Nach Sprech-sil-ben und Be-stand-tei-len
Wer Wörter am Zeilenende trennt, will große Lücken am Zeilenende vermeiden, also den Gesamteindruck des Textes ästhetisch gestalten, oder er will das Lesen erleichtern, also den Blick beim Lesen ohne große Sprünge kontinuierlicher führen. Vielleicht will er auch nur Platz gewinnen, etwa damit der Text auf eine Seite passt. Andererseits können Worttrennungen das Lesen erschweren, etwa wenn viele aufeinander folgende Zeilen mit einem Trennungsstrich enden oder wenn in Wörtern kurze Vor- oder Nachsilben am Zeilenende getrennt werden.
Trennen oder nicht, das ist die Frage, die der Gestalter eines Textes entscheidet – es sei denn, er überlässt die Worttrennung der Automatik seines Schreibprogramms, die er allerdings auch beeinflussen kann: an Sinngrenzen, zwischen Sprechsilben oder nach Wort- und Silbenlängen.
Fällt die Entscheidung für die Worttrennung, bietet die deutsche Sprache zwei Hauptregeln:
- Mehrsilbige Wörter werden nach Sprechsilben getrennt.
- Zusammengesetzte Wörter werden nach ihren Bestandteilen getrennt.
Sprechsilben (phonologische Silben) sind die kleinsten Lautgruppen der gesprochenen Sprache. Beim sehr langsamen Vorlesen sind sie als rhythmische Einheiten zu hören. Jede Sprechsilbe enthält einen Vokal: einen Selbstlaut oder einen Doppellaut (Diphthong).
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Sprechsilben bestehen aus Lauten, die als Buchstaben geschrieben werden können. Manche Laute haben ihre Entsprechung in mehreren Buchstaben, zum Beispiel die Konsonanten (Mitlaute) „sch“, „ch“, „ng“, „ph“, „rh“, „ck“. Andere gesprochene Konsonanten werden in der Schriftsprache gedoppelt, um die Kürze des davor gesprochenen Vokals zu signalisieren, zum Beispiel in „Matte“, „Kuss“, „kennen“, „sammeln“, „fassen“.
Regeln
- Einsilbige Wörter werden nicht getrennt. Beispiele:
„gut“, „zehn“, „schön“, „Tisch“, „Hand“
- Am Wortanfang und am Wortende werden einzelne Vokalbuchstaben nicht abgetrennt. Beispiele:
„Ufer“, „Ofen“, „aber“, „Ekel“, „Atom“,
„neue“, „Trio“, freie“, „ste-reo“, „Ka-kao“
○ Auch in Wortzusammensetzungen werden einzelne Vokalbuchstaben der Bestandteile nicht abgetrennt. Beispiele:
„Fei-er-abend“, „Olym-pia-dorf“, „Ko-rea-krieg“, „Ka-chel-ofen“, „vorn-über“
Von 1998 bis 2006 wurden mehrsilbige Wörter auch getrennt, wenn ihre erste oder letzte Silbe nur aus einem Vokal bestand. Beispiele: „ |
○ Einzelne Vokalbuchstaben im Wortinneren dürfen abgetrennt werden. Beispiele:
„po-e-tisch“, „La-o-t-se“, „ge-ni-a-lisch“, „In-di-vi-du-a-list“, „Si-tu-a-ti-on“
○ Am Wortanfang dürfen mit „h“ oder Doppelbuchstaben geschriebene lange Vokale abgetrennt werden. Beispiele:
„ah-nen“, „Eh-re“, „oh-ne“, „Ih-nen“, „äh-neln“,
„Aa-chen“, „aa-len“, „Aa-rau“, „Aa-re“, „aa-sen“
- Die zwei Buchstaben für Doppellaute (Diphthonge) und die stummen Dehnungsbuchstaben „e“ und „i“ werden nicht getrennt. Beispiele:
„eu-er“, „sau-er“, „kau-en“, „teu-er“, „Heu-er“,
„Spiel“, „lieb“, „Sieb“, „Trieb“, „schrieb“,
„Coes-feld“, „Soest“, „Straelen“, „Trois-dorf“, „Voigt“
○ Das stumme „w“ in Namensendungen wird wie andere Konsonantenbuchstaben behandelt. Beispiele:
„Tel-to-wer“, „Pan-ko-wer“, „Ra-the-no-wer“, „Lü-cho-wer“, „Güs-t-ro-wer“
- Die beiden Buchstaben für Doppellaute dürfen abgetrennt werden. Beispiele:
„Au-to“, „Eu-le“, „Ei-mer“, „be-ei-den“, „Au-di-enz“
- Mehrsilbige Wörter werden nach Sprechsilben getrennt:
○ Liegt die Silbengrenze zwischen Selbstlauten, kommt der erste Vokalbuchstabe nach der Silbengrenze in die neue Zeile. Beispiele:
„so-eben“, „Mu-se-um“, „Ju-bi-lä-um“, „na-iv“, „ge-eig-net“
○ Werden lange Vokale vor einem weiteren Vokal durch ein Dehnungs-„h“ angezeigt, kommt das „h“ nach der Silbengrenze in die neue Zeile. Beispiele:
„se-hen“, „Ru-he“, „Schu-he“, „Ra-he“, „nä-her“
○ Einzelne Konsonantenbuchstaben an der Grenze zwischen Sprechsilben kommen in die neue Zeile. Beispiele:
„tre-ten“, „Bo-te“, „lau-fen“, „le-sen“, „Gna-de“
○ Stehen zwei Buchstaben für Konsonanten der Grenze der Sprechsilben, kommt der letzte Konsonantenbuchstabe in die neue Zeile. Beispiele:
„fer-tig“, „Lam-pe“, „ler-nen“, „Ras-pel“, „läs-tig“
○ Stehen Doppelbuchstaben für einen Konsonanten an der Silbengrenze, kommt ihr zweiter Buchstabe in die neue Zeile. Beispiele:
„Zim-mer“, „ren-nen“, „fal-len“, „Ret-tung“, „läs-sig“
○ Stehen die Buchstabenverbindungen für einen Konsonanten „ng“, „dt“ an der Silbengrenze, kommt der zweite Buchstabe in die neue Zeile. Beispiele:
„rin-gen“, „Lun-ge“, „Men-ge“, „En-ge“, „Zan-ge“,
„Ver-wand-te“, „städ-tisch“, „Ge-sand-te“, „ver-sand-te“, „be-red-te“
○ Stehen die Buchstabenverbindungen „pf“, „ps“, „ts“, „tz“, „ks“ für angeriebene Laute (Affrikate) an der Silbengrenze, kommt der zweite Buchstabe in die neue Zeile. Beispiele:
„klop-fen“, „Töp-fe“, „rup-fen“, „Op-fer“, „schöp-fen“,
„Lap-sus“, „El-lip-se“, „Apo-ka-lyp-se“, „Kap-sel“, „flap-sig“,
„lot-sen“, „Tsa-t-si-ki“, „Rät-sel“,
„Tat-ze“, „set-zen“, „put-zen“, „Sprit-zer“, „stüt-zen“,
„Kek-se“, „schlak-sig“, „Fak-si-mi-le“, „piksen“, „kok-sen“
○ Stehen drei oder mehr Buchstaben für Konsonanten an der Sprechsilbengrenze, kommt der letzte Konsonantenbuchstabe in die neue Zeile. Beispiele:
„schrump-fen“, „Fens-ter“, „Sänf-te“, „stamp-fen“ , „Liebs-te“
○ Die Buchstaben „x“ und „ß“ nach der Grenze zwischen Sprechsilben kommen in die neue Zeile. Beispiele:
„bo-xen“, „Ta-xi“, „fa-xen“, „Mi-xer“, „He-xe“,
„schlie-ßen“, „schwei-ßen“, „Fü-ße“, „spa-ßig“, „grü-ßen“
Steht „ss“ als Ersatz für „ß“ an der Silbengrenze – etwa bei der Schreibung in Großbuchstaben oder in schweizerischen Wörtern –, wird zwischen den beiden „s“ getrennt. Beispiele: „STRAS-SE“, „SCHIES-SEN“, „FLEIS-SIG“, „MÄS-SIG“, „GIES-SEN“ „Stras-se“, „schies-sen“, „fleis-sig“, „mäs-sig“, „gies-sen“ |
○ Die Buchstabenverbindungen „ch“, „sch“, „qu“ und „ck“ nach der Sprechsilbengrenze kommen ungetrennt in die neue Zeile. Beispiele:
„la-chen“, „Sa-che“, „su-chen“, „lä-cheln“, „Re-chen“,
„wi-schen“, „Tu-sche“, „Ta-sche“, „ra-scheln“, „La-sche“,
„be-quem“, „Re-qui-si-te“, „Se-quenz“, „li-qui-de“, „Fre-quenz“,
„ba-cken“, „Sä-cke“, „Brü-cke“, „pflü-cken“, „Ja-cke“
○ Wenn in Fremdwörtern die Buchstabenverbindungen „ph“, „rh“, „sh“ oder „th“ am Anfang einer Sprechsilbe für nur einen Konsonanten stehen, kommen sie ungetrennt in die neue Zeile. Beispiele:
„Pro-phet“, „phi-lo-so-phisch“, „Al-pha-bet“, „Sa-phir“, „pe-ri-pher“,
„Myr-rhe“, „Di-ar-rhö“, „ka-tar-rha-lisch“, „An-ti-rheu-ma-ti-kum“, „Sprech-rhyth-mus“,
„Ca-shew-nuss“, „Af-ter-shave“, „Haar-sham-poo“, „Te-le-shop-ping“, „Ber-mu-da-shorts“,
„Apo-the-ke“, „Ma-ra-thon“, „Me-tho-de“, „em-pa-thisch“, „ka-tho-lisch“
- In Fremdwörtern können Buchstabenverbindungen für Konsonanten ungetrennt bleiben, wenn sie in der Ausgangssprache nicht getrennt werden. Beispiele:
„Pu-bli-kum“ oder „Pub-li-kum“,
„Ra-clet-te“ oder „Rac-let-te“,
„Per-si-fla-ge“ oder „Per-sif-lage“,
„Re-gle-ment“ oder „Reg-le-ment“,
„Zy-klus“ oder „Zyk-lus“,
„Pam-phlet“ oder „Pamph-let“,
„Ka-plan“ oder „Kap-lan“,
„Fe-bru-ar“ oder „Feb-ru-ar“,
„La-crosse“ oder „Lac-rosse“,
„Hy-drant“ oder „Hyd-rant“,
„Sa-fran“ oder „Saf-ran“,
„Mi-grant“ oder „Mig-rant“,
„sa-kral“ oder „sak-ral“,
„Ne-phro-se“ oder „Neph-ro-se“,
„Su-pra-lei-ter“ oder „Sup-ra-lei-ter“,
„Ar-thri-tis“ oder „Arth-ri-tis“,
„Ma-tro-se“ oder „Mat-ro-se“,
„Li-vree“ oder „Liv-ree“,
„Ma-gnet“ oder „Mag-net“,
„py-knisch“ oder „pyk-nisch“,
„Dis-trikt“ oder „Di-strikt“
○ Der Wortbestandteil „Bio“ oder „bio“ bleibt in Zusammensetzungen ungetrennt. Beispiele:
nicht „Bi-o-lo-gie“, sondern „Bio-lo-gie“;
nicht „bi-o-lo-gisch“, sondern „bio-lo-gisch“
- Mehrteilige Wörter werden zwischen ihren Bestandteilen getrennt:
○ Wortzusammensetzungen (Komposita) werden in der Wortfuge getrennt. Beispiele:
„Fuß-ball“, „Gas-herd“, „Hand-schuh“, „Trink-glas“, „Flug-zeug“
○ Wörter mit Vorsilben (Präfixen) werden nach der Vorsilbe getrennt. Beispiele:
„Ver-ein“, „vor-erst“, „der-einst“, „ab-norm“, „Zu-spruch“
Vorsilben und Nachsilben (morphologische Silben) – Präfixe und Suffixe – sind grammatische Einheiten, die nicht selbstständig stehen, also immer an einen Wortstamm angehängt sind: entweder davor, als Präfix, oder danach, als Suffix.
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- Wird ein Wort nicht mehr als Zusammensetzung gesehen, ist sowohl die Trennung nach Bestandteilen wie auch nach Sprechsilben korrekt. Beispiele:
„hin-auf“ oder „hi-nauf“,
„her-ein“ oder „he-rein“,
„war-um“ oder „wa-rum“,
„ein-an-der“ oder „ei-nan-der“,
„vor-an“ oder „vo-ran“,
„dar-in“ oder „da-rin“,
„wor-über“ oder „wo-rü-ber“
„par-al-lel“ oder „pa-ral-lel“,
„Päd-a-go-gik“ oder „Pä-da-go-gik“,
„Syn-o-nym“ oder „Sy-no-nym“,
„In-ter-es-se“ oder „In-te-res-se“,
„Chir-urg“ oder „Chi-rurg“,
„He-li-ko-pter“ oder „He-li-kop-ter“ - Die Trennung nach Wortbestandteilen hat Vorrang vor der Trennung nach Sprechsilben. Beispiele:
„ge-stat-ten“, „ver-spre-chen“, „Bau-stil“, „Bei-spiel“, „Ge-tränk“
Häufig ergänzen sich die beiden Hauptregeln, dass mehrsilbige Wörter nach Sprechsilben beziehungsweise zusammengesetzte Wörter nach ihren Bestandteilen getrennt werden. Beispiele:
„Hei-ter-keit“, „Wan-der-vo-gel“, „Schreib-tisch-lam-pe“, „Tan-nen-baum“, „Tee-sieb“
Wenn Worttrennungen das Lesen irritieren oder den Sinn entstellen können, empfiehlt sich nicht zu trennen, auch wenn das Trennen nach den Regeln möglich ist. Beispiele:
besser nicht „Altbauer-haltung“, sondern „Altbau-erhaltung“;
besser nicht „Spargel-der“, sondern „Spar-gelder“;
besser nicht „bein-halten, sondern „be-inhalten“;
besser nicht „Stiefel-tern“, sondern „Stief-eltern“;
besser nicht „Anal-phabeten“, sondern „An-alphabeten“
Peter Hilbert
Quellen
Duden. Die deutsche Rechtschreibung
www.canoo.net