamtbegriff für einen zu ihm gehörenden Teilbegriff. Beispiele:

  • „Die Deutschen sind fleißig.“
    (statt: „Viele Deutsche sind fleißig.“)
  • „Der Wald ist krank.“
    (statt: „Viele Bäume sind krank.“)
  • „Die Welt muss mit der Bombe leben.“
    (statt: „Die Menschen auf der Erde müssen mit der Existenz von Atombomben leben.“)

Die Variante Bildvermischung – auch Katachrese genannt – verwendet eine Über­tragung oder eine Umbenennung als Ersatz für ein fehlendes Wort; vergleichbar mit der Inhaltsfigur Bildbruch. Beispiele:

  • „Flussarm“
  • „Tischbein“
  • „Augapfel“

Peter Hilbert

[1] Wolfgang Borchert
[2] Christian Fürchtegott Gellert

Quellen:

Heinz Lemmermann. Lehrbuch der Rhetorik
Karl-Heinz Göttert. Einführung in die Rhetorik
Bernhard Sowinski. Deutsche Stilistik
Gerhard Lange. Figuren und Tropen
Andreas Müller. Rhetorik
Hans Baumgarten. Compendium Rhetoricum
Hellmut Geißner. Rhetorik
Friedrich Maier. Cicero in Verrem
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http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_rhetorischer_Stilmittel
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