Lernen im Schlaf

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[1]Ein Nickerchen von eineinhalb Stunden hilft beim Lernen genauso wie der Schlaf einer ganzen Nacht. Bisher galt ein solches Schläfchen vor allem als günstig für Aufmerksamkeit, Leistungsfähigkeit und Stimmung.

Dass der Kurzschlaf auch Gelerntes festigen kann, berichten Psychologen von der Harvard-Universität in einer vom Fachmagazin Nature Neuroscience veröffentlichten Studie. Eine Fülle von Lernprozessen bedarf bei Tieren und Menschen eines ausgiebigen Schlafes, in dem das Gehirn gelernte Fähigkeiten festigt.

Je nach Anforderung müssen dazu verschiedene Schlafphasen erreicht werden. Die Versuchsteilnehmer in einer Studie sollten die Lage eines Musters vor einem verwirrenden Hintergrund erkennen lernen. Nach wenigen Minuten Training verbesserte sich zwar die Reaktionszeit, ein dauerhafter Lernerfolg war jedoch erst nach mehreren Nächten mit Schlaf erkennbar.

Probanden, die sich nach dem Training in einem kurzen Mittagsschlaf ausruhten, zeigten einen schnelleren Lernerfolg. Voraussetzung dafür war jedoch, dass sie während des Mittagsschlafs sowohl eine tiefe als auch eine leichte Schlafphase erreichten, die durch unterschiedliche Hirnwellen gekennzeichnet und so verschieden sind wie das Schlafen und das Wachsein.

Die Forscher betonen, dass der Lerneffekt nur für die eine spezifische Aufgabe getestet wurde. Eine Verallgemeinerung, mit der sich ein Nickerchen am Arbeitsplatz als Weiterbildung rechtfertigen ließe, erlaubten die Versuche vorerst nicht.

Quelle

[1] dpa

Tipps fürs Lernen

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Systematisch, methodisch, individuell

Für jeden, der etwas lernen will, lohnt sich, von Zeit zu Zeit die eigenen Lerngewohnheiten zu prüfen, um sie eventuell anzupassen an seine geänderten Verhaltensweisen, Absichten oder Umstände. Die individuelle Art zu lernen ändert sich nicht erst während der Dekaden des Lebensalters, sondern auch in kürzeren Phasen. Ebenso ändern sich die Lehrmethoden und Lehrmedien: alte verschwinden allmählich, neue kommen hinzu.

Lernen ist oft anstrengend und viele Menschen müssen sich überwinden zu lernen. Manchmal sind es bloß negative Erfahrungen, Gedanken oder Gefühle, die vom Lernen abhalten, oder Unlust oder die Abneigung gegen Überprüfungen. Aber auch unrealistische Ziele oder Ablenkungen können das Lernen verhindern oder die Prokrastination, das Aufschieben. Zu psychischen Lernhemmungen führen Angst und Verzweiflung, die wirken wie übergroßer Stress und Gefahr. Prüfungsangst oder Überforderung können zu Lernblockaden führen.

Andere Hemmnisse stellen sich erst beim Lernen ein, lassen sich jedoch durch geeignetes Lernmaterial und angemessenes Lernverhalten reduzieren oder gar vermeiden:

  • Zu viele Informationen in zu geringer Frequenz hemmen das Lernen, weil das Gedächtnis sie nicht verarbeiten
  • Wenn sich Informationen zu sehr ähneln, hemmen sie das Lernen. Das Gedächtnis kann die Informationen nur schwer getrennt speichern.
Beispiel für ähnliche Informationen in geringer Frequenz:

Jede Hausfrau und jeder Hausmann unterscheidet zwischen Reinigungsmitteln und Glanzmitteln, also zwischen Wischpflegemittel, die reinigen und pflegen, Seifenreinigern, die hauptsächlich reinigen, Selbstglanzemulsionen, die nur pflegen, und Emulsionsfußbodenreinigern, die pflegen und eine zusätzliche Reinigungskomponente haben.

Gegen die Anstrengung zu lernen wirkt die Lernmotivation mit ihren beiden Seiten: mit beruflichen und privaten Motiven. Berufliche Beweggründe, etwas zu lernen, können funktionsbezogene Erfordernisse, der Wunsch nach mehr Verantwortung und mehr Fachkenntnissen für anspruchsvollere Aufgaben sein oder ein Funktionswechsel mit oder ohne hierarchischen Aufstieg, vielleicht aber auch nur ein nächster Schritt zum Berufsziel oder ein Arbeitsplatzwechsel. Private Beweggründe zu lernen können allgemeines Bildungsinteresse oder die Freude am Lernen sein, manchmal auch Selbstbestätigung oder das Ansehen; bei anderen sind es vielleicht die Herausforderung des Themas oder der Wunsch, es zu vertiefen und zu erweitern; aber auch das familiäre Umfeld kann Antrieb sein zu lernen.

Für eine lerngünstige Motivation sorgen Erfolgserlebnisse. Mit positiven Emotionen verknüpfte Informationen werden besonders gut verarbeitet und verstanden und vielseitig im Gedächtnis verankert. Dafür sorgen auch kurzfristig erreichbare Ziele und Belohnungen nach Lernerfolgen.

Wer sich selbst zum Lernen motivieren will, hält sich seine stärksten Motive vor Augen, definiert seine wichtigsten Ziele, setzt klare Prioritäten und plant sein Lernen.

Ziele beschreiben, wohin der Lernende mit dem Aufwand, den er betreibt, hingelangen will. Ziele entfalten ihre Wirkung, wenn sie smart sind:

  • Schriftlich dokumentiert, damit der Lernende sie als wertvoll empfindet und sie repetieren kann
  • Messbar, damit der Lernende sie überprüfen und kontrollieren kann
  • Anforderungen an den Lernenden stellen – nicht zu hohe, nicht zu geringe – um die Selbstmotivation zu steigern
  • Realistisch sich auf das Wesentliche für den Lernenden konzentrieren
  • Terminiert, damit der Lernende einen Lernplan erstellen kann

Menschen lernen am nachhaltigsten mit SPASS[1], also indem sie:

  • Selbst ihr Lernen steuern
  • Probleme lösen beim Lernen
  • Aktiv sich am Lernen beteiligen
  • Sich über den Lernfortschritt freuen
  • Sozialen Austausch als Teil des Lernens begreifen

Prioritäten klassifizieren, wie wichtig die Lerninhalte für den Lernenden sind.
Sie werden in drei Stufen gesetzt:

  • A-Priorität für die wichtigsten, unverzichtbaren Lerninhalte
  • B-Priorität für zwar wichtige, aber kürzbare Lerninhalte
  • C-Priorität für Lerninhalte, die nur bei ausreichender Zeit bearbeiten werden sollen

Lernen verlangt Leistung. Lernende, die zu viel Lernleistung von sich verlangen, überfordern sich; ihr Lernerfolg sinkt ebenso wie ihre Lernfreude. Kritischer Vergleich des erreichten Lernfortschritts mit dem kalkulierten kann helfen, zu realistischer Einschätzung der eigenen Lernfähigkeit zu kommen und nicht von irgendwelchen Idealnormen auszugehen.

Selten ist der Arbeitsplatz, an dem sehr viele unterschiedliche Tätigkeiten ausgeführt werden, ein geeigneter Lernort. Ablenkungen und Unterbrechungen hindern dort zu oft die für das Lernen notwendige Konzentration. Vor allem kontinuierliches Lernen fällt leichter, wenn der Lernort in eindeutiger Beziehung zum Lernen steht. Falls der Arbeitsplatz der Lernort sein muss, fordert er durch sein Ambiente eher zum Lernen auf, wenn alle Gegenstände, die vom Lernen abhalten können, weggeräumt sind.

Lernen

Neugier, Faszination und positive Erwartung wecken die Lernbereitschaft für zunächst fremde Lerninhalte, die dann zu einer Bereicherung des Wissens werden.

Anstatt das Lernen von äußeren Bedingungen steuern zu lassen, übernimmt der Lernende besser selbst die Verantwortung dafür, wann und wie er lernt, und für die Konsequenzen seiner Lerngewohnheiten.

Je höher die Konzentration, desto effizienter wird das Lernen. Starke emotionale oder intellektuelle Belastungen vor und nach einer Lernphase beeinträchtigen die Konzentration. Steigern lässt sich die Konzentrationsfähigkeit, wenn in Zeiten des individuellen Leistungshochs gelernt wird und indem Störungen ausgeschaltet werden.

Wenn Wert und Bedeutung der Lerninhalte – jederzeit – einsichtig sind, steigen Aufmerksamkeit und Motivation zum Lernen und die Lerninhalte werden sinnvoller und anhaltender gespeichert.

Um Lerngewohnheiten zu verändern, bietet sich an, einen Vertrag mit sich selbst zu schließen, der Konsequenzen vorsieht, wenn die Lernziele erreicht werden und wenn sie nicht erreicht werden. Kontrollinstanz ist allein die lernende Person.

Alexander Arens hatte sich vorgenommen, ab 18 Uhr zu lernen und sich anschlie­ßend ab 20 Uhr einen Spielfilm zu gönnen, sich also für das Lernen zu belohnen. Er hatte aber keine rechte Lust zu lernen und hat daher nicht wie geplant die Zeit vor dem Film mit Lernen verbracht. Würde er jetzt das Fernsehgerät um 20 Uhr anstellen, würde er seine Disziplinlosigkeit, seine Unlust, sein Vermeidungsverhal­ten belohnen.

Um sich zu überwinden, mit dem Lernen zu beginnen, kann der feste Vorsatz helfen, zu einer selbst bestimmten Uhrzeit am Lernplatz zu sitzen und mit dem Lernen anzufangen und ohne Unterbrechung dabeizubleiben. – selbst wenn das Lernen nur für kurze Zeit möglich ist. Zur festgelegten Zeit am Lernplatz zu sitzen, ist dann selbstverständlich.

Größere und abstraktere Zusammenhänge bieten meist Anknüpfungen zu Alltagssituationen, also zu Vertrautem. Ihr Sinn kann sich auf vielen Ebenen im Gehirn verankern, woran dann Details anhängen können. Wenn Bedeutungen im Gesamtzusammenhang erfasst sind, lassen sich Detailinformationen leichter verstehen.

Wer seine Lernerfolge wertschätzt, bekräftigt seine Lernmotivation und seine Lernleistung. Nicht nur das mit beträchtlichen Mühen verbundene Lernen verdient Anerkennung, sondern auch die vielen vermeintlich kleinen Lernschritte sowie das konsequente Lernen. Je häufiger Lernfortschritte gewürdigt werden, umso mehr steigt die Zufriedenheit.

Wenn nach einer Phase des Lernens die Gedanken abschweifen oder die Lernsituation unangenehm wird, ist die Zeit reif für eine Unterbrechung. Wer jetzt nicht dem Impuls, vom Schreibtisch aufzustehen, nachgibt, sondern die aktuelle Lernaufgabe zuvor beendet, hat einen guten Grund, sich danach mit einer kurzen Pause zu belohnen. Anstatt das Abschweifen der Gedanken und Unkonzentriertheit durch Lernpausen zu bekräftigen und zu fördern, belohnt er sich für eine beendete Lernphase erst nachdem er eine – kleinere – Aufgabe abgeschlossen hat.

Untersuchungen der Leistungsfähigkeit haben gezeigt, dass es in der Regel schon nach rund 70 bis 80 Minuten ununterbrochener Tätigkeit zu deutlichen Ermüdungs­erscheinungen und zu Konzentrations- und Leistungsabfällen kommt. Diese Zahl variiert – je nach der Art der Tätigkeit, der individuellen Leistungsfähigkeit und der aktuellen Motivationslage. Generell ist nach einer Lernphase von 1 bis 1½ Stunden eine Pause von 5 bis 10 Minuten sinnvoll, um Ermüdungserscheinungen aufzu­fangen. Zudem kann allein schon die Aussicht auf eine kurze Lernunterbrechung die Lernleistung steigern.

Lerninhalte werden eingängiger, wenn sie mit der Situation des Lernenden vernetzt sind, indem sie verknüpft werden mit Erlebnissen – trotz eventuell zusätzlicher Informationen, die dafür nötig sind.

Lerninhalte, die Lernende über mehrere Wahrnehmungskanäle aufnehmen – visuell, akustisch, haptisch, kommunikativ –, prägen sich nachhaltiger ein und bewirken besseres Verständnis, weil sie mehr Möglichkeiten haben, sich mit vorhandenem Wissen zu verknüpfen. Zudem steigen Aufmerksamkeit und Lernmotivation.

Veranschaulichungen und bildhafte Beispiele erleichtern die Übergänge ins Kurzzeit- und Langzeit-Gedächtnis. Sie geben vielseitigere Möglichkeiten, Information später abzurufen. Lerninhalte lassen sich visualisieren als Tabellen, Skizzen, Zeichnungen, Modelle, Plakate, Mind-Maps, Stichworte, …

Gelerntes ist wirklich verstanden, wenn es mit eigenen Worten wiedergegeben werden kann – mündlich: still oder besser laut, schriftlich: als Exzerpt, zum Beispiel als Antworten auf selbst gestellte Fragen.

Lerninhalte bleiben meist erst durch Wiederholung dauerhaft im Gedächtnis. Die Erinnerung an das Gelernte verstärkt und erweitert die Verankerung. Lernende können über das Gelernte berichten, sich mit anderen darüber austauschen oder den Lernvorgang nochmals durchgehen.

Mit elektronischen Programmen

Elektronische Lernprogramme gibt es viele – in sehr unterschiedlicher Qualität. Um mit ihnen oder überhaupt mit elektronischen Medien zu lernen, lohnt sich zu prüfen, ob das Medium zum eigenen Lernen passt. Mit ein paar Fragen lässt sich beantworten, ob der eigene Lerntypus mit elektronischem Lernen kompatibel ist:

  • Arbeite ich gern mit elektronischen Medien?
  • Beherrsche ich die Technik von Smartphone, Tablet und Notebook?
  • Bleibe ich bei technischen Problemen geduldig?

Zu prüfen ist auch, ob ein elektronisches Lernprogramm geeignet ist, das Lernen zu unterstützen oder zu erleichtern:

  • Ist das Programm technisch leicht verständlich?
  • Bietet das Programm genügend Übungen?
  • Fordert das Programm mit Tests auf, die Lernfortschritte zu überprüfen?
  • Ermöglicht das Programm, Kontakt zu einem Tutor aufzunehmen?
  • Ist das Programm behilflich, sich mit anderen Lernenden austauschen?

Gute elektronische Lernprogramme lassen zu, Teile von ihnen auszuprobieren. So lässt sich testen, ob sie das Lernen vereinfachen, indem sie leicht zu bedienen sind und erlauben, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Geeignete elektronische Lernprogramme decken sich mit den Lernzielen und Lernprioritäten des Lernenden und sparen ihm Zeit. Im Vergleich mit anderen Lernmedien sind sie für das eigene Lernen effizienter.

Mit Büchern

Fachtexte werden nicht wie Romane gelesen: nicht vom ersten Satz bis zum Ende in gespannter Erwartung der Handlung und ohne den Anspruch, Einzelheiten des Gelesenen dauerhaft zu behalten. Fachtexte konzentriert zu lesen beabsichtigt, die relevanten Inhalte aufzunehmen und zu verstehen und auch nach längerer Zeit wiedergeben zu können.

Wer mit Fachtexten lernt, liest intensiv – unerheblich ob auf dem Bildschirm, in Dokumenten oder in Büchern. Zum Lesen braucht der Lernende Ruhe. Deshalb organisiert er sein Lesen:

  • Er wählt eine günstige Tageszeit, in der er besonders aufnahmefähig ist und in der möglichst kein Lärm und auch sonst keine Ablenkungen ihn stören.
  • Er bemisst seine Lesezeit – von Texten mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad – pro Buchseite mit etwa zwei bis drei Minuten.
  • Er kalkuliert sein Durchhaltevermögen mit seiner Erfahrung, wie lange er in einem Zug konzentriert lesen kann.
Orientierendes Lesen: etwa 250 Wörter pro Minute

Der Text wird überflogen und nach bestimmten Informationen durchsucht – mit der Absicht, den Nutzen des Texts zu prüfen oder ihm nur einzelne Informationen zu entnehmen.

Entspanntes Lesen: etwa 180 Wörter pro Minute

Der nicht zu schwierige Text mit zumindest teilweise vertrauter Thematik wird auch mit seinen Einzelheiten aufgenommen – mit der Absicht, den inhaltlichen Zusammenhang zu verstehen.

Sorgfältiges Lesen: etwa 100 Wörter pro Minute

Mit dem anspruchsvollen und differenzierten Text und der weitgehend neuen Thematik wird sich detailliert auseinandergesetzt – mit der Absicht, die Inhalte vollständig zu verstehen und dauerhaft zu behalten.

Intensives Lesen: etwa 20 Wörter pro Minute

Der abstrakte, theoretische oder wissenschaftliche Text mit komplexer Thematik wird sehr gründlich bearbeitet – mit der Absicht, die Inhalte zum Beispiel in einer Prüfung kritisch darzulegen.

Er verschafft sich zunächst einen Überblick, indem er sorgfältig relevante Fachbücher und Sachtexte auswählt. Obwohl das Überfliegen nur wenige Minuten beansprucht, trägt es wesentlich bei, Erwartungen an den Inhalt zu präzisieren. Weil er dabei die Informationen bewertet, aktiviert er seine schon vorhandenen Kenntnisse zur Thematik und setzt Akzente für den nachfolgenden Lernprozess. Er prüft[2]:

  • Ist der Verfasser bekannt für seine Kompetenz?
  • Bringt der Titel eine klare Aussage über den Inhalt?
  • Wann wurde der Text geschrieben?
  • Welche Kenntnisse setzt der Text voraus?
  • Nennt das Inhaltsverzeichnis bedeutsame Informationen für das Lernziel?
  • Beschreibt das Vorwort die Absicht des Buches?
  • Für welche Zielgruppe ist der Text gedacht?
  • Wirkt der Schreibstil bei einer Leseprobe verständlich?
  • Erleichtern Abbildungen das Verstehen?
  • Gibt ein Sachverzeichnis übersichtliche Informationen?
  • Werden Quellen angegeben?

Um sich auf den Text einzustimmen, liest er zunächst den Klappentext, das Inhaltsverzeichnis mit den Zwischentiteln sowie das Vor- und Nachwort. Er verfährt mit den Kapiteln wie mit dem gesamten Buch: Er verschafft sich auch bei jedem einzelnen Kapitel als erstes einen Überblick, um Angaben zum Inhalt zu erhalten:

  • Welche Informationen lassen die Kapitelüberschriften erwarten?
  • Welche Themen behandeln Zusammenfassungen und Schlussbetrachtungen?
  • Was wird in den Kapiteln hervorgehoben?

Er liest mit positiver Absicht, indem er sich fragt:

  • Warum ist der Text für mich wichtig?
  • Welche Abschnitte interessieren mich besonders?
  • Zu welchen Inhalten habe ich bereits Kenntnisse?
  • Wozu wird das Lesen mir nutzen?
  • Will ich den Text genau lesen oder will ich ihn analysieren oder interpretieren oder genügt ein Überfliegen des Textes?

Er wählt eine gesunde Lesehaltung:

  • Den Abstand von Augen zum Papier hält er bei 30 bis 40 Zentimetern.
  • Sein Blickwinkel zum Buch bleibt möglichst senkrecht.
  • Beim Lesen bewegt er den Kopf nicht, nur seine Augen folgen dem Text.

Um sein Gedächtnis zu entlasten und sich das Behalten zu erleichtern, liest er konzentriert, denkt mit und hebt ihm wichtig erscheinende Passagen hervor:

  • Mit Markerstiften übermalt er Stellen, die er leicht wiederfinden will.
  • Er unterstreicht Sätze, die er sich einprägen will – eventuell farbig.
  • Manche Wörter kreist er ein, damit sie ihm beim erneuten Lesen deutlich auffallen.
  • Neben einige Absätze setzt er Symbole:
    • ein Ausrufezeichen, wenn er sie später verwenden will
    • ein Fragezeichen, wenn ihm etwas unklar geblieben ist
    • selbst entwickelte Zeichen für seinen individuellen Bedarf.
  • Den Rand nutzt er für Notizen, die seine Gedanken und Anmerkungen festhalten.
  • Braucht er mehr Platz für seine Notizen, schreibt er sie auf einen Zettel und legt oder klebt ihn an die entsprechende Stelle.

Die Hervorhebungen brauchen keinen großen Aufwand und erleichtern ein erneutes Lesen, auch weil nicht markierte Passagen übersprungen werden können. – Sind allerdings zu viele Stellen markiert, ist das wirklich Wichtige nicht mehr erkennbar und das Rekapitulieren anhand der Markierungen braucht unangemessen viel Zeit.

Beispiele für Markierungen[3]
Orange

Grün

Blau

Gelb

Zentrale Bedeutung

Wichtiger Inhalt

Wichtige Personen

Problematisch

Beispiele für Abkürzungen[4]
D

B

S. 128

s. Arens

1 2 3

Definition

Beispiel

Verweis auf andere Textstelle

Verweis auf anderen Text

Verweis auf eigene nummerierte Notizen

Beispiele für Symbole[5]
!

?!

?

+

Wichtig für den Inhalt

Einverstanden

Zweifel zum Inhalt

Inhalt nicht verstanden

Vorteil

Nachteil

Schlussfolgerung

Er verfolgt konsequent das Ziel, sicher aus jedem Gelesenen etwas zu lernen:

  • Er rekapituliert jedes Kapitel, bevor er zum nächsten übergeht, denn bereits das einmalige eigenständige Wiedergeben von Inhalten sogar dem mehrfachen Durchlesen weit überlegen.
    • Wenn er Literatur oder Geschichte lernt, verwendet er 20 bis 30 Prozent seiner Lernzeit für das Rekapitulieren.
    • Wenn er Namen, Daten, Regeln oder Vokabeln auswendig lernt, verwendet er etwa 90 Prozent seiner Lernzeit für das Rekapitulieren.
    • Je geringer sein Vorwissen ist, desto häufiger rekapituliert er.
  • Sehr schwierige Texte liest er nach etwa einem Monat noch einmal.
  • Er fragt sich beim Lesen, wie er das Gelernte praktisch anwenden kann.
  • Er erzählt anderen von den Inhalten und erläutert seine Meinung dazu.

Durch sein konzentriertes Lesen lernt er bewusster und kritischer, die Inhalte prägen sich besser ein und das Gedächtnis wird nicht mit Unnötigem belastet. Informationen aus verschiedenen Quellen lassen sich bündeln und später schneller wiederfinden. Lernt er mit mehreren Büchern, Zeitschriften, Handouts und anderen Texten, skizziert er den Inhalt auf separaten Blättern oder Karteikarten oder elektronisch und exzerpiert Textabschnitte, die er zitieren will – mit Quellenangabe.

  • Er ordnet die Papiere nach Lernthemen oder Autoren, damit er den Überblick bewahrt.
  • Er ergänzt sie mit grafischen Strukturen und Schemata.
  • Mit seinen Notizen rekapituliert er die Inhalte.

Mit seinen Notizen überprüft er das Gelernte –nicht erst unmittelbar vor einer Prüfung, sondern gleich nach dem Erarbeiten der Inhalte. Er legt nach einem oder mehrerer Kapitel seine Notizen – seine Fragen und die Zusammenfassungen – beiseite und überfliegt noch einmal die Überschriften, ruft sich seine Fragen zum Text in Erinnerung und gibt dann die wesentlichen Inhalte wieder. Mit seinen schriftlichen Zusammenfassungen, die er zu den einzelnen Kapiteln angefertigt hat, kontrolliert er, ob er alles vollständig wiedergibt.

Beim Bestreben, die Lesegeschwindigkeit zu steigern sind einige Versuche ungeeignet, andere Erfolg versprechend. Wer beim Lesen Fehler vermeidet, kann seine Lesegeschwindigkeit steigern, ohne das Lernen zu beeinträchtigen.

  • Beim diagonalen Überfliegen einer Seite von oben links nach unten rechts gehen zu viele – auch entscheidende – Informationen verloren.
  • Ein Text wird auch in den Randbereichen des Blickfeldes wahrgenommen – wenn auch unscharf. Mit etwas Übung nimmt die Schärfe zu und – zusammen mit dem Kernbereich – können statt 3 bis 4 jetzt 20 bis 30 Zeichen aufgenommen werden.
  • Wenn die Fixationspunkte der Blickspannen beim Lesen weiter auseinander gesetzt werden und den Text zickzackförmig abtasten – etwa links am Anfang einer Zeile und dann rechts am Ende der nächsten Zeile –, lässt sich eine größere Lesefläche gewinnen. Je nach Schwierigkeit des Textes variiert das Tempo.
  • Zum Beispiel Zeitungen werden in relativ engen Spalten gesetzt, die sich senkrecht von oben nach unten mit je einem Fixpunkt pro Zeile lesen lassen.
  • Durch Konzentration auf die Oberlängen der Wörter in einem Text kann das Gehirn schneller das zu Lesende erfassen und die Lesegeschwindigkeit steigt.
  • Beim Lesen werden bewusst nur zentrale Informationen eines Textes aufgenommen.
Erstaunlich

Gmäeß eneir Sutide eneir elgnihcesn Uvinisterät ist es nchit witihcg, in wlecehr Rneflogheie die Bstachuebn in eineim Wrot snid, das Ezniige, was wcthiig ist, ist dsas der estre und der leztte Bstabchue an der ritihcegn Pstoiion sehten. Der Rset knan ttoaelr Bsinöldn sein, todzterm knan man ihn onhe Pemoblre lseen. Das legit daarn, dsas wir nihct jeedn Bstachuebn enzelin leesn, snderon das Wrot als Gnaezs.[6]

Bei Vorträgen

[7]Das Einordnen neuer Informationen – Voraussetzung für Verstehen und Behalten – verlangt Vorkenntnisse. Wer aus einem Vortrag etwas lernen will, verschafft sich daher vor dem Besuch des Vortrags einen orientierenden Überblick über das Thema. Durch das Vorinformieren entwickelt er eine mehr oder weniger konkrete Erwartung und erleichtert sich das Verankern der neuen Inhalte in sein bereits bestehendes Wissen. Eine Recherche im Internet oder ein einführendes Buch können zur Thematik hinführen.

Wie viel der lernende Zuhörer bei einem Vortrag mitschreibt, hängt ab von seinen Vorkenntnissen: Von neuen Informationen schreibt er mehr mit als von vertrauten Inhalten. In manchen Vorträgen folgt das Wesentliche komprimiert aufeinander; in anderen wird es aufgelockert durch Beispiele, Analogien, Metaphern oder Anekdoten. Wie beim Exzerpieren von Fachliteratur enthalten die Notizen:

  • Titel und Überschriften
  • Zentrale Themenbereiche
  • Überraschende Aussagen
  • Erläuterungen zu den Themen und Aussagen
  • Namen, Daten und Zahlen

Wenn der Lernende zu Beginn die Gliederung des Vortrags notiert, fällt ihm das Verstehen und Mitschreiben leichter. Versteht er vom Vortrag etwas nicht, fragt er.

Möglichst bald nach dem Vortrag überarbeitet der Lernende seine Notizen, denn er weiß: Die Behaltensleistung sinkt kurz nach der Aufnahme neuer Informationen am steilsten ab und Gehörtes wird noch schneller vergessen als Gelesenes. Er kontrolliert, ob seine Aufzeichnungen ihm auch jetzt noch verständlich sind strukturiert sie eventuell neu. Dabei arbeitet er die Inhalte noch einmal durch und beugt dem raschen Vergessen vor. Wenn nicht zu viel Zeit zwischen dem Hören und dem Durcharbeiten verstrichen ist, kann er auch noch aus der Erinnerung Ergänzungen hinzufügen und Korrekturen vornehmen:

  • Er unterstreicht oder markert die ihm wichtigsten Informationen.
  • Er formuliert eigene Überschriften.
  • Er notiert die Hauptaussagen mit eigenen Worten.
  • Er recherchiert unklare Begriffe und notiert ihre Definitionen.

Bei seinem Überarbeiten merkt der Lernende, wie er mitgeschrieben hat. Sind die Blätter unübersichtlich und eng beschrieben, kann er sie nachträglich nicht mehr strukturieren und muss seine gesamten Notizen neu schreiben. Deshalb lässt er beim Mitschreiben auf Papier an beiden Seiten ausreichend breite Ränder für spätere Ergänzungen und schreibt mit ausreichend großem Zeilenabstand.

Für Prüfungen

Oft ist das Ziel des Lernens eine Prüfung, in der der Lernende seine Lernergebnisse präsentiert – mündlich, schriftlich oder beides. Jede Prüfung hat ihren eigenen Charakter, ob Multiple-Choice-Test, Präsentation, Prüfungsgespräch oder eine andere Variante, auf die sich der Lernende vom Beginn seiner Lernperiode an einstellt.

Optimal ist, den oder die Prüfer frühzeitig kennenzulernen, damit die Prüfung auf den Prüfling individuell ausgerichtet werden kann. Falls dazu die Gelegenheit fehlt – etwa bei einem Lernprogramm – helfen alle Informationen zu den Prüfungsanforderungen bei möglichst vielen und unterschiedlichen Quellen.

Nachdem der Prüfling erfahren hat, welches Wissen in der Prüfung verlangt wird, vergleicht er die Prüfungsanforderungen mit seinem aktuellen Wissensstand und leitet daraus seinen Lernplan ab: Er transferiert die Lücken in Lernzeit – langfristig und kurzfristig.[8]

  • Ein schriftlicher Lernplan – als Jahres-, Monats-, Wochen- oder Tagesplan – unterstützt oder steigert sogar die Motivation zu lernen. Er gliedert vor allem komplexeren Lernstoff und die damit verbundenen Anforderungen in überschaubare Abschnitte, die erleichtern, engagiert und zielorientiert zu lernen und Lernfortschritte effizient zu kontrollieren. Er erlaubt, bei Zielabweichungen rechtzeitig korrigierende Maßnahmen zu ergreifen, und bewirkt meist disziplinierteres Lernen. Die Schriftlichkeit eines Lernplans macht überflüssig, einzelne Lernschritte immer wieder neu zu planen und zu organisieren.
  • Für umfangreicheren Lernstoff bietet sich an, einen umfassenden Plan für die komplette Lernzeit aufzustellen und ihn zu unterteilen mit Detailplänen für die Wochen oder Tage. Die Lernphasen dürfen nicht zu groß sein: Besser ist, sie in mehrere Lernabschnitte aufzuteilen, nicht zu viel auf einmal lernen zu wollen, sondern lieber öfter zu lernen.
    • Am Anfang des Lernplans stehen die Lernziele: Was will der Lernende in einem von ihm bestimmten Zeitraum erreichen? Die Definition der Lernziele richtet sich nach den Anforderungen, die der Lernstoff stellt.
  • Anhand seiner Planung kontrolliert der Lernende sich selbst, indem er am Ende jeder Planungsphase – am Abend beziehungsweise am Ende der Woche – prüft, ob er alle Aufgaben erfüllt, alle Zwischenziele erreicht und alles verstanden hat, auch um das Gelernte besser dauerhaft zu behalten. Am effektivsten ist, dabei nicht zu viel Zeit verstreichen zu lassen. Er kann zum Beispiel:
    • Lerninhalte in eigenen Worten wiedergeben
    • Fragen zu den Lerninhalten beantworten
    • Wichtige Fakten in eine Tabelle zusammenfassen
  • Unerledigte Lernschritte überträgt der Lernende in die nächste Planungsphase. Bei größeren Abweichungen passt er seinen Plan an.
  • Das Lernen wird entspannter, je früher die Planung beginnt und wenn eher mit etwas zu viel Zeit kalkuliert wird. Zeitreserven verringern die Aufregung, falls unvorhergesehene Hindernisse eintreten.
  • Um die eigene Lerngeschwindigkeit zu schätzen, können Testläufe, bei denen die Zeit gemessen wird – etwa beim Bearbeiten eines Programmabschnitts, eines Buchkapitels oder eines Artikels –, Hinweise geben. Die Ergebnisse erleichtern die Planung der benötigten Lernzeit.
  • Ermüdungserscheinungen lassen sich verringern, wenn die Planung bestimmt, Lerninhalte und Lernthemen sich abwechseln zu lassen – je unterschiedlicher, desto besser.
  • Der Lernplan sieht vor, am Ende sämtliche Lerninhalte – nicht bloß Ausschnitte – für die Anforderungen der Prüfung zu beherrschen. Wohl beraten ist, wer sich vergewissert, ob er die Aufgabe richtig verstanden hat.
  • Nicht das Erarbeiten neuer Lerninhalte oder das Aneignen von Wissen, aber das Vertiefen des Gelernten und das Bewältigen umfangreicher und sehr komplexer Aufgaben lassen sich in Gruppenarbeit meist effektiver bewältigen als allein. Der Lernplan koordiniert daher Termine mit drei bis fünf Personen für die Prüfungsvorbereitung.
  • Der Lernplan legt auch fest, wann sich der Lernende Fragen zu den Lerninhalten ausdenkt, sie aufschreibt und – allein oder mit anderen – beantwortet. Die Fragen zu den Lerninhalten geben dem Lernenden Sicherheit, weil sie die Prüfungssituation simulieren.
  • Am Ende des Lernplans steht die Wiederholung. Sie beginnt spätestens zwei Tage vor dem Prüfungstermin. Während der Wiederholung werden keine neuen Informationen aufgenommen.

Einfache Lernpläne dokumentieren die Zeit bis zur Prüfung und die zu lernenden Inhalte:

Für schriftliche Arbeiten

[9]Die Gliederung der Ziele in einzelne Arbeitsschritte und die genaue Planung des Ablaufs erleichtern das Erstellen einer schriftlichen Arbeit.

Wer eine schriftliche Arbeit verfassen will, recherchiert zunächst aktuelle Informationsquellen:

  • Er fragt Personen, die mit einer ähnlichen Thematik befasst sind, nach brauchbaren Veröffentlichungen.
  • Er nutzt das Internet sowie Wortverzeichnisse, Glossare, Register, Abstracts und Kurzbeschreibungen.
  • Er orientiert sich an der Literaturliste eines grundlegenden Werks.

Nachdem er seine Literatur gesammelt hat, legt er in einem schriftlichen Zeitplan fest, welche Arbeitsschritte er vorhat:

  • Für das Erarbeiten und Exzerpieren der Literatur
  • Für das Finden einer geeigneten Struktur des zu Erarbeitenden
  • Für das Anfertigen und Überarbeiten des Entwurfs
  • Für das Erstellen der endgültigen Fassung der schriftlichen Arbeit

Er verschafft sich zunächst einen Überblick über sein gesammeltes Material und entscheidet, wie relevant die verschiedenen Quellen für sein Thema sind, welche er ausführlicher und welche er knapper exzerpieren will. Danach liest und exzerpiert er mit den Methoden des Lesens von Fachtexten.

Nachdem er die Literatur kennt, entscheidet er, wie er sie darstellt: Für die Gliederung findet er mit seinen eigenen Fragen zum Inhalt und den Informationen, die er in der schriftlichen Arbeit geben will, einen geeigneten Aufbau – abhängig von der Aufgabenstellung und dem gesammelten Material. Er orientiert sich an ähnlichen Arbeiten und an der Gliederung von Texten in Fachveröffentlichungen.

Mit dem Schreiben des ersten Entwurfs beginnt er erst, nachdem er das gesamte Material gesichtet hat und weiß, was er zu den einzelnen Gliederungsabschnitten schreiben wird – sonst besteht die Gefahr, den Zusammenhang zu verlieren und eine falsche Reihenfolge zu wählen. Beim Schreiben achtet er jetzt noch nicht auf den sprachlichen Stil und auf prägnante Formulierungen, sondern schreibt seine Gedanken möglichst flüssig nieder.

Nach der Fertigstellung legt er den Entwurf ein oder zwei Tage beiseite und überarbeitet ihn anschließend. Mit der Pause entsteht Distanz zu den eigenen Formulierungen, Korrekturen fallen leichter, treffendere Formulierungen und bessere Beschreibungen finden sich. Beim Überarbeiten zeigt sich, an welchen Stellen inhaltliche Ergänzungen, Streichungen und Korrekturen notwendig sind und welche Passagen prägnanter formuliert werden können. Kontrollfragen erleichtern das Überarbeiten:

  • Betreffen sämtliche die Inhalte das Thema?
  • Ist die Gliederung der Aufgabenstellung angemessen?
  • Ist die logische Abfolge der einzelnen Abschnitte erkennbar?
  • Enthält die Arbeit alles Wesentliche?
  • Sind Nebensächlichkeiten zu weit ausgeführt?
  • Sind Einzelheiten überall vollständig dargestellt?
  • Ist jeder Satz verständlich?

Wenn der Autor seinen Text laut vorliest, fallen ihm Fehler und Unklarheiten eher auf. Wenn er dann den überarbeiteten Entwurf jemandem zur Durchsicht gibt, kann er von ihm erfahren, ob die Darstellung einleuchtend ist und an welchen Stellen weitere Veränderungen angebracht sind. – Schließlich überarbeitet er seinen Entwurf erneut und legt ihn dann für kurze Zeit beiseite.

Mit der Erstellung der endgültigen Version ist die schriftliche Arbeit beendet und kann nach dem Drucken abgegeben werden.

Das Systematische Vorgehen beim Lernen, ob als Vorbereiten auf eine Prüfung oder nicht, spart Zeit, lässt Raum für Entspannung, bewirkt zielgerichtetes Agieren und bringt maximale Ergebnisse. Wenn der Lernende sein Lernen selbst bestimmt, ist es am ehesten seinen Möglichkeiten angepasst.

Peter Hilbert

Quellen

[1] Rolf Arnold
[2] Francis Pleasant Robinson. Effective Study
[3][4][5] Gerrit Vollmer, Günter Hoberg. Top-Training. Lernen – behalten – anwenden
[6] Bastian Sick. Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod
[7] ,[8], [9] Ingrid Ingrid Michelitsch-Traeger, Heidemarie Seel

Angriff oder Flucht

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Wie sich Verhalten unter Stress radikalisiert

Stress ist Anspannung, die positiv oder negativ wirken kann. Positiv wirkt Anspannung, wenn sie zu angenehmer und produktiver Aktivität führt, negativ wirkt sie, wenn sie angenehme Aktivitäten und die Leistung beeinträchtigt.

Stress ist die Verbindung von Anspannungsfaktoren – Stressoren – mit
psychisch-physischen Auswirkungen.

Welche und wie viele Anspannungsfaktoren Stress auslösen, ist abhängig von der individuellen Disposition einer Person, ihrem Verhaltensprofil und ihrer aktuellen Situation.

Wenige Stressoren mit geringer Wirkungsstärke empfinden die meisten Menschen als komfortabel, sie fühlen sich mit ihnen in ihrer Komfortzone. Umgangssprachlich bezeichnen sie die Situation gemeinhin als „stressfrei“.

Mehr oder stärkere Stressoren führen Menschen zunächst in ihre Kompromisszone. Leistungs­anforderungen sind mit ihnen noch erfüllbar, wenn auch die Situation nicht mehr als gemütlich empfunden wird. Umgangssprachlich ist dann die Rede von „kaum“, „ein bisschen“  oder nur von „Stress“.

Werden die Stressoren zu zahlreich oder zu mächtig, rutschen Menschen in ihre Panikzone: Ihre Leistungen nehmen rapide ab, ihre Fehlerquote steigt, sie werden misslaunig und ungerecht. Manche werden aggressiv, andere ziehen sich zurück. Spätestens jetzt bezeichnen sie ihre Situation als „ultrastressig“, „katastrophal“ oder ähnlich. Dauert die überstarke Belastung länger an, werden sie womöglich krank – paralysiert, leistungs- und handlungsunfähig.

Eu-Stress und Dis-Stress

Ist die Anzahl der Stressoren oder ihre Intensität nur gering, ermöglichen oder steigern sie die Leistungsfähigkeit. Die Anspannung wird als Eu-Stress erlebt – in der Komfortzone und der Kompromisszone. Mit zunehmender Stärke oder Häufigkeit der Stressoren steigt die Leistungsfähigkeit – und bleibt zunächst in der Kompromisszone. Bei Erreichen einer kritischen Stärke, beim Übergang in die Panikzone, fällt die Leistungsfähigkeit abrupt ab und kann sich bis zur Unfähigkeit, produktiv zu handeln, entwickeln. Ein zu niedriges Stressniveau verhindert hohe Leistungsfähigkeit, ein zu hohes Stressniveau hat das gleiche Resultat.

Eu-Stress – euphorisierender Stress – ist der innere Antrieb eines Menschen, etwas zu tun, das für ihn lohnend, nützlich oder sinnvoll ist. Bei wachsender innerer Anspannung steigen Leistungsfähigkeit und Produktivität.

Wenn Menschen geringen Stressoren ausgesetzt sind oder sie selbst erzeugen, sind sie im Eu-Stress mit sich im Einklang. Zu hohe Anspannung mündet im Dis-Stress.Der Übergang vom Eu-Stress zum Dis-Stress findet sich bei jeder Person woanders und verschiebt sich mit den aktuellen situativen Umständen.

Dis-Stress – zerstörerischer Stress – bezeichnet die Belastung, in der die innere Anspannung eines Menschen seine Leistungsfähigkeit und Produktivität einschränkt, bis die Stressreaktionen für ihn unerträglich werden.

Verhalten unter Dis-Stress

Bei Dis-Stress werden die Verhaltensprofile noch deutlicher sichtbar als unter geringer Anspannung. Wird der Dis-Stress erreicht, handeln Menschen nahezu ausschließlich emotional und tendieren zu zwei Verhaltensweisen: Angriff oder Flucht.

Stärker bestimmende Menschen zeigen bei Dis-Stress eher Angriffsverhalten.

Expressive werden unter Dis-Stress zu tobenden Angreifern. Sie regulieren ihre übergroße Anspannung, indem sie versuchen, andere durch Emotionen unter ihre Kontrolle zu bringen – manchmal auch laut und unkontrolliert, zum Beispiel so:

  • „Wenn ich Ihre Arbeit nicht bis morgen habe, werden Sie hier keine ruhige Minute mehr haben.“

Macher werden unter Dis-Stress zu energischen Autokraten. Sie bringen ihre übergroße Anspannung unter Kontrolle, indem sie andere mit Fakten, Logik und Verstand bedrängen, zum Beispiel so:

  • „Bis morgen Nachmittag ist diese Arbeit fehlerfrei bei mir auf dem Schreibtisch.“
Weniger bestimmende Menschen zeigen bei Dis-Stress eher Fluchtverhalten.

Verbindliche geben unter Dis-Stress zu nach. Sie regulieren ihre übergroße Anspannung, indem sie einlenken, zum Beispiel so:

  • „Um des lieben Friedens willen erledige ich das auch noch.“

Analytiker weichen unter Dis-Stress aus. Sie steuern ihre übergroße Anspannung, indem sie ihre Kontakte mit anderen begrenzen. Sie äußern sich dann zum Beispiel so:

  • „Ich werde alles versuchen, um diesen Termin einzuhalten.“

Empathische Hinwendung

[1]Das Verhalten von Expressiven und Machern signalisiert überdeutlich, wann sie unter Dis-Stress stehen. Darauf angemessen zu reagieren verlangt situative Resilienz und ausgeprägte empathische Hinwendung.

Falsch wäre, ihnen in der gleichen aggressiven Weise zu begegnen. Besser ist stattdessen, ihnen aufmerksam und aufgeschlossen mit ermunternden Kommentaren zuzuhören, damit sie sich abreagieren können. Eine zugewandte Körperhaltung und fester Blickkontakt mit verstehendem Nicken können unterstützend wirken.

Hilfreich ist, Anteil an ihrer Erregung zu nehmen, Mitgefühl zu signalisieren und ihre persönlichen Gründe für ihre Gereiztheit zu akzeptieren. Die Anteilnahme billigt nicht ihr Verhalten, sondern zeigt ausschließlich das Interesse an ihrer Situation.

Die Situation entschärfen kann manchmal, die Gründe für ihre Anspannung herauszufinden und zu verstehen, vielleicht sogar zu helfen, durch Fragen zu ihrer Situation selbst mehr Klarheit zu gewinnen.

Wenn ihnen bewusst geworden ist, was zu ihrer Erregung geführt hat, kann mit ihnen, sofern sie dazu bereit sind, nach Lösungen dafür gesucht werden. Eigene Gedanken, Ideen und Vorschläge zu den Ursachen lassen sich mit ihnen diskutieren. Manchmal zeigen sie sich dankbar, wenn sie Unterstützung angeboten bekommen.

[2]Bei Verbindlichen und Analytikern ist oft kaum wahrnehmbar, wann sie unter Dis-Stress stehen, ihr Verhalten verändert nur unwesentlich. Verbindliche werden innerlich unruhig und geben nach, ohne überzeugt zu sein. Analytiker ziehen sich zurück und sagen immer weniger. Empathische Hinwendung kann zur Entspannung beitragen.

Entlastend können Fragen wirken: was verkehrt gelaufen ist, wer zu ihrer Verstimmung beigetragen hat und wodurch. Sie brauchen das Gefühl, Sorgen oder Kritik äußern zu können. Eine Aufforderung zum Sprechen kann ihnen dafür den Impuls geben.

Da weder Verbindliche noch Analytiker besonders risikofreudig sind, benötigen sie wohlmeinende Versicherungen, bevor sie sich zu ihrer Situation äußern.

Weil für Verbindliche wichtig ist, dass ihre Beziehungen zu anderen Menschen nicht gefährdet werden, wenn sie ihre Meinung sagen, und sie nicht möchten, dass jemand ihnen böse ist oder ihnen Nachteile entstehen, wenn sie sich offen und ehrlich äußern, brauchen sie starke Signale diskreten und redlichen Interesses an ihnen, ihrer Meinung, ihrer Anspannung, um ihre Befürchtungen zu überwinden.

Analytiker äußern sich zu ihrer Anspannung, wenn sie den Eindruck haben, sie werden angemessen respektiert und gewürdigt. Sie brauchen die Versicherung, jemand setzt sich ernsthaft mit ihrer Meinung und ihrer Situation auseinander.

Dis-Stress radikalisiert die Verhaltensprofile, verstärkt die Verhaltenstendenzen. Wer seine Neigungen, wie er sich unter zu viel Stress verhält, kennt, kann sich bewusst gegen die Radikalisierung wehren – durch das Reduzieren der Anspannungsfaktoren oder durch rationales Einwirken auf seine emotionalen Impulse. Wer bei anderen Auswirkungen von Dis-Stress erlebt, kann versuchen, allzu stark radikalisiertes Verhalten zu mindern – empathisch und dem Verhaltensprofil entsprechend.

Peter Hilbert

Quelle

[1][2] Wilson Learning

Mit Empathie andere für sich gewinnen

Standard

Die Platinregel anwenden

Andere auf seiner Seite zu haben, ist angenehm und sinnvoll, erleichtert die Zusammenarbeit immens: Synergien lassen sich erreichen, die Produktivität lässt sich steigern und nicht zuletzt wird die psychische und physische Gesundheit aller Beteiligter erhalten. Organisationen können dauerhaft nur effizient funktionieren, wenn die Funktionsträger sich wechselseitig konstruktiv unterstützen.

Da Menschen jedoch unterschiedlich sind, verschiedene Werte haben, ungleiche Prioritäten setzen, andersartige Erfahrungen und Gewohnheiten haben, divergente Wünsche und Ziele verfolgen und sich durchaus disparat verhalten, verlangt das Miteinander – beruflich wie privat – eine gewisse Anstrengung, geleitet von zumindest einem Minimum an Moral, die oft als Goldene Regel auf dem kategorischen Imperativ[1] von Immanuel Kant fußt: Behandle andere so, wie du behandelt werden möchtest.

Das Modell der Verhaltensprofile, das zeigt, wie andere Menschen gewonnen werden können, steigert das Kantsche Prinzip zur Platin-Regel und propagiert:

Behandele andere so, wie sie behandelt werden möchten.

Wer die Verhaltensprofile[2] kennt und weiß, zu welchem Verhalten Verbindliche, Expressive, Macher und Analytiker tendieren, kann sich bewusst auf andere einstellen, um die Interaktion mit ihnen gewinnend zu gestalten – sofern er das will. Je genauer er den primären und den sekundären Verhaltensstil anderer identifiziert, umso erfolgreicher kann er sich auf andere einstellen.

Für Verbindliche ist das empathische Sich-Einstellen, die Hinwendung zu anderen meist ein selbstverständlicher Akt innerhalb ihrer Komfortzone. Expressive stellen sich gerne auf ihre Interaktionspartner ein, damit sie deren Aufmerksamkeit bekommen. Macher sind zwar nur schwer in der Lage, sich auf andere empathisch einzustellen, doch für das Erreichen ihrer Ziele können sie sich durchaus in ihre Kompromisszone begeben. Analytikern ist die Hinwendung zu anderen eher fremd und gehört oft genug zu ihrer Panikzone.

Hinwendung

Sich auf andere Menschen, auf ihr Denken, Fühlen und Handeln einzulassen, kostet Überwindung und Mühe. Die eigene Art zu leben scheint den meisten doch die bessere, praktischere, zweckmäßigere zu sein. Menschen neigen dazu, die Art und Weise, wie sie selbst ihre Arbeit erledigen, für die beste zu halten. Schwer zu akzeptieren oder gar zu internalisieren ist deshalb, wenn ein anderer etwas anders macht.

Es scheint, wenn die eigenen Handlungen richtig sind, müssten andere Handlungen doch falsch sein, womöglich sogar negativ zu beurteilen sein. Anders denkende, anders empfindende und anders handelnde Menschen wären als Rivalen des eigenen Verhaltens zu betrachten. Sie wären womöglich zu missionieren oder zu bekämpfen.

Mit dem Wissen um die Verhaltensprofile, die individuelle menschliche Stärken und Grenzen benennen und von unterschiedlichen Motiven, Erfahrungen und Gewohnheiten ableiten, lässt sich das eigene Verhalten und das Verhalten anderer besser verstehen und akzeptieren – sofern auch die Fähigkeit und die Bereitschaft vorhanden sind, sich zu anderen Menschen empathisch hinzuwenden.

Hinwendung ist das wahrnehmbare Ausmaß, in dem jemand auf die Erwartungen und Bedürfnisse anderer eingeht, damit sie sich wohler fühlen.[3]

Sich anderen Menschen hinzuwenden heißt nicht, den eigenen Standpunkt aufzugeben, sondern heißt vielmehr, die eigene Sichtweise zu ergänzen. Zum Hinwenden gehört, die eigene Komfortzone zu erweitern oder sie zeitweise zu verlassen.

[4]Hinwendung braucht drei wichtigen Voraussetzungen:

  • Die erlernte Fähigkeit, das Verhaltensprofil anderer Personen zu identifizieren und Rückschlüsse zu ziehen auf die damit verbundenen Motive, Bedürfnisse und Erwartungen
  • Die momentane Situation – mit den Personen sowie Ort und Zeitpunkt – als geeignet einzuschätzen, das eigene Verhalten zu modifizieren
  • Den festen Entschluss, sich hinwenden zu wollen

Mit Hinwendung gelingt, andere für sich zu gewinnen und zu Ergebnissen zu kommen, die den eigenen Interessen und den Interessen anderer nutzen. Das Sich-Einstellen auf die Bedürfnisse anderer gelingt mal besser, mal weniger gut.

Menschen mit dem Verhaltensprofil der Verbindlichen begegnen anderen etwas zurückhaltend, zögerlich und vorsichtig. Sie lassen durch ihre Warmherzigkeit und Gutgläubigkeit ein entspanntes Klima entstehen, erkennbar als Teamorientierung, manchmal auch als Nachgiebigkeit. Ihre Offenheit, Toleranz, Geduld und Integrität erleichtern anderen die Hinwendung. Gleichwohl erschweren ihre oft mangelnde Klarheit, ihre geringe Strukturiertheit und ihr mitweilen wenig überlegtes Verhalten sowie ihre Ablehnung von Anstrengung und ihre Tendenz, schnell überfordert zu sein, anderen die empathische Hinwendung.

Menschen mit dem Verhaltensprofil der Expressiven erleichtern durch ihre außerordentliche Kontaktfreude anderen die Hinwendung. Zudem wenden sie sich selbst anderen mit mitreißender Begeisterung zu und erzeugen mit Ideenreichtum, gestenreichem Ausdruck und eloquenter Originalität selbst empathische Klarheit, die auch bei emotionalen Irritationen anhält, weil sie nicht nachtragend sind. Andererseits stehen ihre etwas chaotische Sprunghaftigkeit und ihre Stimmungsschwankungen der Empathie anderer ebenso oft genug entgegen wie ihre Neigung zu Lautheit, zu Rechthaberei und zu Übertreibungen und manchmal auch ihre cholerische Aggressivität.

Menschen mit dem Verhaltensprofil der Macher erleichtern anderen den Umgang mit ihnen einerseits durch ihre Prägnanz, durch ihre aufgabenbezogene klare Zielstrebigkeit, durch ihre Schnelligkeit beim Entscheiden und nicht zuletzt durch ihre Bereitschaft, Risiken einzugehen und Verantwortung zu übernehmen. Andererseits erschweren ihre Dominanz, ihre geringe Empathie und ihre geringe Bereitschaft, sich in ein Team zu integrieren, die Hinwendung anderer, zumal sie sich meist ungeduldig und eigensinnig zeigen und ihre Hartnäckigkeit manchmal bis zu autokratischer Rücksichtslosigkeit steigern.

Sich Menschen mit dem Verhaltensstil der Analytiker hinzuwenden, fällt einerseits leicht, weil ihre ernste und ruhige Sachlichkeit, ihre sachbezogene Disziplin sowie ihr strukturiertes Vorgehen bestechen und ihre Zuverlässigkeit und Genauigkeit Respekt zeigen und abverlangen. Andererseits schrecken ihre geringe Begeisterungsfähigkeit, ihre kühle Verschlossenheit wie auch ihr Misstrauen und ihre Skepsis oft ab, die sie als eher ausweichend erscheinen lassen, vor allem wenn sie einhergehen mit und penetranter Kontrolle, die aus ihrem Drang zu Perfektionismus resultieren.

Verbindliche für sich gewinnen

[5]Die Hinwendung zu Verbindlichen lässt sich mit Verhaltensweisen erleichtern, die zum verbindlichen Profil passen, ohne sich zu verstellen.

Menschen mit verbindlichem Verhaltensprofil möchten anderen vertrauen. Sie streben nach Akzeptanz und Zustimmung. Sie suchen Sicherheit und Zugehörigkeit zu einer Gruppe. Um sich wohlzufühlen, brauchen sie eine freundliche Atmosphäre. Ihr stärkstes Bedürfnis ist die Harmonie.

Wer eine verbindliche Person für sich gewinnen will, nimmt mit einer freundlichen, persönlichen Bemerkung Kontakt mit ihr auf, lächelt und bewegt sich zwanglos und locker. Er lässt sich Zeit, hört aktiv zu. und bleibt so lange bei allgemeinen, persönlichen Themen, bis sich die verbindliche Person offensichtlich wohlfühlt. Er handelt langsam und vorhersehbar und betont die gute Atmosphäre, das Gemeinsame, das Miteinander. Er bringt sein Anliegen in kurzen Sätzen ruhig vor, fragt nach ihrer Sichtweise und Meinung und zeigt, dass er Vertrauen zu ihr hat. Er geht auf ihre Gefühle und Bedürfnisse ein, zeigt sein aufrichtiges Interesse und besonders bei Meinungsverschiedenheiten seine Empathie. Er spricht persönliche Sicherheiten für sie an und versichert, Risiken zu minimieren. Er vermittelt seine Absicht, dass alle Beteiligten zufrieden sein sollen.

Keinesfalls stürzt er sich sofort ins Thema und er vermeidet alles, was drohend wirken könnte. Er redet weder zu forsch, zu laut, zu schnell oder zu dominierend noch agiert er abrupt oder hastig. Er spricht nicht nur über Sachliches, streitet nicht über Zahlen und Fakten und vermeidet vage Aussagen. Er drängt nicht, manipuliert nicht, übt keinen Druck aus. Er vermeidet Spannungen, gibt ihr keine Schuld und zeigt sich nie verärgert über die verbindliche Person – allenfalls über ihr Verhalten. Er verhält sich nicht gönnerhaft und zwingt sie nicht zu einer Entscheidung.

Themen, über die Verbindliche gerne sprechen:

  • Vergnügliches
  • Risikovermeidung
  • Empfehlungen
  • Vertrauen
  • Garantien
Äußerungen für Gespräche mit Verbindlichen

  • „Wie war Ihr Wochenende?“
  • „Wie fühlen Sie sich?“
  • „Was ist Ihnen wichtig?“
  • „Sind Sie damit einverstanden?“
  • „Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie gekommen sind.“
  • „Ich weiß, ich kann mich auf Sie verlassen.“
  • „Sie waren freundlicherweise bereit, das zu erledigen.“
  • „Ich bin darüber auch nicht ganz glücklich.“
  • „Lassen Sie uns das Beste daraus machen.“
  • „Wenn Sie Fragen habe, können Sie gerne zu mir kommen.“
  • „Ich bin überzeugt, dass Sie die Sache gut machen.“
  • „Mir ist wichtig, dass alle zufrieden sind.“

Expressive für sich gewinnen

[6]Die Hinwendung zu Expressiven lässt sich mit Verhaltensweisen erleichtern, die zum expressiven Profil passen, ohne sich zu verstellen.

Menschen mit expressivem Verhaltensprofil möchten Abwechslung und Spaß. Sie wollen von ihrem Publikum wahrgenommen und bewundert werden. Um sich wohlzufühlen, brauchen sie ein zumindest leicht chaotisches Umfeld. Ihr stärkstes Bedürfnis ist der Applaus.

Wer eine expressive Person für sich gewinnen will, geht gut gelaunt, lebhaft und spontan auf sie zu, lässt sich von ihr begeistern und folgt mit Interesse ihren Abschweifungen, ihrer Intuition und ihren Visionen. Er geht auf ihre Späße ein und nimmt ihre Herausforderungen schlagfertig an. Er fragt nach ihrer Meinung, ihren Gefühlen und ihren Träumen und ruhig auch nach privaten Aktivitäten. Er spricht ausdrucksstark, argumentiert mit ihrem Image und unterstreicht ihre Vorteile und ihren Nutzen. Er unterstützt ihre Ideen und verhilft ihr zu sichtbarem Erfolg und Applaus und sorgt dafür, dass sie die Erste, Größte, Beste ist. Er spricht über große, zukunftsweisende Zusammenhänge und motiviert sie zu schnellen Entschlüssen.

Keinesfalls verhält er sich der expressiven Person gegenüber steif, übersachlich oder unpersönlich und langweilt sie nicht mit Details, Fakten und Bedenken. Er lässt sie nie unbeachtet, isoliert sie nicht, übergeht ihre Späße nicht und nimmt ihr nie das Publikum weg. Er kritisiert sie nicht wegen Kleinigkeiten und erinnert sie möglichst nicht an Vereinbarungen. Er nimmt nicht alles wörtlich und gibt ihr nie das Gefühl, er könne größer, stärker, besser sein als sie. Er argumentiert nicht dogmatisch oder mit Prinzipien oder langweilig systematisch, hält sie nicht hin und gibt ihr nicht zu viel Zeit für Entscheidungen.

Themen, über die Expressive gerne sprechen:

  • Neuigkeiten
  • Lustiges
  • Aufregendes
  • Status
  • Superlative
Äußerungen für Gespräche mit Expressiven:

  • „Wie geht es Ihnen?“
  • „Was geht Ihnen dabei durch den Kopf?“
  • „Was sagt Ihr Gefühl?“
  • „Was wünschen Sie sich am meisten?“
  • „Das ist faszinierend.“
  • „Das ist eine Spitzenidee.“
  • „Das klingt ausgesprochen vielversprechend.“
  • „Das haben Sie hervorragend ausgedrückt.“
  • „Sie haben alle begeistert.“
  • „Sie sind der Beste auf dem Gebiet.“
  • „Sie haben das alleine geschafft.“
  • „Das machen wir am besten sofort.“

Macher für sich gewinnen

[7]Die Hinwendung zu Machern lässt sich mit Verhaltensweisen erleichtern, die zum Macher-Profil passen, ohne sich zu verstellen.

Menschen mit Macher-Verhaltensprofil streben nach Unabhängigkeit. Sie brauchen Freiraum – auch für ihre Entscheidungen. Sie wollen Klarheit und Schnelligkeit und verlangen von sich und anderen ökonomisches Verhalten. Sie suchen stets das Wesentliche. Ihr stärkstes Bedürfnis ist Macht.

Wer eine Person mit Macher-Profil für sich gewinnen will, nimmt nur gut vorbereitet Kontakt mit ihr auf und kündigt an, dass er sich kurz fassen wird. Er kommt sofort zum Thema, hält sich an das Geschäftliche und präsentiert systematisch seine Ziele und Vorstellungen: kurz, klar und direkt. Er spricht sachlich, eher etwas distanziert und bezieht eindeutig Stellung. Er zeigt sich aktiv und nennt Fakten und Zahlen zu Entwicklungen, die die Ziele seines Gegenübers unterstützen. Er begründet mit knappen Analysen. Er vermittelt seine Initiative und Stärke, seine Kompetenz und Effizienz und hält kritischen Fragen und Blicken stand. Er stellt präzise Fragen nach Fakten, Ergebnissen und Entscheidungen und argumentiert bei Meinungsverschiedenheiten leidenschaftslos. Er vermittelt, dass er sich auf sein Gegenüber verlässt. Er achtet auf die vereinbarte Zeit und beendet das Gespräch formlos. Anschließend hält er sämtliche Termine und Vereinbarungen ein.

Keinesfalls versucht er, mit Höflichkeitsfloskeln eine freundliche Beziehung aufzubauen, und fragt nicht nach privaten Dingen wie Familie oder Hobby. Er erwartet keine Geduld, lässt sich aber auch nicht einschüchtern. Er zeigt keine Schwächen, doch er geht auf Forderungen ein. Er vergeudet keine Zeit und lässt Gefühle aus dem Spiel, spricht nicht blumig oder umständlich. Er berichtet nicht von Absichten, sondern von Ergebnissen. Er geht nicht zu sehr in Details, lässt aber auch nichts offen. Er fragt nicht zu häufig um Rat und stellt seine Fragen nicht allgemein oder gar nur rhetorisch. Niemals versucht er, für sein Gegenüber zu entscheiden. Nachdem das Thema behandelt ist, hält er keinen Epilog.

Themen, über die Macher gerne sprechen:

  • Einfluss
  • Leistung
  • Ergebnisse
  • Rentabilität
  • Profite
Äußerungen für Gespräche mit Machern:

  • „Ich brauche fünf Minuten Ihrer Zeit.“
  • „Ich habe drei Themen.“
  • „Ich habe eine Tischvorlage mitgebracht.“
  • „Ich habe mir das angeschaut.“
  • „Die Chancen überwiegen die Risiken bei Weitem.“
  • „Auf fünf Jahre gesehen ist das Ergebnis positiv.“
  • „Das sind die Fakten.“
  • „So übertreffen Sie die Ziele.“
  • „So geht das am schnellsten.“
  • „Sie haben drei Möglichkeiten.“
  • „Was ist Ihnen am wichtigsten?“
  • „Wofür entscheiden Sie sich?“

Analytiker für sich gewinnen

[8]Die Hinwendung zu Analytikern lässt sich mit Verhaltensweisen erleichtern, die zum analytischen Profil passen, ohne sich zu verstellen.

Menschen mit analytischem Verhaltensprofil streben nach Genauigkeit, möglichst Perfektion. Sie wollen Risiken vermeiden. Sie suchen Sachlichkeit und Systematik. Für ihr Handeln suchen sie das strukturierte Vorgehen und die plausible Beweisführung. Um sich wohlzufühlen, brauchen sie Details. Ihr stärkstes Bedürfnis ist, Respekt von anderen zu bekommen.

Wer eine analytische Person für sich gewinnen will, zeigt ihr, dass er sich sorgfältig und gewissenhaft mit dem Thema befasst hat, und erklärt einleitend, was er will und wie er sich den Ablauf vorstellt. Er stellt eine Gliederung voran und spricht klar, deutlich und prägnant. Er nimmt sich viel Zeit, bleibt geduldig und bleibt auf Distanz. Er zeigt seinen Respekt vor der analytischen Person – besonders vor ihrer Fachkenntnis und ihrem durchdachten Vorgehen – und seine Bewunderung für ihre Präzision. Er nennt sachlich und realistisch in logischer Abfolge die Fakten. Er hält sich an etablierte Verfahren und vermittelt, dass Strukturen, Ordnung und klare Gliederungen für ihn wichtig sind und ein Zeichen von Professionalität darstellen. Er behandelt jedes Thema – mit Vorteilen und Nachteilen – gründlich und detailliert, bevor er zum nächsten übergeht. Wenn er anderer Meinung ist als sein analytischer Gegenüber, begründet er systematisch und plausibel und bringt fundierte Beweise. Nach dem Gespräch hält er sämtliche Vereinbarungen penibel ein.

Keinesfalls kommt er unangemeldet zu einer analytischen Person. Er gibt sich nicht zu locker, nachlässig oder gar leichtsinnig und zeigt sich nicht enthusiastisch oder zu optimistisch. Er unterlässt unrealistische und emotionsgeladene Aussagen, argumentiert nicht mit Meinungen und Einschätzungen anderer und gibt keine Versprechungen, die er nicht halten kann. Er vermeidet Ungenauigkeiten und Übertreibungen, macht keine Gedankensprünge, improvisiert nicht. Einwände und ins Detail gehende Fragen der analytischen Person ignoriert er niemals. Er übt keinen Druck aus und versucht nicht, sein Gegenüber auf etwas besonders hinzuweisen oder gar zu drängen.

Themen, über die Analytiker gerne sprechen:

  • Qualität
  • Werte
  • Analysen
  • Studien
  • Schlussfolgerungen
Äußerungen für Gespräche mit Analytikern:

  • „Wir haben den Termin vereinbart, um die Einzelheiten zu besprechen.“
  • „Ich habe für Sie die Fakten recherchiert.“
  • „Als erstes möchte ich einen Überblick geben.“
  • „Ihre Tabelle ist sehr übersichtlich.“
  • „Ich sehe, Sie haben alle Details berücksichtigt.“
  • „Sie haben die Inhalte hervorragend zusammengefasst.“
  • „Das ist perfekt.“
  • „Am wichtigsten ist: Die Zahlen stimmen.“
  • „Sie bestimmen, wie viel Zeit Sie dafür brauchen.“
  • „Welche Fragen haben Sie?“
  • „Welche Möglichkeiten sehen Sie?“
  • „Woher haben Sie Ihr umfangreiches Fachwissen?“

Wer sich bewusst einstellt auf die Verhaltensprofile, ihre Bedürfnisse und Erwartungen, Gewohnheiten und Emotionen berücksichtigt, vielleicht auch hilft, eventuell vorhandene Spannungen abzubauen, kann – im beruflichen wie im privaten Umfeld – mit Empathie Menschen für sich gewinnen, weil er sich und ihnen anderen den Umgang miteinander erleichtert: Mitarbeitern, Kollegen, Führungskräften, Kunden, Nachbarn, Familie, …

Peter Hilbert

Quellen

[1] Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.
[2] Ausführlich in: Verräterisches Verhalten
[3], [4][5], [6], [7], [8] Wilson Learning

Was Farben bewirken

Standard

Beim Anschauen erleben

Scheint die Sonne am Gewitterhimmel, entsteht im Gegenlicht ein Regenbogen in leuchtenden Farben – immer in derselben Reihenfolge. Sind Tautropfen oder Regentropfen im Gras, auf dem Rasen, auf Blumen und scheint die Sonne darauf, so fangen die Tropfen an zu glitzern und leuchten in den sieben Regenbogenfarben.

Das Licht der Sonne enthält die sieben Spektralfarben, die Regenbogenfarben, in der Reihenfolge Rot – Orange – Gelb – Grün – Hellblau – Indigo – Violett.

Bereits 1676 zerlegte Isaak Newton weißes Licht in die sieben unterschiedlichen Farben des Spektrums. Er führte einen weißen Lichtstrahl durch ein Glasprisma: Der Strahl wurde zweimal gebrochen, das erste Mal beim Übergang vom optisch dünneren zum optisch dichteren Medium – von der Luft zum Glas – und das zweiten Mal beim Übergang vom optisch dichteren zum optisch dünneren Medium – vom Glas zur Luft.[1]

Die verschiedenen Wellenlängen des Lichs werden unterschiedlich stark gebrochen.

Kommen die Farben des Spektrums – zum Beispiel durch eine Linse – wieder zusammen, entsteht wieder weißes Licht.

Nachdem Newton das Licht in einzelne Farben zerlegt hatte, verband er die Farben zu einem Kreis.

Er nahm Schwarz und Weiß aus der Sortierung der Farben, schob die Farbe Purpur, die bei der Spektralzerlegung von weißem Licht nicht vorkommt, zwischen das violette Ende und den roten Anfang des Spektrums und schuf den Farbkreis.[2] Später sortierten andere die Farben mit alternativen Systematiken.

So legt etwa das in den 1930er Jahren entwickelte Natural Colour System (NCS) – die Grundfarben Gelb, Rot, Blau und Grün in einem Kreis an die Enden eines rechtwinkligen Achsenkreuzes.[3] Die Ergänzung von Weiß und Schwarz lässt eine dreidimensionale Darstellung entstehen: einen Doppelkegel, der jeder Farbe einen festen Platz im Verhältnis zu den anderen Farben zuordnet. – Je mehr Weißanteile eine Farbe hat, umso mehr positioniert sie nach oben. Je mehr Schwarzanteile eine Farbe hat, umso mehr positioniert sie sich nach unten.

Im sechsteiligen Farbenkreis bilden die drei Primärfarben Gelb, Blau und Rot als Oberflächenfarben die Grundelemente aller Farben: die Farben erster Ordnung.

Die drei Sekundärfarben – die Farben zweiter Ordnung – Grün, Violett und Orange mischen sich aus den Primärfarben[4]:

  • Aus Blau und Gelb entsteht Grün.
  • Rot und Blau ergeben Violett.
  • Gelb mit Rot gemischt ergibt Orange.

Aus dem Mischen einer Sekundärfarbe mit der nächsten Primärfarbe im Farbenkreis entsteht eine Tertiärfarbe. So ergibt zum Beispiel die Mischung aus der Primärfarbe Gelb und der Sekundärfarbe Grün die Tertiärfarbe Gelbgrün. Primär- und Sekundärfarben gelten als reine Farben, die Tertiärfarben als schmutzige Farben dritter Ordnung.

Johann Wolfgang von Goethe unterteilte die Farben in aktiv und passiv:

  • Aktive Farben sind Rot, Gelb, Orange.
  • Passive Farben sind Blau, Grün, Violett.

Als gleich helle Buntfarben wirken passive Farben leichter. Aktive Farben wirken schwerer. Innerhalb eines Farbtons wirkt die hellere Nuance leichter als die vollgesättigte – so wirkt etwa Rosa leichter als Rot.

Die Wirkung von schwer und leicht im Raum wird deutlich zum Beispiel im Nebeneinander von Wand- und Deckenfarbe: Eine hellblaue Decke ist nicht leicht, wenn ihr eine weiße Wand zugeordnet ist. Eine hellblaue Decke wirkt jedoch leicht über einer ockerfarbigen oder gar braunen Wand.[5]

Die Wahrnehmung heller und dunkler Farben bewirkt die scheinbare Erhöhung oder Erniedrigung eines Raums. Zudem wirken helle Farben sauberer.

Völlig anders gestaltet ist das RAL-Farbregister. RAL steht für „Reichsausschuss für Lieferbedingungen“. Das Register ist eine Sammlung gebräuchlicher Farben, die jeder Farbe eine vierstellige Zahl zuordnet, zum Beispiel:

5xxx = Blau
6xxx = Grün
6011 = Resedagrün

Für ihre elektronische Darstellung werden Farben durch das RGB-System (Rot-Grün-Blau-System) definiert, also durch ihre additiven Anteile an den drei Farbwerten Rot, Grün und Blau. Jeder der drei Farbwerte Rot, Grün und Blau wird durch ein Byte (8 Bit) dargestellt, also einer Zahl zwischen 0 und 255. Wird ein Farbwert zur Darstellung des Farbtons nicht benötigt, beträgt ihr Zahlenwert 0, während der Zahlenwert 255 dem maximalen Anteil des Farbwerts entspricht.[6]

Die Primärfarbe Gelb [7] [8] [9]

Gelb ist eine warme positive Farbe. Gelb ist verwandt mit seiner höheren Oktave, dem Gold.

 

 

 

 

Gelb lässt sich gut darstellen, doch es verliert beim Mischen sehr leicht seinen Farbcharakter. Unter Einwirkung von Licht reduziert sich schnell sein Farbton.

Gelb lenkt die Aufmerksamkeit und warnt, es wirkt exzentrisch wie Rot, doch fehlt dessen intensive Dichte. Gelb überflutet alle Schatten, wirkt hell und heiter, strahlend und klar, energiereich und kraftvoll, munter und anregend, sanft reizend und harmonisch, angstmindernd und optimistisch. Gelb fördert die Konzentration. Durch zu viel Anregung kann Gelb nervös machen.

Gelb steht für Wärme und Offenheit, für Empfindung und Austausch, für Selbstentfaltung und Kommunikation, für Weite und Ausweitung, für Geist und Intellekt, für Ideen und Kreativität, für Reflexion und Wissensdurst, für Forscherdrang und Erkenntnis, für Optimismus und Lösungen, für Autorität und Kontrolle, für Veränderung und Freiheit, für Licht und Luft, für Weiblichkeit.

Gelb verkörpert Optimismus, Heiterkeit, Licht und Lebenskraft. Gelb wird verbunden mit Glück, Glückserwartung, Hoffnung auf Erlösung und Befreiung. Die Dynamik des Gelb weist vorwärts, zu Neuem, in die Zukunft. Gelb steht auch für geistiges Gut, für Information. Großzügigkeit und Leichtigkeit sind die positiven Seiten von Gelb. – Grünlich-blässlich steht Gelb für Neid, Verrat, Abschaum, Wahnsinn.

Symbolisch findet sich Gelb zum Beispiel in:

  • Gelbe Ampel
  • Gelber Judenstern
  • Gelbes Ketzerkreuz

Von oben wirkt Gelb leicht, leuchtend und anregend. Von der Seite wirkt es erregend, irritierend und wärmend. Von unten wirkt Gelb ablenkend, trennend, fordernd und hebend. Als Akzent wirkt es steuernd.

 

Gelb (RAL 1004) mahnt zu Vorsicht und warnt vor verdeckten Gefahren wie Anstoßen, Quetschen oder Stürzen – zum Beispiel bei Rutschgefahr, Explosionsgefahr oder Radioaktivität.

Menschen, die Gelb als ihre Lieblingsfarbe bezeichnen, sind meist optimistisch, geistvoll und intellektuell, aufgeschlossen und präsent, voller Temperament und Humor. Sie spüren in sich den Wunsch nach freier Entfaltung und Loslösung und wollen sich mitteilen. Sie sind offen für neue Kontakte und sehen ihrer Zukunft mit großen Erwartungen entgegen. Sie geben sich heiter und unbeschwert und begegnen anderen offen und wach. Ihr Drang nach Freiheit treibt sie oft zu weiten Reisen, mitunter auch zu haltlosen Ausschweifungen. Übertriebene Vorliebe für Gelb kann auf illusionäre Selbstflucht hinweisen, dann zeigen sich Hemmungen, Zynismus und Geiz oder aber Verschwendungssucht.

Wer Gelb trägt, strahlt Lebensfreude und Selbstbewusstsein aus und zeigt lockere, legere Schlichtheit.

Räumen schenkt Gelb eine sonnige und freundliche Aura. Sein Strahlen lässt sie heller und großzügiger erscheinen. Gelb wirkt anregend und belebend und passt in Esszimmer und Küche. Da Gelb die Konzentration steigert, passt ein leicht rot gebrochenes Gelb ins Arbeitszimmer.[10]

Bei Ängsten, Spannungen oder Mutlosigkeit kann das Meditieren mit Gelb Kraft geben – etwa beim Betrachten einer Fläche in warmem Gelb und dem Sinnieren zu Themen wie:

  • Die schönen Dinge im Leben
  • Ängstlichkeit, Eifersucht, Neid
  • Über das Loslassen
  • Die Akzeptanz von Veränderungen

Gelb – ein gelber Jaspis, ein Bad mit einem gelben Zusatz – kann die Selbstheilungskräfte unterstützen bei:

  • Verdauungsschwierigkeiten, Erkrankungen im oberen Darmbereich
  • Gastritis, Magen-, Leber-, Gallenproblemen
  • Arthritis, Arthrose, Rheuma
  • Bandscheibenbeschwerden
  • Zerstreutheit, Angst, Depressionen

Kontraproduktiv wirkt Gelb bei Esssucht oder Gewichtsproblemen.

Die Primärfarbe Rot [11] [12]

Rot ist eine warme aktive Farbe. Es gilt als Blickfang und als Alarmfarbe. In der Werbung stützt Rot die Attraktivität eines Produkts.

 

 

 

Rot deckt stark und wirkt schwer. Es verliert beim Mischen nur mäßig seinen Farbcharakter. Rot wirkt mittelhell und ist höchst lichtecht.

Rot ist eine spannungsvolle exzentrische Farbe. Es wirkt aktiv und anregend, wärmend und brennend, energiegeladen und energisch, kraftvoll und gesund, stimulierend und erregend, schreiend und extrovertiert, roh und gewaltsam, feurig und aggressiv, optimistisch und lebendig. Rot reizt emotional und versetzt in Alarmstimmung. Es stärkt das Durchsetzungsvermögen und ermuntert zu motorischem Tun, zu Sport, Kampf und Unternehmergeist. – Purpurrot wirkt würdevoll und ernst, anmutig, huldvoll und machtvoll.

Rot steht für Potenz und Revolution, für Liebe und Hass, für Blut und Kampf, für Sexualität und Erregung, für Verführung und Eroberung, für Bewegung und Aktivität, für Aggressivität und Sieg, für Kraft und Wille, für Anfang und Initiative, für Hitze und Feuer, für Selbstachtung und Lebenskraft, für Dynamik und Intensität, für Schamlosigkeit und Sünde, für Veränderung und Umwälzung, für Selbstvertrauen und Männlichkeit. Rot wird verbunden mit Liebe, Leidenschaft und Romantik.

Symbolisch findet sich Rot zum Beispiel in:

  • Rote Ampel
  • Rote Karte
  • Rotes Kreuz, Roter Halbmond
  • Roter Faden
  • Rotlichtbezirk
  • Rote Rosen
  • Rote Revolutionsfahne
  • Rotes Feuerwehrauto

Von oben wirkt Rot eingreifend, beunruhigend, schwer, abschließend. Von der Seite wirkt es einerseits beengend, andererseits aggressiv und kraftvoll. Von unten wirkt Rot bewusst machend und solide. Als Akzent wirkt es alarmierend und aktivierend.

Rosa, Mischfarbe aus Rot und Weiß, wirkt von oben intim und tröstlich. Von der Seite wirkt es schwächlich, aggressionshemmend, süßlich. Von unten wirkt Rosa überzart und befremdlich. Als Akzent ist Rosa ungeeignet, außer für den Intimbereich.

Rot (RAL 3000) steht für unmittelbare Gefahr und fordert: Halt! – zum Beispiel bei Verboten oder Notschaltern.

Menschen, die Rot als ihre Lieblingsfarbe bezeichnen, sind meist Powertypen, die das Leben lieben, sehr sinnlich sind und ihre Interessen durchsetzen. Sie zeigen sich stark und voller Selbstvertrauen, sind schlagfertig und reaktionsschnell. Sie sind anspruchsvolle Tatmenschen, die viel von sich selbst verlangen und sich leicht zu viel zumuten. Sie wirken kraftvoll und extrovertiert, manchmal sogar sendungsbewusst. Sie sind meist sportlich und führungsstark und fühlen sich selbstständig am wohlsten. Sie streben nach Selbstbestätigung und sind bereit, auf etwas zu verzichten oder etwas herzugeben. Übertriebene Vorliebe für Rot kann auf Herrschsucht oder sogar Gewalttätigkeit hinweisen.

Wer Rot trägt, wirkt avantgardistisch und modern, manchmal auch provokant. Kleine rote Akzente reichen schon, um auf sich aufmerksam zu machen, um dynamisch zu wirken. Ein rotes Einstecktuch, eine rotgrundige Krawatte, eine rote Bluse ziehen die Aufmerksamkeit auf sich.

Anhalterinnen werden öfter und schneller mitgenommen, wenn sie rote Kleidung tragen. Bedienungen in einem Restaurant bekommen mehr Trinkgeld, wenn sie ein rotes T-Shirt tragen anstelle eines identisch geschnittenen Oberteils in Weiß, Gelb, Grün, Blau oder Schwarz.

Menschen, die zum blasseren Rosa tendieren, wirken eher zurückhaltend, zart und sensibel. Sie leben oft zurückgezogen und beschäftigen sich gerne mit ästhetisch Anspruchsvollem. Viele sind gestalterisch tätig. Sie ergreifen nicht gerne die Initiative, sondern wollen erobert werden. Von anderen werden sie als schwächlich und kränklich eingeschätzt und ihre Akribie wird belächelt.

In Räumen weckt Rot positive Gefühle. Für kommunikative Bereiche – wie Küche, Wohnzimmer, Esszimmer – ist Rot gut geeignet, denn es regt an. Wegen seiner sehr dominanten Wirkung ist Rot jedoch mit Bedacht einzusetzen. Neutralisierendes Weiß oder helles Grau schwächen die Dominanz.[13]

Bei Müdigkeit oder Minderwertigkeitsgefühlen kann das Meditieren mit Rot Kraft geben – etwa beim Betrachten einer Fläche in angenehmem Rotton und dem Sinnieren zu Themen wie:

  • Wirkungen der Farbe Rot
  • Kraft und Stärke im Leben
  • Positive Kontakte mit anderen Menschen

Rot – das Betrachten eines Rubins, ein Bad mit einem roten Zusatz – kann die Selbstheilungskräfte unterstützen bei:

  • Niedrigem Puls
  • Mutlosigkeit, Phlegma, Depressionen
  • Hypotonie
  • Fußkälte
  • Durchblutungsstörungen
  • Orgasmus- und Potenzschwierigkeiten
  • Erkrankungen der Prostata
  • Eierstock- und Eileitererkrankungen
  • Blasenerkrankungen

Rot wirkt kontraproduktiv bei:

  • Hohem Blutdruck
  • Akuten Entzündungen
  • Akne
  • Nervosität
  • Schlafschwierigkeiten
  • Aggressivität, Erregbarkeit

Die Primärfarbe Blau [14] [15]

Blau ist eine kalte Farbe. Blau wird als Ordnungsfarbe genutzt.

 

 

 

 

Blau verliert beim Mischen nur schwer seinen Farbcharakter und verblasst schnell.

Blau vereinigt Ferne und Tiefe. Es wirkt ruhig und still, sanft und dämpfend, beschützend und beruhigend, entspannend und befriedigend, friedlich und schlaffördernd, introvertiert und harmonisch, passiv und starr, unempfindlich und emotionalisierend. Blau unterstützt das Rationale, das Überlegen und das Entscheiden. Es erhöht die Bereitschaft zur Introspektion und gibt das Gefühl von Sicherheit.

Blau steht für Erfrischung und Wasser, für Ernährung und Fruchtbarkeit, für Distanz und Unendlichkeit, für Kühle und Klarheit, für Vertrauen und Beständigkeit, für Ruhe und Zufriedenheit, für Seele und Übersinnliches, für Glaube und Hoffnung, für Verbundenheit und Schutz, für Reinheit und Kostbarkeit, für Sensibilität und Gefühl, für Niedergeschlagenheit und Depression, für Hingabe und Sehnsucht, für Ferne und Reiselust, für Betrug und Torheit, für Finsternis und Unbekanntes, für Treue und Entspannung, für Tradition und Vergangenheit, für Freiheit und Weite.

Blau ist die Farbe der Zurückgezogenheit und der Empfindsamkeit, der Ruhe und Zufriedenheit. Blau repräsentiert Einheit, Verbundenheit und vertrauende Freundschaft, Liebe und Hingabe. Es wird verbunden mit der Geborgenheit in der Familie und im Elternhaus und mit verweilender Zärtlichkeit. Blau steht symbolisch für das blaue Meer und den blauen Himmel.

Dunkelblau wirkt von oben drückend und schwer. Von der Seite wirkt es beruhigend und erweitert den Raum. Von unten vertieft Dunkelblau den Raum. Als Akzent wirkt es rational.

 

 

Hellblau wirkt von oben erhöhend, wenig greifbar. Von der Seite wirkt es kühl und ermutigend, vertiefend und erweiternd. Von unten wirkt Hellblau erhebend und verfremdend und regt zu Bewegung an. Auch Hellblau wirkt als Akzent rational.

Als Lichtzeichen alarmiert Blau. Blau (RAL 5010) steht für Gebote und Erlaubnisse – zum Beispiel für Rauch- oder Parkerlaubnis oder für die Empfehlung, Kopfschutz oder Maske zu tragen.

Menschen, die Blau als ihre Lieblingsfarbe bezeichnen, streben meist nach Ausgeglichenheit und finden immer wieder seelischen Halt. Sie sind loyal, gelassen und hilfsbereit, wirken aber manchmal wegen ihrer analytischen Denkweise ein bisschen distanziert. Sie sind friedliebend und verständnisvoll, fürsorglich und einfühlsam. Sie begegnen anderen wach und ausdrucksstark. Übertriebene Vorliebe für Blau kann auf innere Unruhe hinweisen, auf das Zermürben in Selbstaufopferung oder auf Lustfeindlichkeit, auf Gefühllosigkeit und Strenge.

Blau ist die ideale Bekleidungsfarbe, die schlicht, gediegen und zuverlässig aussehen lässt. Wer Blau trägt, ist stets korrekt gekleidet. Blaue Kleidung steht für Ehrlichkeit und Kompetenz.

Menschen die zum tiefblauen Indigo tendieren, verhalten sich meist weltoffen und intuitiv. Der Kontakt mit ihnen ist unkompliziert. Sie mögen das Unnormale und identifizieren sich sehr mit dem, was sie tun. Sie brauchen keine bürgerlichen Familienstrukturen und stellen Gerechtigkeit über alles.

In der Wohnung wirkt Blau sehr gediegen, kann aber einem Raum auch zu viel Kühle geben.

In Wohnräumen sorgt Blau für Ruhe und Klarheit. Blau eignet sich für Räume, die der Entspannung dienen.[16]

 

Bei Unruhe, Gereiztheit und Aggressivität kann das Meditieren mit  Blau zu mehr Ausgeglichenheit und Zufriedenheit führen – etwa beim Betrachten einer blauen Fläche und dem Sinnieren zu Themen wie:

  • Die Stille der Farbe Blau
  • Ruhe und Entspannung
  • Harmonie und Gelassenheit

Blau kann die Selbstheilungskräfte unterstützen bei:

  • Lungen- und Kehlkopferkrankungen
  • Hals-, Kiefern- und Zahnproblemen oder Nebenhöhlen- und Mittelohrentzündung
  • Über- und Unterfunktion der Schilddrüse
  • Hohem Blutdruck und Puls
  • Fieber, Vergiftungen, Nervosität

Blau wirkt kontraproduktiv bei Lethargie und Müdigkeit.

Die Sekundärfarbe Orange [17] [18]

Orange ist eine warme Mischfarbe – als Rotgelb oder Gelbrot. Orange ist der Wärmepol des Farbkreises.

 

 

 

Orange verliert beim Mischen nur allmählich seinen Farbcharakter. Es ist die Komplementärfarbe zu Blau.

Orange wirkt hell und sonnig, anregend und fröhlich, kraftvoll und energievoll, extrovertiert und kommunikativ, entkrampfend und öffnend, heiter und aktivierend, auffallend und appetitanregend. Orange ist die Farbe der gezähmten Vitalität und der Lebensfreude, des Glücksgefühls und der Inspiration sowie der Lebensqualität. Orange regt geistig an und fördert Begeisterungsfähigkeit und Selbstsicherheit.

Auf Menschen, die stets den Kampf zwischen Vernunft und Gefühl mit sich ausfechten, kann Orange eine heilsame Wirkung haben. Orange kann Aggressionen mildern und Ängste besänftigen. Orange beseitigt Trägheit und steigert das Sexualempfinden.

Orange steht für Selbstsicherheit und Selbstvertrauen, für Mut und Abenteuerlust, für Freude und Lebensfreude, für Aufgeschlossenheit und Extraversion, für Geselligkeit und Gemütlichkeit, für die Vereinigung von Körper und Geist, für Wärme und Erotik.

Symbolisch findet sich Orange zum Beispiel in:

  • Agent Orange
  • Orangene Revolution

Von oben wirkt Orange anregend und fördert die Konzentration. Von der Seite wirkt es wärmend, leuchtend und kommunikativ. Von unten regt Orange die Motorik an. Als Akzent wirkt es aktivierend und führt den Blick.

 

Menschen, die Orange als ihre Lieblingsfarbe bezeichnen, haben meist künstlerische Interessen, sind kreativ und kommunikativ. Sie wirken erotisch, sinnlich, emotional und lebendig. Sie sprühen voller Lebensenergie, nicht selten allerdings in vergeistigter Form. Bei körperlichen Tätigkeiten fühlen sie sich wohl. Übertriebene Vorliebe für Orange kann auf die Neigung hinweisen, andere emotional zu sehr einzuengen.

Da Orange als Bekleidungsfarbe am wenigsten professionell wirkt, passt es nicht zu Geschäftlichem. Orange provoziert und wird oft von Exzentrikern getragen.

Orange lässt Räume wärmer erscheinen. Die Mischung aus sonnigem Gelb und sinnlichem Rot schafft Gemütlichkeit und regt den Appetit an. Räume, die wenig Tageslicht abbekommen, wirken in Orange warm und sonnig. In Kombination mit gedecktem Grau und Brauntönen strahlt Orange besonders. [19]

Wer mit Orange meditiert, betrachtet sich zum Beispiel eine Fläche in einem nicht zu dunklen Orangeton und stellt sich vor, er sei in eine orangene Farbwolke gehüllt, und sinniert zu Themen wie:

  • Wie lässt sich mehr Lebensqualität erreichen?
  • In welchen Situationen ist besser, auf den Kopf zu hören, in welchen auf das Gefühl?
  • Ist im Augenblick eine Entscheidung angesagt oder liegt die Kraft eher im Nichthandeln, im Wachsenlassen?
  • Ließe sich ein Problem vielleicht auch mal von einer ganz anderen Warte sehen?

Orange kann die Selbstheilungskräfte unterstützen bei:

  • Gebärmutterbeschwerden
  • Eierstock- und Eileitererkrankungen
  • Menstruationskrämpfen
  • Erkrankungen im unteren Darmbereich
  • Mineralstoffmangel
  • Ödembildungen im Körper
  • Antriebsstörungen
  • Depressionen
  • Kältegefühl

Orange wirkt kontraproduktiv bei Stress und Schlaflosigkeit.

Die Sekundärfarbe Violett [20]

Violett ist eine kalte negative Mischfarbe – als Rotblau und Blaurot. In unterschiedlicher Beleuchtung kann Violett grau, braun, rot oder blau wirken.

 

 

Violett verändert seinen Farbcharakter beim Mischen nur langsam – von Indigo bis Brillant Purpur – und ist Komplementärfarbe zu Gelb. Violett wirkt dunkel bis mittelhell und deckt gut als Oberflächenfarbe.

Violett wirkt unruhig und lebhaft, uneinheitlich und zwiespältig, schwankend und fragend, ernst und konzentriert, aggressiv und entmutigend, unempfindlich und kalt, geheimnisvoll und anregend. Violett stärkt Intuition und Kontemplation sowie die Konzentration und das Selbstvertrauen

Violett steht für königlichen Pomp und für Heiligkeit, für Bewusstwerdung und Erleuchtung, für Uneindeutigkeit und Neuanfang, für Aufbegehren und Umkehr. In der katholischen Kirche steht Violett für Demut und Spiritualität.

Von oben wirkt Violett bedrückend. Von der Seite wirkt es traurig. Von unten wirkt Violett verschlingend.

 

 

Menschen, die Violett als ihre Lieblingsfarbe bezeichnen, sind meist religiös und verhalten sich weise. Übertriebene Vorliebe für Violett kann auf weltfremdes Verhalten hinweisen oder auf die Übernahme der Rolle eines Dieners Gottes oder gar eines geistlichen Führers. Violette Kleidung signalisiert weniger Mode als vielmehr Selbstachtung, Würde und Selbstsicherheit, aber auch raffinierte Eleganz und Extravaganz.

Violette Räume wirken eng und beklemmend, sie sind als Schlaf- oder Esszimmer weniger geeignet. Als Akzent  wirkt Violett regenerierend und fördert das innere Gleichgewicht. Um einem Raum mit Violett eine Betonung zu geben, reichen zehn Prozent der Fläche, dreißig Prozent dürfen die sanfteren Lila und Flieder einnehmen, der Hauptanteil bleibt für neutrales Grau oder Weiß.[21]

Violett gilt allgemein als gute Meditationshilfe – etwa mit einem Amethystquarz.

Violett kann die Selbstheilungskräfte unterstützen bei:

  • Seelischen Verstimmungen und geistiger Verwirrung
  • Persönlichen Krisen
  • Zu großem Appetit
  • Cellulitis

Violett wirkt kontraproduktiv bei fehlender Bodenständigkeit, geringer sexueller Lust und egoistischen Tendenzen.

Die Sekundärfarbe Grün [22] [23] [24]

Grün ist als Oberflächenfarbe eine Mischfarbe. Grün wirkt mittelhell und wenig bunt.

 

 

 

 

Grün ist das Ergebnis der Mischung von Gelb und Blau. Grün ist die Komplementärfarbe zu Rot und behält beim Mischen lange seinen Farbcharakter.

Grün wirkt natürlich und erholsam, ausgleichend und vermittelnd, entspannend und befriedigend, stressmindernd und harmonisierend, sehr beruhigend und besänftigend, beharrend und fest, temperaturneutral und frisch, unempfindlich und ermutigend, logisch und kritisch, analytisch und formalistisch. Grün bietet die Vorstellung von Zuflucht, Frieden und Sicherheit – emotional wie rational. Grün zeigt Defensive nach außen und Schutz nach innen – gegen verletzende Einflüsse. Grün erzeugt Harmonie und beruhigt, es stabilisiert physiologisch und psychisch. Grün ist Ausdruck harter Festigkeit und stabiler Beharrung. Grün signalisiert Willenskraft, aber auch für Angst als sensible Gehemmtheit.

Grün steht für Hoffnung und Wachstum, für Fruchtbarkeit und Leben, für Liebe und Nächstenliebe, für Wünsche und Träume, für Beharrung und Stabilität, für Pflanzen und Natur, für Ideen und Pläne, für Schutz und Konstanz, für Zuversicht und Gewissheit, für Heilung und Erneuerung, für Selbstachtung und Vorsätze, für Selbstvertrauen und Selbstsicherheit, für Frieden und Konzentration auf das Wesentliche. Grün signalisiert Behauptung im Besitzen und Verwalten von Gütern und Selbstbehauptung. Grün gilt als Farbe der immer wiederkehrenden Erneuerung. Im Islam und im Judentum gilt Grün als die Farbe der Barmherzigkeit Gottes; deshalb ist das Banner des Propheten grün.

Symbolisch findet sich Grün zum Beispiel in:

  • Grüne Ampel
  • Grün hinter den Ohren sein
  • Im Grünen Bereich sein
  • Die Partei „Die Grünen“

Von oben wirkt Grün pflegend und deckend. Von der Seite wirkt es einerseits kalt und irritierend, andererseits sichernd und beruhigend, aber auch erweiternd. Von unten wirkt Grün natürlich und erholsam, weich und trittfreudig und regt zu Bewegung an. Als Akzent vermittelt es Sicherheit.

Als Lichtzeichen erregt Grün Aufmerksamkeit. Grün (RAL 6001) steht für Gefahrlosigkeit und Rettung – zum Beispiel für Notausgänge oder Erste Hilfe.

Menschen, die Grün als ihre Lieblingsfarbe bezeichnen, fühlen sich fast immer eng mit der Natur verbunden. Sie sind aus Weisheit bescheiden und zudem herzlich und opferbereit. Sie sind sehr auf Sicherheit bedacht und legen Wert auf stabile, gefestigte Verhältnisse. Sie zeigen Sinn fürs Praktische und haben eine heitere, menschenfreundliche Art. Sie bemühen sich stets, ihren Überzeugungen treu zu bleiben und versuchen, nach Grundsätzen zu handeln, die auch für die Allgemeinheit gelten könnten. Das Ergebnis ihrer Bemü­hungen um Wahrhaftigkeit zeigt sich dann im Grad ihrer Selbstachtung. Übertriebene Vorliebe für Grün kann auf Träumerei und Sentimentalität hinweisen, die oft auch einengen.

Grüne Kleidung drückt Harmonie und Gleichgewicht aus. Sie wirkt beruhigend, ausgleichend und eher konventionell. Sie steht für Naturverbundenheit, Gesundheit und Sicherheit.

Grüne Räume wirken beruhigend und ausgleichend. Die wohltuende Wirkung von Grün passt ins Schlafzimmer. Grünnuancen im Arbeitszimmer fördern die Kreativität. Grüne Pflanzen im Raum sorgen für Ruhe.[25]

 

Bei Mutlosigkeit kann das Meditieren mit Grün beruhigen und helfen, sich und anderen zu vergeben – etwa beim Betrachten einer frühlingsgrünen Fläche oder bei einem Spaziergang im Park und dem Sinnieren zu Themen wie:

  • Die Ruhe eines Waldspaziergangs
  • Das Einsseins mit sich selbst
  • Das Abfallen von Ängste und Sorgen, um Platz zu schaffen für Neues

Grün kann die Selbstheilungskräfte unterstützen bei:

  • Erkrankungen des Herzens
  • Liebeskummer
  • Stress
  • Trauer
  • Wut

Die Tertiärfarbe Türkis

Türkis ist eine kalte Mischfarbe. Der Name Türkis ist stammt vom Türkisstein.

 

 

 

 

Türkis wirkt schützend und erfrischend, dynamisch und klar, jugendlich und offen.Türkis weckt Interesse und bringt Klarheit ins Denken und Fühlen.

Türkis steht für Schutz und Abwehr und für offene Kommunikation.

Menschen, die Grün als ihre Lieblingsfarbe bezeichnen, lieben meist die Unabhängigkeit und wirken wachsam und beschützend; sie wollen selbstständig sein. Ihr Handeln erscheint anderen oft eigenwillig oder auch extravagant. Übertriebene Vorliebe für Türkis kann auf Sarkasmus und rigide Macht­besessenheit hinweisen.

Türkise Kleidung wirkt schlicht und attraktiv. Schon kleine Accessoires betonen das Gesamte.

Pastelltürkis, wie auch Rosé, Himmelblau, Vanillegelb oder Mintgrün, wirkt fröhlich, weil zarte Pastellfarben ausgleichend und beruhigend erscheinen und Leichtigkeit vermitteln. Reines Weiß und Naturmaterialien sind ideale Ergänzungen zu Pastellfarben. [26]

Türkis kann die Selbstheilungskräfte unterstützen bei:

  • Bronchitis und Lungenentzündung
  • Grippalen Infekten
  • Lymphdrüsenentzündung
  • Immunschwäche
  • Speise- und Luftröhrenerkrankung

Die Tertiärfarbe Braun [27]

Braun ist eine warme, wenig helle Farbe und hat eine geringe Sättigung.

 

 

 

 

Braun ist das Ergebnis der Mischung von Grün und Rot. Es umfasst in Farbräumen ein großes Spektrum.

Braun wirkt temperaturneutral, ernsthaft und solide, selbstsicher und anregend.

Braun symbolisiert die Erde und die Stabilität. Es ist die Farbe der menschlichen Herkunft und  steht für Treue und feste Verwurzelung, für Organisation und Autorität.

Von oben wirkt Braun deckend, aber auch drückend. Von der Seite wirkt es einerseits einengend, andererseits sichernd. Von unten wirkt Braun wohlig und trittsicher. Als Akzent stellt es keine Forderung.

Menschen, die Braun als ihre Lieblingsfarbe bezeichnen, sind meist sesshaft und treu, familiär und häuslich. Sie wollen sich sicher fühlen. Sie führen gern ein alternatives Leben mit viel Bezug zur Natur. Mit ihnen umzugehen ist unkompliziert. Sie wirken gesund, manchmal etwas schwerfällig.

In Räumen wirkt Braun ruhig, harmonisch und warm. Wo Braun den Ton angibt, entstehen positive Assoziationen. Braun verleiht Sicherheit und Geborgenheit. Akzente in klarem Weiß oder in Limone beleben Braun – zum Beispiel mit weißen Bilderrahmen.[28]

Unbunte Farben

Die unbunten Farben von Schwarz bis Weiß werden linear auf einem Streifen dargestellt, der idealerweise feinste Grautonübergänge zeigt.[29]

 

 

Die unbunte Farbe Weiß [30]

Weiß ist eine kalte Farbe.

 

 

 

 

 

 

Weiß verliert bereits bei geringster Mischung seinen Farbcharakter.

Weiß wirkt neutral und sachlich, aggressiv und gruselig, anregend und heilig, edel und klassisch elegant. Weiß gibt Weite und regt den Intellekt an. Weiß vertreibt Müdigkeit und richtet auf.

Weiß steht für Sauberkeit und Reinheit, für Vollendung und Vollkommenheit, für Helligkeit und Klarheit, für Unschuld, Kompetenz und Männlichkeit. In östlichen Kulturen repräsentiert Weiß Trauer und Tod.

Symbolisch findet sich Weiß zum Beispiel in:

  • Weiße Fahne
  • Halbgott in Weiß
  • Weiße Lilie

Von oben wirkt Weiß leer. Von der Seite wirkt es neutral, leer und unlebendig. Von unten wirkt Weiß abweisend, fremd und sauber. Als Akzent fordert es auf, es nicht zu betreten.

 

 

Nur wenige Menschen fühlen sich in einer weiß dominierten Farbumgebung wohl. Kaum eine Kombination wirkt so ausdrucksstark und elegant wie Weiß und Schwarz. Der Designklassiker ist für Menschen geeignet, die wissen, was sie wollen und im Leben einen kühlen Kopf bewahren. Der Kontrast der beiden unbunten Farben lässt sich abschwächen durch unterschiedliche Muster, wie Blumen und Streifen, und durch die Kombination mit Möbeln aus naturbelassenem Holz. Das Ergebnis ist ein edles Farbkonzept mit raffinierten Akzenten.[31]

Die unbunte Farbe Schwarz [32]

Schwarz ist eine kalte Farbe.

 

 

 

 

 

 

Beim Mischen mit anderen Farben erhält Schwarz lange seinen Farbcharakter.

Schwarz wirkt neutral und sachlich, geheimnisvoll und interessant, melancholisch und beruhigend, edel und klassisch elegant, eigenwillig und weiblich. Schwarz blockiert alle Energien. Es engt ein und wirkt auf großen Flächen deprimierend. Schwarze Kleidung wirkt edel.

Schwarz steht für Trauer und Tod, für Leben und Kreativität, für Ungeheuerlichkeit und Geheimnis, für Nacht und Böses, für Möglichkeiten und Exklusivität, für höchste Kompetenz.

Symbolisch findet sich Schwarz zum Beispiel in:

  • Schwarze Trauerkleidung
  • SS-Uniform
  • Schwarzes Loch
  • Schwarzer Humor
  • Das kleine Schwarze

Von oben wirkt Schwarz drückend und löchrig. Von der Seite wirkt es wie in einem Verlies. Von unten wirkt Schwarz abstrakt, vertiefend und befremdend. Als Akzent ist es gegen Helligkeit ein Informationsträger.

 

Grau, Mischfarbe aus Schwarz und Weiß, wirkt von oben Schatten spendend. Von der Seite wirkt es langweilig. Von unten wirkt Grau neutral. Als Akzent ist es untauglich.

 

Psychologie der Farben

Die Wahl der Autofarbe lässt einer britischen Studie zufolge psychologische Schlüsse auf den Besitzer zu.[33]

  • Besitzer pastellfarbener Autos leiden achtmal häufiger an Depressionen als Menschen, die kräftige Autofarben bevorzugen. Fahrer fliederfarbener und zitronengelber Autos waren im Jahr drei Tage länger krank als andere. Das scheint aber nicht zu schrecken, denn 63 % von ihnen erklärten, sie würden wieder einen Wagen der gleichen Farbe kaufen.
  • Besitzer von weißen Fahrzeugen hingegen wirken distanziert und zurückhaltend.
  • Am glücklichsten fühlen sich die Besitzer silberner oder metallicblauer Wagen.
  • Wer hingegen Schwarz oder Rot bevorzugt, verrät sich als dominanter Kämpfertyp – zumindest im Straßenverkehr.

 

 

 

In einer Versuchsreihe wurde Testpersonen Kaffee in verschiedenfarbigen Kannen serviert.

  • Den Kaffee aus der braunen Kanne werteten sie als zu stark.
  • Den Kaffee aus der roten Kanne beschrieben sie als kräftig und aromatisch.
  • Der Kaffee aus der blauen Kanne hatte für sie einen milden Geschmack.
  • Der Kaffee aus der gelben Kanne war ihnen zu schwach.

Selbstverständlich war nur eine einzig große Portion Kaffee auf die vier Kannen verteilt worden. Der Kaffee war jeweils derselbe.[34]

Versuchen Sie, den Text nicht zu beachten und benennen Sie nacheinander möglichst schnell die Farben der einzelnen Wörter.[35]

Peter Hilbert

Quellen

[1] [6] www.lehrerfortbildung-bw.de
[2] [4] [29] Klausbernd Vollmar. Sprache und Macht der Farben
[3] [5] [9] [24] Heinrich Frieling. Licht und Farbe am Arbeitsplatz
[7] [11] [14] [17] [20] [22] Johannes Pawlik. Theorie der Farbe
[8] [12] [15] [18] [23] Edda Constantini-Röbel
[10] [13] [16] [19] [21] [25] [26] [28] [31] DKV. Impulse
[27] [30] [32] Rainer Kreutzmann. Farbe und Kleidung
[33] Conrad King. In: Frankfurter Rundschau
[34] Siegfried Künstle. Lebensfreude durch Farbe
[35] Elmar Fischer

Die beliebtesten Farben

Standard

 

Die Lieblingsfarben laut einer Umfrage bei 1888 Männern und Frauen in Deutschland: [1]
Farbe Durchschnitt Frauen Männer
Blau        38 %        36 %        40 %
Rot        20 %        20 %        20 %
Grün        12 %        12 %        12 %
Schwarz          8 %          8 %          8 %
Rosa          5 %          8 %          2 %
Gelb          5 %          4 %          5 %
Weiß          3 %          3 %          3 %
Violett          3 %          5 %          1 %
Gold          2 %          1 %          2 %
Braun          2 %          2 %          1 %
Grau          1 %          0 %          3 %
Silber          0 %          0 %          1 %
Orange          0 %          1 %          0 %

 

[1] Eva Heller. Wie Farben wirken

Die unbeliebtesten Farben

Standard

 

Die unbeliebtesten Farben laut einer Umfrage bei 1888 Männern und Frauen in Deutschland: [1]
Farbe Durchschnitt Frauen Männer
Braun        27 %        29 %        24 %
Orange        11 %        14 %          9 %
Violett        11 %        10 %        12 %
Rosa          9 %          7 %        12 %
Grün          9 %          8 %        10 %
Grau          9 %          7 %        10 %
Schwarz          8 %          9 %          7 %
Gelb          6 %          6 %          5 %
Gold          4 %          3 %          4 %
Rot          2 %          3 %          2 %
Silber          2 %          2 %          2 %
Blau          2 %          1 %          2 %
Weiß          0 %          0 %          1 %

[1] Eva Heller. Wie Farben wirken

Verräterisches Verhalten

Standard

Profile erleichtern das Verstehen

Wie verhalten sich Menschen, wenn sie sich wohlfühlen? Wie verhalten sie sich, wenn ihnen etwas weniger angenehm ist? Wie verhalten sie sich, wenn sie sehr angespannt sind? – Welche Menschen können gut und produktiv zusammenarbeiten, welche Menschen kommen weniger gut miteinander aus? Woran liegt das und wie lässt sich die Zusammenarbeit verbessern? Welche Hinweise lassen erkennen, wer mit wem gut auskommt und wer nicht? Verhaltensprofile geben Antworten auf die Fragen.

Verhaltensprofile sind ein Modell und wie jedes Modell vereinfachen Profile zwar die Wirklichkeit und erfassen nicht alle Attribute menschlichen Verhaltens, doch sie verdeutlichen komplexe Zusammenhänge des menschlichen Miteinanders.

Das Modell der Verhaltensprofile hat seine Wurzeln in der humanistischen Psychologie, die jedem Einzelnen für die Qualität seiner Beziehungen zu anderen Menschen selbst die Verantwortung gibt. Das Modell beantwortet Fragen wie:

  • Wie verhalte ich mich und wie erleben mich meine Mitmenschen?
  • Welche Stärken, Bedürfnisse und Erwartungen habe ich und haben andere?
  • Was kann und will ich tun, damit andere sich mit mir zusammen wohlfühlen und die Zusammenarbeit erfreulicher und produktiver wird?

Das Modell der Verhaltensprofile bewertet menschliches Verhalten nicht, vielmehr zeigt es verschiedene Tendenzen menschlichen Verhaltens und welche Stärken, Bedürfnisse und Erwartungen damit verbunden sind, die es zu respektieren gilt.

Das Modell der Verhaltensprofile beabsichtigt, tolerante, offene und partnerschaftliche Grundeinstellungen zu verwirklichen. Es erweitert die Variationsmöglichkeiten der zwischenmenschlichen Kommunikation – wichtig sowohl für den Einzelnen wie auch für die Interaktion zwischen Menschen.

Gewohnheiten

Schon früh im Leben lernen Menschen Dinge zu tun, über die sie als Erwachsene nicht mehr nachdenken. Menschen lernen zu sprechen und nehmen dabei vielleicht einen Dialekt an. Sie lernen zu schreiben und entwickeln mit der Zeit ihre eigene unverwechselbare Handschrift. Sie lernen, bestimmte Handgriffe auf ganz individuelle Weise auszuführen und vieles mehr. So entstehen individuelle Verhaltensweisen, die für jeden Einzelnen normal, bequem und auch effizient sind.

Menschen fühlen sich wohl mit ihren erworbenen Verhaltensweisen, die sie Gewohnheiten oder auch Komfortzone nennen. Auch für die Interaktion mit anderen haben Menschen schon frühzeitig Verhaltensweisen erlernt, mit denen sie auf ihre persönliche Weise in Beziehungen eintreten und mit denen sie bei anderen unterschiedliche Reaktionen hervorrufen.

Die Komfortzone ist das Spektrum der jeweils eigenen individuellen Verhaltensweisen, Bedürfnisse, Erwartungen, Stärken und Schwächen. Jeder Mensch hat seine individuelle Komfortzone, in der er sein kann, wie er sich aktuell fühlt, und in der er sich verhält, wie er es gewohnt ist, so wie er es mag. In seiner Komfortzone gebraucht jeder seine im Verlauf seines Lebens erworbenen Fähigkeiten. In ihrer Komfortzone sind Menschen effektiv, sie handeln nach ihren vertrauten Techniken, die sich als praktisch und angenehm herausgestellt haben.

Jeder Mensch hat das Recht auf seine persönliche Komfortzone. In seiner Komfortzone fühlt sich jeder besonders fit, nutzt seine schöpferische, kreative Energie und setzt seine Fähigkeiten und Fertigkeiten unmittelbar frei.

Jeder Mensch ist in der Lage, seine Komfortzone zu verlassen, wenn er das will. Es gibt unzählige Situationen, in denen Menschen für eine gewisse Zeit gern und freiwillig ihre Komfortzone verlassen – etwa um Ziele zu erreichen oder um mit anderen gesellschaftlich adäquat umzugehen. Auch wenn diese Fähigkeit meist unbewusst eingesetzt wird, hilft sie, besser mit anderen zu kommunizieren. Um die eigene Kommunikationsfähigkeit noch weiter zu verbessern, brauchen Menschen die Fähigkeit, ihre Komfortzone situativ und bewusst zu verlassen, auch wenn es manchmal schwerfällt.

Wenn sie ihre Komfortzone verlassen, kommen Menschen in ihre Kompromisszone, in der sie sich höflich, einfühlsam und freundlich verhalten – wenn sie das wollen. In ihrer Kompromisszone befinden sich Menschen zwischen einem guten und einem schlechten Zustand. Ihre Kompromisszone erlaubt ihnen, Sachverhalte neu zu sehen und Handlungen auszuprobieren.

Der Kompromisszone folgt die Panikzone. In ihr fühlen sich Menschen gestresst, angespannt, unglücklich. Wenn Menschen in ihre Panikzone gedrängt werden, lassen sich Konflikte nicht vermeiden. In der Panikzone sind die sonst vorhandenen positiven Fähigkeiten und Fertigkeiten blockiert.

Menschen neigen dazu, sich von anderen Menschen ein Vorurteil zu bilden – bereits während sie sie zum ersten Mal sehen. Aus ihrer Komfortzone heraus vergleichen sie das Verhalten anderer – oft unbewusst – mit ihrem eigenen Verhalten oder mit ihren Erwartungen. Inwieweit das Verhalten anderer den eigenen Vorstellungen und Erwartungen entspricht, so fällt das Urteil aus: positiv oder negativ.

Ihrem ersten Urteil folgend – das sehr häufig einer kaum erklärbaren Intuition entspringt – signalisieren Menschen ihr Vorurteil durch ihr Kommunikationsverhalten. Ob sie es wollen oder nicht: Ihr Gegenüber spürt, ob sie ihn positiv oder negativ sehen. Zudem tendieren Menschen dazu – ohne sich dessen immer bewusst zu sein –, vornehmlich die Signale zu empfangen, die ihren ersten Eindruck bestätigen.

Das Verhalten der Menschen wird bestimmt von ihrer Persönlichkeit, von ihren Einstellungen und von ihren Gefühlen. Ihr Verhalten – das andere sehen und hören – entspricht nicht unbedingt dem, was Personen denken oder fühlen. Wer sich mit dem Denken und Fühlen einer Person beschäftigt, betreibt Psychologie. Die Verhaltensprofile beurteilen weder die Persönlichkeit, noch die Intelligenz, noch die Fähigkeit von Menschen. Sie beziehen sich ausschließlich auf beobachtbares Verhalten. Verhaltensprofile sind keine Persönlichkeitstests.[1]

Persönlichkeit

  • Sie besteht aus menschlichen Werten, Talenten und Einstellungen sowie der Motivationsstruktur.
  • Sie ist nach der Pubertät weitgehend stabil und kann nur bedingt beeinflusst werden.
  • Änderungen der Persönlichkeit gehören nicht zu den Führungsaufgaben.
Verhalten

  • Es wird geprägt durch Erfahrungen, Routinen und Lernprozesse.
  • Es verändert sich durch die Interaktion mit der Umgebung und ist lebenslang trainierbar.
  • Verhaltensänderungen gehören zu den Führungsaufgaben.

Das Modell der Verhaltensprofile analysiert zunächst zwei Verhaltenstendenzen:

  • Verhält sich eine Person eher stärker bestimmend oder weniger bestimmend?
  • Verhält sich die Person eher stärker gefühlsbetont oder weniger gefühlsbetont?

Bestimmendes Verhalten

Bestimmendes Verhalten ist das wahrnehmbare Ausmaß, in dem eine Person durch ihre Haltung, Gestik, Mimik, Stimme und Sprache auf andere Einfluss nimmt.[2]

Weniger bestimmendes Verhalten lässt eine Person eher introvertiert und nach Beständigkeit strebend erscheinen: Sie fragt mehr als sie behauptet, formuliert eher indirekt und vorsichtig. Sie verhält sich eher abwägend und zurückhaltend. Andere erleben sie als belastbar und zuverlässig, oft als etwas gemächlich.

Stärker bestimmendes Verhalten lässt eine Person eher extrovertiert und nach Veränderungen strebend erscheinen: Sie ist eloquent und ausdrucksstark, sagt anderen direkt ihre Meinung. Sie interessiert sich für alles Neue und wirkt oft ungeduldig. Sie ist entscheidungsfreudig und dabei risikobereit. Sie strebt nach Freiheit und Unabhängigkeit.

Wenn die beiden Pfeile jeweils das Ausmaß weniger bestimmenden und stärker bestimmenden Verhaltens verbildlichen, wo auf welchem Pfeil sehen Sie tenden­ziell Ihr Verhalten? Bitte markieren Sie die Stelle.

[3]Personen, die sich tendenziell stärker bestimmend verhalten, sind meist charmant, haben eine starke Anziehungskraft und andere Menschen fühlen sich in ihrer Umgebung spontan wohl. Allerdings beharren sie sehr auf ihrer Meinung und ihre Mitmenschen gewinnen leicht den Eindruck, dass ihre erhaltene Zuwendung nicht wirklich ihnen persönlich galt, und fühlen sich enttäuscht.

Mit Misserfolgen gehen stärker bestimmende Personen gelassen um, auch weil sie gern anderen die Schuld dafür geben. Sie haben erstaunlich oft Glück und neigen auch deshalb dazu, mehr zu riskieren als ihr Kenntnisstand eigentlich erlaubt. Sie sind schnell zu begeistern, jedoch verlieren sie dann schnell die Lust.

Am liebsten würden sie alles können, doch ihre Ungeduld lässt ihnen meist keine Zeit, erst zu lernen. Sie sind talentiert und haben eine schnelle Auffassungsgabe, andererseits laufen sie Gefahr, nie fundierte Kenntnisse und Fertigkeiten zu erwerben, solange sie methodisches Vorgehen als altmodisch, überholt und ungenial betrachten.

Stärker Bestimmende streben nach Veränderung, sind risikobereit und entschei­dungsfreudig. Sie kommunizieren eloquent, direkt und ausdrucksvoll. Auf andere wirken sie ungeduldig und dominant.[4]

[5]Personen, die sich tendenziell weniger bestimmend verhalten, sind meist zuverlässig, genau und belastbar; doch ihr allzu starres Beharren auf Regeln macht ihre Mitmenschen oft ärgerlich. Sie sind durchweg ausdauernd und geduldig, was dazu führt, dass sie sich zu viel gefallen lassen.

Weniger bestimmende Personen erledigen alles gerne perfekt und wegen ihres Perfektionismus werden sie manchmal mit ihren Aufgaben nicht rechtzeitig fertig. Ihre Ergebnisse sind immer umfassend abgesichert, allerdings sind sie wenig flexibel und wenig spontan, weil Sie sich zu sehr absichern. Entscheidungen fallen ihnen schwer, doch sind ihre Entscheidungen immer fundiert. Sie provozieren keine Auseinandersetzungen, denn sie haben große Scheu vor Aggressionen. Sie hören kaum auf ihr Gefühl, da sie sich durch Rationalität steuern lassen.

Weniger Bestimmende streben nach Beständigkeit. Sie verhalten sich vorsichtig, manchmal gemächlich und entscheiden langsam. Sie kommunizieren aufmerksam und fragen eher geduldig oder deuten an als zu behaupten. Sie wirken zurückhaltend und ruhig, introvertiert.[6]

Gefühlsbetontes Verhalten

Gefühlsbetontes Verhalten ist das wahrnehmbare Ausmaß, in dem eine Person durch ihre Haltung, Gestik, Mimik, Stimme und Sprache die eigenen Gefühle ausdrückt. [7]

Stärker gefühlsbetontes Verhalten lässt eine Person eher offen, menschenorientiert und emotional erscheinen. Sie sorgt sich um ihre Mitmenschen und genießt das Leben. Auf andere wirkt sie entspannt und aufgeschlossen.

Weniger gefühlsbetontes Verhalten lässt eine Person eher reserviert, aufgabenorientiert und rational erscheinen. Sie arbeitet gern unabhängig, systematisch und rational. Sie konzentriert sich auf ihre Aufgaben und wirkt eher reserviert, oft gar distanziert. Ihr Auftreten ist stets überzeugend.

Wenn die beiden Pfeile jeweils
das Ausmaß weniger gefühlsbetonten
und stärker gefühlsbetonten
Verhaltens verbildlichen, wo auf
welchem Pfeil sehen Sie
tendenziell Ihr Verhalten?
Bitte markieren Sie die Stelle.

[8]Personen, die sich tendenziell stärker gefühlsbetont verhalten, kümmern sich sehr um andere; dabei neigen sie dazu, andere zu bemuttern und zu verwöhnen. Von ihnen kann jeder alles haben, denn sie können schlecht nein sagen. Von anderen fordern sie wenig, denn sie haben Schwierigkeiten zu sagen, was sie von anderen wollen.

Ihre Sinnlichkeit und Beständigkeit sind sehr ausgeprägt, doch sie neigen dazu, ihnen nahestehende Menschen allzu sehr einzuengen. Zwar sind sie flexibel und anpassungsfähig, doch sie erleben die Interessen anderer als Missvergnügen.

Stärker gefühlsbetonte Personen identifizieren sich stark mit ihren Aufgaben, dabei überfordern sie sich oft selbst und gehen sehr großzügig mit ihrer Zeit und Kraft und mit ihrem Geld um. Normalerweise sind sie leicht zufriedenzustellen, jedoch in Auseinandersetzungen ist ihre Reaktion manchmal unangemessen heftig.

Stärker Gefühlsbetonte sind offen und aufgeschlossen für verschiedene Meinungen. Sie wirken entspannt, warmherzig und locker. Ihre Beziehungen zu anderen sind emotional und geprägt von Spontaneität.[9]

[10]Personen, die sich tendenziell weniger gefühlsbetont verhalten, faszinieren andere mit ihrem kritischen klaren Sachverstand und ihrer Intellektualität; allerdings überfordern sie ihre Mitmenschen leicht mit ihrem Intellekt, weil sie meinen, sie müssten alles mitteilen, was Sie wissen.

Weniger gefühlsbetonte Personen halten eher Distanz zu ihren Mitmenschen und beengen sie nicht, sie lösen dadurch aber bei anderen oft Distanz aus. Sie tragen gerne Verantwortung, aber sie neigen dazu, andere zu unterdrücken. Sie haben Schwierigkeiten, Menschen zu verstehen; deshalb sind sie oft isoliert.

Von Problemen lassen sie sich nicht beeindrucken, sie lösen sie. Positive Gefühle bringen sie nicht durcheinander, doch sie können nur schwer Gefühle in Worte fassen. Bei Kränkungen und Widerspruch zeigen sie ihre Gefühle, dann sind sie empfindlich, aggressiv und verletzend. Sie haben Kraft und überzeugen durch Sachargumente.

Weniger Gefühlsbetonte verhalten sich korrekt und formell. Sie kommunizieren faktenbezogen und aufgabenorientiert. Sie wirken reserviert, diszipliniert und rational. Sie handeln planend und kontrolliert.[11]

Bevorzugtes Verhalten

Indem die beiden Einschätzungen zum Ausmaß des bestimmenden Verhaltens sowie des gefühlsbetonten Verhaltens miteinander verbunden werden, lassen sich die Verhaltensstile von Personen genauer fassen.

Bildlich werden die zuvor markierten Pfeile aufeinandergelegt, so dass vier Quadranten entstehen, die jeweils eine Bezeichnung für ein spezielles Verhaltensprofil erhalten:

  • „Verbindlicher“ für das tendenziell weniger bestimmende und stärker gefühlsbetonte Verhalten
  • „Expressiver“ für das tendenziell stärker bestimmende und stärker gefühlsbetonte Verhalten
  • „Macher“ für das tendenziell stärker bestimmende und weniger gefühlsbetonte Verhalten
  • „Analytiker“ für das tendenziell weniger bestimmende und weniger gefühlsbetonte Verhalten

Mit einigen Betrachtungen von Gestik und Mimik oder von angesprochenen Themen einer Person lässt sich ihr Verhaltensprofil recht treffend einschätzen, zum Beispiel das bevorzugte Verhalten einer Freundin oder eines Freundes, einer Kollegin oder eines Kollegen.

Bei der Einschätzung des Profils sind die Perspektiven zum Verhalten strikt voneinander zu trennen: Zunächst ist das bestimmende Verhalten und dann das gefühlsbetonte Verhalten zu betrachten.

Die beiden Polaritätsprofile können die Einschätzung erleichtern, wenn in jeder Zeile angekreuzt wird, was am besten zum Verhalten der Person passt.

Die Summen der Einschätzungen A bis D sowie 1 bis 4 ergeben die Auswertung:

  • Ist die Summe der Spalten A und B höher als die von C und D, ist der linke Teil relevant, anderenfalls der rechte.
  • Ist die Summe der Spalten 3 und 4 höher als die von 1 und 2, ist der obere Teil relevant, anderenfalls der untere.

Zusammen genommen ergibt sich aus den vertikalen und horizontalen Summen ein Verhaltensprofil in einem der Quadranten.

Ist die Summe der Spalten A beziehungsweise D und die Summe der Spalten 1 beziehungsweise 4 größer als von B beziehungsweise C und von 2 beziehungsweise 3, ist der Verhaltensstil stärker ausgeprägt, anderenfalls geringer.

Verbindliche[12] [13] [14]

Personen mit dem Verhaltensprofil eines Verbindlichen, die sich also weniger bestimmend und stärker gefühlsbetont verhalten, werden als angenehme Menschen empfunden. Sie wirken zurückhaltend, warmherzig und rücksichtsvoll. Sie sind geduldig, tolerant und bescheiden, sie müssen nicht im Mittelpunkt stehen. Sie vertrauen anderen Menschen. Sie handeln überlegt, eher zögernd. Sie sind einfühlsam und können eine gute Atmosphäre schaffen, man mag sie einfach.

Verbindliche mögen andere Menschen und das Leben. Sie schätzen die schönen Seiten des Lebens, was man ihnen auch ansieht: Sie wirken meist eher rundlich und gemütlich. Verbindliche haben eine einladende Körpersprache. Ihre Bewegungen und Gesten wirken stets freundlich und harmonisch. Sie begegnen anderen mit offenem Blick und sprechen meist mit leiser, sanfter Stimme, eher langsam und vorsichtig. Auf Äußerlichkeiten legen Verbindliche keinen großen Wert, auch bei ihrer eher legeren Kleidung nicht, denn nicht alles muss immer perfekt sein.

Verbindliche suchen Zustimmung und Stabilität, sie vermeiden Risiken und mögen keine plötzlichen Veränderungen. Sie sind glücklich über Konsens, Konflikte und Unsensibilität sind ihnen zuwider. Sie wollen freundlich behandelt, akzeptiert und ausführlich gelobt werden. Angetrieben werden sie von dem Wunsch dazuzugehören und ihrem Bedürfnis nach Sicherheit. Ihr Hauptmotiv ist das Herstellen von Harmonie.

Sie sind gute und angenehme Zuhörer, nur selten unterbrechen sie ihre Gesprächspartner. Sie kommunizieren stets höflich, manchmal etwas umständlich. Sie fragen viel und bitten freundlich. Verbindliche möchten anderen nicht wehtun, deshalb kritisieren sie selten und vermeiden verletzende Aussagen oder Stellungnahmen.

Unter Druck leiden Verbindliche. Sie geben dann vordergründig nach und ärgern sich hinterher darüber. Später „rächen“ sie sich dann. Überhaupt ist das freundliche Verhalten der Verbindlichen nicht falsch zu interpretieren: Sie sind zäh und ausdauernd und erreichen ihre Ziele am Ende doch, wenn auch oft auf Umwegen.

Initiativ zu sein fällt Verbindlichen schwer, genauso wie sich zu entscheiden und ihre Entscheidungen konsequent durchzusetzen. Am liebsten hätten sie Garantien, dass sich alle mit ihren Entscheidungen wohlfühlen.

Anderen Menschen machen sie es leicht, in Kontakt mit ihnen zu treten. Sie reagieren freundlich, geben sich warm und offenherzig. Sie stellen Beziehungen über alles andere, sind liebenswert, oft etwas schüchtern. Sie stellen schnell eine herzliche Atmosphäre her, in der es sich gut und vertrauensvoll arbeiten lässt.

Verbindliche sind zuverlässig und loyal, ideale Teamarbeiter, denen Vertrauen und eine gute Atmosphäre Voraussetzung für gute Leistungen sind; dann arbeiten sie gewissenhaft und beständig. Sie ordnen sich leicht ein, sind hilfsbereit und unterstützen andere gern, dabei stellen sie eigene Wünsche zunächst zurück.

Durch ihre Empathie sind Verbindliche gut im Vermitteln gegensätzlicher Auffassungen und Positionen, sie schaffen es oft besser als andere, gegensätzliche Meinungen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen und Kompromisse zu erzielen, die von den Beteiligten akzeptiert werden. In gespannten Situationen können sie die Gemüter beruhigen.

Verbindliche bleiben in ihrer Komfortzone, wenn sie auch in ihrem Beruf sich warmherzig, zurückhaltend, tolerant zeigen können. Sie fühlen sich wohl, wenn sie in einem Team arbeiten, anderen zuhören und ihnen helfen können, wenn sich ihre vorsichtige Zögerlichkeit nicht nachteilig auswirkt und ihre Nachgiebigkeit nicht überstrapaziert wird – zum Beispiel als Erzieher, Seelsorger, Mediziner oder Pfleger.

In ihrem Büro sind Verbindliche zufrieden mit einer Standardeinrichtung. An den gerne in warmen Pastelltönen gehaltenen Wänden hängen Bilder und Urlaubskarten, vielleicht ein Familienfoto. Der Schreibtisch ist ordentlich und sauber. Im Raum steht eine Pflanze. Nippes, oft Plüschtiere, geben einen privaten Akzent, womöglich ergänzt durch Hinweise auf ein Hobby. Für Besucher stehen Süßigkeiten bereit.

Verbindliche wollen niemanden verletzen, also vermeiden sie Sportarten, zu denen intensiver Körperkontakt gehört. Sie entscheiden sich lieber für einen Sport, der andere auf Abstand hält, zum Beispiel Tischtennis oder Bowling. Als Gesellschaftsspiel mögen sie das klassische „Mensch ärgere dich nicht“, bei dem sie anderen auch mal den Vortritt lassen können.

Im Umgang mit anderen wirkt ihre ausgeprägte Empfindsamkeit und ihre Unentschlossenheit manchmal hinderlich. Ihre Umgebung wünscht sich oft von ihnen mehr Spontaneität und Aktivität. Doch Verbindliche nehmen nur ungern eindeutig Stellung, sagen nicht gern klar ihre Meinung und entscheiden nur schwer. Sie wollen es jedem recht machen. Auch wünschen sich ihre Mitmenschen mehr Fähigkeit, Druck auszuhalten, statt nachzugeben und unproduktiv zu werden. Verbindliche könnten sich und anderen den Umgang miteinander vereinfachen, wenn sie neben dem Persönlichen auch das Sachliche akzeptieren würden.

Verbindliche könnten sich das Leben erleichtern, wenn sie darauf achteten, mit wem sie über Gefühle sprechen und mit wem nicht, und ihre Aufgaben erledigten, ohne den Gefühlen anderer oberste Priorität einzuräumen, wenn sie öfter nein sagen, mehr delegieren und ihre Wünsche klarer äußern würden. In ihrer Kompromisszone könnten sie lernen, selbstbewusster aufzutreten, entschlossener zu handeln und sich mehr durchzusetzen. Würden sie Neuem offener gegenüberstehen und sachlicher sein, könnten sie mehr Risiken eingehen.

Expressive[15] [16] [17]

Personen mit dem Verhaltensprofil eines Expressiven, die sich also stärker bestimmend und stärker gefühlsbetont verhalten, werden als anregende Menschen empfunden. Sie lieben Spaß und Abwechslung, sind leicht zugänglich und gehen aus sich heraus. Sie haben Geschmack und Sinn für Stil. Sie packen Dinge sofort an, sind initiativ und spontan. Expressive sind extrovertiert, optimistisch und leicht zu begeistern. Sie sind originell in Sprache, Auftreten und Denken. Es ist ein Vergnügen, sie um sich zu haben.

Expressive sprechen lebhaft, bewegungsintensiv, mit lebhaften, umfangreichen und ausladenden Gesten und ausgeprägter, meist amüsanter Mimik. Expressive Männer sind oft athletisch und bullig. Expressive Frauen hingegen sind nicht selten zierlich, aber unwiderstehlich in ihrer geballten Energie. Expressive sprechen mit lauter Stimme, schnell und bestimmend, schwungvoll und mit starker Modulation. Sie tragen gern nonkonforme, auffällige und doch modische Kleidung; außergewöhnlich soll sie sein.

Expressive streben nach Prestige und sind glücklich über erhaltenen Beifall. Gleichförmigkeit und Routine sind ihnen zuwider. Sie strengen sich nicht gerne an und ihnen fällt schwer, Sachverhalte ausführlich von allen Seiten zu betrachten. Sie brauchen Anreize. Hierarchie, Prominenz, Vorbilder sind ihnen wichtig – und Sichtbarkeit. Andere sollen ruhig wissen, wer Spitzenleistungen erbringt und wer der Beste ist. Sie wollen beliebt sein, gelobt und bewundert werden. Angetrieben werden sie von ihrem Bedürfnis nach Anerkennung. Ihr Hauptmotiv ist, Applaus zu erhalten.

Wenn ein Expressiver die Szene betritt, dann merkt jeder sofort: Er oder sie ist da! Expressive stehen gerne im Mittelpunkt, sie haben etwas zu sagen und sie sagen es auch, und zwar auf eine Weise, die andere zum Zuhören zwingt. Sie sprudeln vor Ideen und reden gerne und viel – am liebsten über sich selbst. Sie können hinreißend erzählen mit einer originellen, oft recht blumigen Sprache. Sie sind Weltmeister in dramatischer Darstellung. Sie lieben Konversation, lachen viel und machen gern Komplimente. Sie zeigen ihre Emotionen: Sie sind entweder euphorisch oder todunglücklich. Sie können aufbrausend, verletzend und beleidigend werden, aber sie sind nicht nachtragend und vergessen schnell.

Expressive entscheiden schnell, intuitiv und mit Fantasie. Sie haben Mut zum Risiko und brauchen nicht sämtliche relevanten Fakten, eher orientieren sie sich an Vorbildern.

Sie sind schnell, energisch und ausgesprochen kreativ. Das Gewöhnliche, Gestrige langweilt sie. Sie blicken gerne visionär in die Zukunft und wollen sie mit Großzügigkeit und Innovationsgeist gestalten. Für alles Neue und Ungewöhnliche treten sie mit ausgeprägtem Enthusiasmus und großer Überzeugungskraft ein und begeistern andere, reißen sie mit.

Expressive sind außerordentlich kontaktfreudig, initiieren Beziehungen und Geschäfte. Sie gehen auf andere zu oder blicken interessiert in die Runde. Sie können gut mit anderen umgehen.

Sie arbeiten gern mit Menschen zusammen, mit lockeren Sprüchen und guter Stimmung. Sie messen sich gern mit anderen, spielen gern, aber müssen dabei selbstverständlich gewinnen. Um Zeitrestriktionen und Einzelheiten kümmern sie sich nicht gern, aber wenn sie es tun, dann fürchten andere die Auswirkungen. Sie reagieren empfindlich auf kleinliche Kritik und sind dann leicht beleidigt.

Expressive bleiben in ihrer Komfortzone, wenn sie auch in ihrem Beruf mit Menschen zu tun haben, wenn sie ihre Eloquenz einsetzen können, ihre gestenreiche Ausdrucksstärke. Sie fühlen sich wohl mit möglichst vielen unterschiedlichen persönlichen Kontakten zu anderen. Sie brauchen ein Umfeld, das ihre Aggressivität und ihre gelegentlichen cholerischen Entgleisungen toleriert – zum Beispiel im Marketing, als Verkäufer, als Designer oder Künstler.

Expressive haben ihr Büro am liebsten individualisiert ausgestattet: etwa mit einem besonderen Telefon. Auf ihrem großen Schreibtisch herrscht Unordnung und liegen exklusive Schreibutensilien. An den in möglichst grellen Farben gehaltenen Wänden hängen Urkunden, wahrscheinlich ein Familienfoto und möglicherweise auch Bilder, die auf ihr Hobby hinweisen. Stehen Pflanzen im Raum, sind sie vermutlich welk. Durch die meist geöffnete Tür ist ein einladender Besprechungstisch zu sehen.

Expressive mögen beim Sport das Schnelle, Wilde, Laute. Risiko darf gerne dabei sein und auch Schweiß. Als ihren Sport wählen sie deshalb gerne Squash oder Autorennen. Als Spiel am Tisch freuen sie sich, wenn es hoch hergeht und genügend Gelegenheit für Spaß und Konversation bleibt, was etwa beim Würfeln möglich ist.

Ihre Emotionalität steht Expressiven manchmal im Weg. Auf andere wirken ihre Showeffekte mithin übertrieben und ihr Umfeld wünscht sich von ihnen manchmal leisere Töne, weniger Phrasen und kürzere Monologe. Ihre Impulsivität macht Expressive allzu empfindlich und hindert sie, Geduld und Beständigkeit zu entwickeln. Mit weniger Nachlässigkeit, mehr Disziplin und mehr Interesse an Details könnten sie besser organisieren.

Expressive könnten sich und anderen das Leben erleichtern, wenn sie ihre Gefühle besser kontrollierten, Kritik annähmen, sich weniger ablenken ließen und überlegter, logischer und vorhersehbarer handelten, auch wenn sie schneller zur Sache kämen. Wären sie etwas zurückhaltender und würden sie versuchen, objektiver zu sein, wären sie zufriedener. In Ihrer Kompromisszone könnten sie lernen, systematischer vorzugehen und ihre Zeit besser zu planen, mehr Zeit darauf zu verwenden zu organisieren, Fortschritte zu überwachen und Angefangenes zu Ende zu führen. Dann fiele ihnen auch leichter, ihre Versprechen einzuhalten.

Macher[18] [19] [20]

Personen mit dem Verhaltensprofil eines Machers, die sich also stärker bestimmend und weniger gefühlsbetont verhalten, werden als dominant und aggressiv empfunden. Sie wirken geradlinig, energisch und effektiv. Sie betrachten sich und ihre Umgebung außerordentlich objektiv und realistisch und handeln zielgerichtet und schnell.

Die Körpersprache der Macher wirkt souverän, überzeugt und überzeugend. Sie stehen mit festem Stand, fast militärisch. Ihre Gesten sind knapp und klar, ihre Mimik ist sachlich und konzentriert, ihr Blick fest. Sie sprechen klar und sachlich, oft mit lauter Stimme und wenig Modulation. Ihre Diktion wirkt aggressiv und bestimmend. Sie kleiden sich meist konservativ-exklusiv und geschmackvoll.

Macher sind aus sich heraus motiviert, progressiv und streben nach Produktivität und Kontrolle, nach Einfluss. Sie wollen unabhängig sein und brauchen Freiheit. Sie sparen gerne Zeit, deshalb sind ihnen Unklarheit und Unentschlossenheit zuwider. Sie reagieren ärgerlich, wenn jemand versucht, sie zu bevormunden. Angetrieben werden sie von dem Willen zu gewinnen. Wenn sie Ziele erreicht haben, akzeptieren sie auch Lob. Ihr Hauptmotiv ist, Macht auszuüben.

Sie kommen schnell zum Thema und sagen deutlich, was sie wollen. Sie unterbrechen ihre Gesprächspartner häufig. Wegen ihrer Ungeduld fällt ihnen schwer, intensiv zuzuhören. Ihre Inhalte vermitteln sie kurz und eindeutig. Sie sprechen eine klare Sprache.

Macher sind stark und arbeiten hart. Sie nehmen Aufgaben als Herausforderungen und erfüllen sie selbstbewusst und konkurrenzorientiert. Dabei legen sie Wert auf Ergebnisse. Sie lieben alles, was sie vorwärtsbringen können.

Macher lieben neue Ideen und Risiken und das Entscheiden aufgrund von Optionen. Ihre Entschlüsse setzen sie zielstrebig und mit großem Durchsetzungsvermögen um.

Wenig ausgeprägt ist ihre Bereitschaft zur Teamarbeit. Macher ordnen sich ungern unter. Sie gestalten ihre Beziehung zu anderen sachlich und ergebnisorientiert. Sie ergreifen die Initiative, reagieren schnell auf andere und zögern nicht, die Äußerungen und Handlungen anderer zu korrigieren, zu modifizieren oder ihnen zu widersprechen.

Macher wollen Verantwortung, sie sind geborene Führungspersönlichkeiten. Ihre Ungeduld und Eile stoßen zwar oft auf Unverständnis, doch sie lassen keinen Zweifel daran, wer das Sagen hat. Sie definieren Ziele und erwarten, dass sie erreicht werden. Sie verlangen eher die Umsetzung ihrer Entscheidungen als andere dafür zu gewinnen.

Macher bleiben in ihrer Komfortzone, wenn sie auch in ihrem Beruf herausfordernde Aufgaben sehen, wenn sie ihre Dominanz einsetzen, für das Erreichen von Zielen sorgen und überhaupt erfolgreich sein können. Sie brauchen Menschen um sich, die sie klar und prägnant informieren und die ihr autokratisches Verhalten verkraften. – Sie fühlen sich wohl als Führungskraft, Selbstständige oder Manager.

Macher richten ihr Büro gerne individuell ein, am liebsten mit einer schallgedämmten Tür. Der Raum wird von eher kühlen Farben dominiert, er macht einen aufgeräumten, gepflegten Eindruck. Eventuell hängen abstrakte Bilder an den Wänden, eher jedoch findet sich dort Arbeitsmaterial. Besondere Gegenstände ziehen die Aufmerksamkeit auf sich.

Macher mögen exklusive Sportarten, bei denen sie autark agieren können; wenn ein Helfer sie dabei begleitet und unterstützt, umso besser. Deshalb gehören Golf und Schießen zu ihren sportlichen Favoriten. Bei Brettspielen sind sie gerne in der Managerrolle, was ihnen zum Beispiel „Monopoly“ gut ermöglicht.

Ihre Unsensibilität hindert sie, sich geduldig und rücksichtsvoll ihren Mitmenschen gegenüber zu verhalten. Würden sie mehr auf das Miteinander achten und Rücksicht nehmen, ihre Entscheidungen erklären, hätten sie in ihren Beziehungen womöglich mehr Gefühlswärme. Auch wäre der Umgang mit ihnen leichter, würden sie auf Einschüchterung anderer verzichten.

Macher könnten sich und anderen das Leben erleichtern, wenn sie mehr Gelassenheit zeigten und ihr Tempo zügelten, wenn sie Richtlinien nicht wie Dogmen behandeln würden und insgesamt überlegter und vorsichtiger handelten. Wenn sie Zeit sparen würden, indem sie gelegentlich eine schnelle Lösung anwenden, könnten sie mehr Sensibilität und Empathie entwickeln. In ihrer Kompromisszone könnten sie lernen, offener und geduldiger zuzuhören und Meinungen anderer zu akzeptieren, vielleicht sogar anderen aufrichtige Anerkennung auszusprechen.

Analytiker[21] [22] [23]

Personen mit dem Verhaltensprofil eines Analytikers, die sich also weniger bestimmend und weniger gefühlsbetont verhalten, werden als zurückhaltend und schwer zugänglich empfunden. Sie wirken kontrolliert und sachlich, recht kühl und unpersönlich. Sie beeindrucken mit ihrer Präzision und ihrem Perfektionismus.

Die Körpersprache der Analytiker strahlt Gradlinigkeit aus. Sie zeigen kaum Emotionen. Ihre Haltung wirkt insgesamt eher verschlossen, abweisend und steif. Ihre Mimik und Gestik beschränkt sich auf das Nötigste. Ihr Gesichtsausdruck bleibt eher stoisch und streng. Da sie kaum Blickkontakt suchen, erscheinen sie anderen oft ernst oder hart oder distanziert. Sie sprechen sachlich, mit leiser Stimme und nur geringer Modulation. Ihre eher konservative, aber situationsgerechte und zweckmäßige Kleidung halten sie in gedeckten Farben, sie ist nicht immer geschmackvoll und oft abgetragen.

Analytiker streben nach Genauigkeit und Sorgfalt, dabei neigen sie zu Pedanterie. Sie mögen gar nicht, kritisiert zu werden, doch sie selbst tendieren dazu, überkritisch zu sein. Ausgeprägt sind ihre Fähigkeiten, zu planen und zu analysieren; auf Überraschungen reagieren sie negativ. Glücklich sind sie über logische Erklärungen, Unordnung ist ihnen zuwider. Sie benötigen Klarheit und wollen für ihre Detailtreue gelobt werden. Angetrieben werden sie von ihrem Wunsch nach Fortschritt. Ihr Hauptmotiv ist, Respekt zu erwirken.

Sie mögen keine leichte Konversation, deshalb kommen sie schnell zum Thema. Ihre Kommunikation ist ruhig und ausgeglichen. Sie sprechen wenig, sie stellen eher Fragen. Sie bemühen sich stets um die richtigen Worte und zuweilen neigen dazu, sich sehr detailliert auszudrücken. Ihre Sprache ist sehr präzise und logisch.

Analytiker konzentrieren sich auf möglichst nur eine Sache und geben Prozess und Methode Priorität vor der bloßen Zielerreichung. Sie haben ein scharfes Wahrnehmungsvermögen für Kleinigkeiten. Mit Grundsatztreue und Realitätssinn lösen sie ihre Aufgaben präzise, gründlich und erschöpfend. Emotionen sondern sie als unsachlich aus.

Sich zu entscheiden fällt Analytikern schwer. Sie sind skeptisch und vorsichtig. Um sich zu etwas zu entschließen, benötigen sie logische Beweise und eindeutige Kausalitäten.

Mit Analytikern Kontakt aufzunehmen gestaltet sich schwierig – wegen ihres grundsätzlichen Misstrauens. Ihre sozialen Kontakte sind geprägt von Förmlichkeit und Sachlichkeit. Ihre wenigen etablierten Beziehungen sind dauerhaft und belastbar.

Analytiker arbeiten diszipliniert und umsichtig, strukturiert und systematisch – zwar für ihren Chef und die Sache, aber gerne unabhängig. Sie sammeln Informationen, klären und überprüfen sie. Sie verlassen sich lieber auf Analysen als auf Emotionen. Sie kennen alle einschlägigen Vorschriften und halten sie ein. Sie kontrollieren sich und andere.

Analytiker bleiben in ihrer Komfortzone, wenn sie auch in ihrem Beruf sachorientiert und ruhig arbeiten können, wenn sie Kontrolle über die Abläufe haben und sich alle diszipliniert verhalten. Kontakt mit anderen brauchen sie wenig; wenn Informationsaustausch notwendig ist, dann soll er ernsthaft, eher kühl und unpersönlich gestaltet sein, und niemand soll sich an ihren manchmal ausweichenden Auskünften stören. – Sie fühlen sich zum Beispiel wohl als beamtete Sachbearbeiter, Controller oder Physiker, können sich aber auch mit Buchhaltung oder Steuerfragen befassen.

Analytiker nutzen in ihrem Büro eine Standardeinrichtung. An den weißen Wänden hängen keine Bilder. Der Raum wirkt kahl und aufgeräumt, extrem ordentlich. Sämtliche Ordnerrücken sind sauber beschriftet und alle benötigten Utensilien liegen wohlgeordnet zum Gebrauch bereit.

Analytiker brauchen, wenn sie Sport treiben, keine anderen, die mitmachen, sie sind lieber unabhängig; sprechen wollen sie dabei ohnehin nicht. Also entscheiden sie sich gerne für Ausdauer-Sportarten, zum Beispiel für Laufen oder Schwimmen. Spiele der Wahl für Analytiker, sofern sie sich überhaupt aufs Spielen einlassen, sind zum Beispiel Dame, Halma oder am liebsten Schach.

Ihr Realitätssinn behindert ihre Kreativität. Wenn sie nicht immer auf gründlichen, schlüssigen Informationen bestehen würden, bevor sie eine Aufgabe beginnen, könnten sie schneller Entscheidungen treffen oder sogar improvisieren. Der Umgang mit ihnen wäre leichter, würden sie lernen, mit Gefühlen anderer umzugehen, Druck standzuhalten, oder gar Beziehungen zu anderen aufbauen und nicht unbedingt Präzision und Details auch von anderen erwarten. Auch wäre der Umgang mit ihnen leichter, würden sie in der Zusammenarbeit mehr nach Gemeinsamkeiten suchen.

Analytiker könnten sich und anderen das Leben erleichtern, wenn sie offener zeigten, dass sie andere wahrnehmen und respektieren. Wenn sie ihre Emotionen besser beachten würden, könnten sie mehr Lebensfreude zeigen und selbstsicherer auftreten. In ihrer Kompromisszone könnten sie lernen, schneller zu handeln, Entscheidungen nicht hinauszuschieben und mutiger zu sein. Wenn Sie großzügiger dächten und mehr Übersicht zeigten, könnten sie mehr Kreativität entwickeln und vielleicht sogar neue Projekte vorschlagen.

Interaktion

Menschen nehmen ihr eigenes Verhalten anders wahr als ihre Mitmenschen. Deshalb unterscheiden sich Selbstbild und Fremdbild einer Person.

Vor allem Einschätzungen des eigenen Verhaltens, die potenziell den Selbstwert erhöhen oder herabsetzen können, werden nicht in gleicher Weise verarbeitet: Als positiv bewertete Verhaltensweisen werden auf eigene Fähigkeiten zurückgeführt, negative Verhaltensweisen auf externe Faktoren.[24]

Einschätzungen des Verhaltens einer anderen Person entstehen nur aus einem Ausschnitt von deren Verhaltensweisen und sind geprägt von den Werten der einschätzenden Person. Was einer Person an sich selbst positiv erscheint, kann von einer anderen Person negativ bewertet werden – und umgekehrt.

Verbindliche, Expressive, Macher und Analytiker sehen sich und ihr Verhalten anders als ihre Mitmenschen. Ihr Verhalten bewerten sie normalerweise eher positiver als andere.

Selbstbild der Verbindlichen

  • loyal
  • leicht einzuschätzen
  • teamfähig
  • zuverlässig
  • geduldig
Fremdbild der Verbindlichen

  • unterwürfig
  • unflexibel
  • opportunistisch
  • unselbstständig
  • leicht auszunutzen
Selbstbild der Expressiven

  • ideenreich
  • enthusiastisch
  • emotional
  • großzügig
  • einflussreich
Fremdbild der Expressiven

  • sprunghaft
  • theatralisch
  • unsachlich
  • verschwenderisch
  • manipulierend
Selbstbild der Macher

  • entschieden
  • schnell
  • energisch
  • anspruchsvoll
  • selbstbewusst
Fremdbild der Macher

  • beherrschend
  • unterdrückend
  • autoritär
  • überfordernd
  • arrogant
Selbstbild der Analytiker

  • genau
  • systematisch
  • diplomatisch
  • beherrscht
  • analytisch
Fremdbild der Analytiker

  • pedantisch
  • unflexibel
  • umständlich
  • unbeteiligt
  • bremsend

Im alltäglichen Umgang harmonieren die verschiedenen Verhaltensstile durchaus unterschiedlich miteinander. Die Komfortzone des einen kann für einen anderen bereits Kompromisszone sein oder sogar Panikzone.

Beste soziale Harmonie entsteht meist zwischen gleichen Verhaltensprofilen. Sie verstehen einander und fühlen sich verstanden.

  • Expressive harmonieren bestens mit Expressiven. Ihr gemeinsames Vergnügen an Spaß und Abwechslung, ihre spontane Begeisterung für alles Neue und ihr origineller Ideenreichtum sind immer Grund genug für wechselseitigen Applaus.
  • Verbindliche harmonieren bestens mit Verbindlichen. Ihr offenherziges Vertrauen zueinander, ihre ruhige Beständigkeit und ihre freundliche Kommunikation schaffen und erhalten die angenehme Atmosphäre, in der sie sich wohlfühlen.
  • Analytiker harmonieren bestens mit Analytikern. Ihre detaillierte Genauigkeit, ihre präzise Ordnung und Ihre kommunikative Zurückhaltung respektieren sie jeweils auch beim anderen.

Mittlere soziale Harmonie entwickeln Verhaltensstile zueinander, wenn die Komfortzone des einen eher in der Kompromisszone des anderen liegt.

  • Zwischen Machern entsteht Konkurrenz. Trotz des Verständnisses für den jeweils anderen stößt das Dominanzbedürfnis auf die Abneigung gegen Bevormundung. Unterschiedliche Ziele sorgen für Reibungen. Gewinnen kann nur einer.
  • Zwischen Verbindlichen und Analytikern entstehen kaum Konflikte, weil sie beide nicht immer bestimmen müssen. Doch die sprachliche Ungenauigkeit kann sich mit dem Streben nach sprachlicher Präzision reiben und Diskrepanzen können sich beim Aufeinandertreffen von Emotionalität und Sachlichkeit ergeben. Die gemeinsame soziale Basis ist eher gering, ebenso wie die Entschlossenheit, sie zu erweitern.
  • Den geballten Elan der Expressiven empfinden Verbindliche oft als Druck. Das Bedürfnis nach Veränderung trifft auf das Streben nach Beständigkeit, Unsensi­bilität auf Sensibilität, Risikobereitschaft auf Vorsicht. Diese Konstellation ist auch bei hoher Integrationsfähigkeit anstrengend.
  • Treffen Expressive auf Macher, begegnen sich Sprunghaftigkeit und Zielstrebig­keit, Nachlässigkeit und das Streben nach Klarheit. Emotionalität und Sachlichkeit trennen sie und beide wollen gewinnen.

Am wenigsten passen Verhaltensprofile zueinander, deren Komfortzone in die Panikzone des jeweils anderen reicht:

  • Die indifferente Unentschlossenheit Verbindlicher steht der unbeugsamen Zielstrebigkeit der Macher diametral entgegen. Die Empfindsamkeit leidet unter der ausgeprägten Dominanz. Langsamkeit und Schnelligkeit im Handeln passen so wenig zusammen wie der freundliche Altruismus und die egozentrische Willensstärke.
  • Wenn Expressive mit Analytikern zusammenkommen, trifft Darstellungsfreude auf Zurückgezogenheit. Enthusiasmus und disziplinierte Rationalität stoßen einander ab. Die Freude an legerer Konversation verträgt sich nicht mit vernunftgetriebenem Informationsaustausch. Die grundsätzliche Abneigung, kritisiert zu werden, ist völlig inkompatibel mit dem Drang zu kritisieren.
  • Beim sozialen Miteinander von Machern und Analytikern kontrastieren ergebnisgetriebene Schnelligkeit mit pedantischer Fundiertheit, der Hang zur Übersicht mit dem Drang nach Details. Die stetig antreibende Initiative verträgt sich schlecht mit der zeitaufwendigen Akribie.

Auch für die Produktivität gibt es günstigere und weniger günstige Kombinationen der Verhaltensprofile.

Für die beste Produktivität sorgen meist die Verbindlichen, weil sie ihre Absichten hinter die der anderen zurückstellen und auch auf eigene Kosten Harmonie herstellen:

  • Verbindlichen tolerieren das Ausschweifen Expressiver. Sie unterstützen ihre immer wieder neuen Ideen, auch wenn sie um die Kürze deren Relevanz wissen. Sie spenden Expressiven den gewünschten Applaus, auch für Winzigkeiten.
  • Auch wenn sensible Verbindliche unter dem permanenten Antreiben der Macher leiden, so gebietet ihre Loyalität doch, sie nach besten Kräften zufriedenzustellen. Sie entlasten Macher von allem scheinbar Unwichtigem und erfüllen sämtliche Aufträge mit geduldiger Zuverlässigkeit.
  • Verbindliche unterstützen Analytiker, die ihre Aufgaben nicht schnell genug bewältigen. Sie stören die für das Arbeit notwendige Ordnung nicht. Sie beteuern ihren Respekt vor ihren Leistungen, die Analytiker von anderen nicht erfahren.

Nur mittlere Produktivität erreichen Kombinationen von Verhaltensstilen, deren Initiative weniger ausgeprägt ist und die sich nicht unbedingt auf Leistung fokussieren:

  • Verbindliche untereinander sind sehr beschäftigt mit ihrer Harmonie und mit dem Ambiente ihrer Situation, weniger mit ihrer Produktivität. Die Befindlichkeiten anderer sind interessanter als ihre Arbeitsaufgaben.
  • Analytiker untereinander sind mit ihrer Perfektion beschäftigt, dabei stören sie sich nicht. Wichtiger als das Tempo sind Ergebnisse, die jegliche Kritik aushalten – allumfassend und abgesichert bis ins Kleinste. Zudem brauchen sie viel Zeit, um Ordnung zu halten und systematisch zu planen.
  • Die scheinbar oberflächliche Nachlässigkeit und die schnell nachlassende Euphorie Expressiver ergänzt sich nur schwer mit der pedantischen Perfektion und der geduldigen Beständigkeit von Analytikern. Die wechselseitige Kritik am Verhalten des jeweils anderen schmälert die Möglichkeiten sich ergänzender Leistung.

Ausgeprägte Dominanz hindert produktives Arbeiten, wenn sie nicht von anderen Verhaltensstilen abgefedert wird:

  • Expressive untereinander bleiben in ihrer Komfortzone, die sich mehr mit sich selbst als mit anstehenden Aufgaben beschäftigt. Sie haben Spaß miteinander und ihre umfangreiche Kommunikation nimmt viel Zeit in Anspruch. Ihre sprunghafte, kurzfristige Begeisterung verhindert notwendige Gründlichkeit.
  • In der Zusammenarbeit von Expressiven und Machern stößt großspurige Darstellung auf knappe Prägnanz. Auseinandersetzungen schmälern die Produktivität, sie kosten den Beteiligten zu viel Energie. Die Konzentration auf das Binnenverhältnis hindert den Blick auf das Gesamte.
  • Ein produktives Miteinander von Machern wird gelähmt von der Frage: Wer hat das Sagen? Auseinandersetzungen um Ziele und das richtige Vorgehen stehen im Vordergrund. Der Kampf um die Macht schiebt die Produktivität in den Hintergrund. Gewinnt ein Macher die Oberhand, schiebt er einen anderen Macher in dessen Panikzone.
  • Sachlichkeit und klare Rollenverteilung zwischen Machern und Analytikern könnte ihre Produktivität fördern. Doch die für den Analytiker notwendige Detailorientierung ist für das schnelle und risikobereite Handeln des Machers strapaziös. Die als Unterdrückung empfundene Dominanz des Machers führt Analytiker zum Rückzug oder gar zum Boykott.

Modifikation des Verhaltens

In jedem Menschen schlummert das Verhaltensreservoir von Verbindlichen, Expressiven, Machern und Analytikern. Sie sind nur unterschiedlich gewohnt, Verhaltenstendenzen einzusetzen und fühlen sich mit ihnen unterschiedlich wohl.[25] Da Gewohnheiten veränderbar sind, lässt sich Verhalten modifizieren. In der Kompromisszone kann Verhalten ausprobiert werden, zu dem die Komfortzone zunächst nicht tendiert.

Bestimmendes Verhalten lässt sich so verstärken:

  • Früher zum Wesentlichen kommen
  • Von sich aus informieren
  • Eigene Ansichten klarer vertreten
  • Aus eigener Überzeugung handeln
  • Konversation beginnen

Bestimmendes Verhalten lässt sich so abschwächen:

  • Nach Meinung anderer fragen
  • Vor Entschlüssen verhandeln
  • Zuhören, ohne zu unterbrechen
  • Auf den Rhythmus anderer einstellen
  • Andere auch mal führen lassen

Gefühlsbetontes Verhalten lässt sich so verstärken:

  • Über Gefühle sprechen
  • Persönliche Komplimente machen
  • Sich auf Konversation einlassen
  • Geselliger sein
  • Mehr Zeit für Beziehungen verwenden
  • Auf freundlichere Körpersignale achten

Gefühlsbetontes Verhalten lässt sich so abschwächen:

  • Weniger sprechen
  • Begeisterung zurückhalten
  • Entscheidungen auf Fakten gründen
  • Mehr nachdenken
  • Anerkennen, was andere denken

Um ihre Interaktion, das Miteinander mit anderen und anderer mit ihnen, noch harmonischer zu gestalten, könnten Verbindliche versuchen, selbstbewusster aufzutreten, Wünsche zu äußern und öfter mal Nein zu sagen. Sie könnten mehr darauf achten, mit wem sie über Gefühle sprechen und mit wem nicht. Sie wären womöglich in der Lage, ihre Aufgaben zu erledigen, ohne den Gefühlen anderer oberste Priorität einzuräumen, vielleicht sogar mehr zu delegieren. Wenn sie versuchten, sachlicher zu sein, könnten sie entschlossener handeln und sich mehr durchsetzen. Wenn sie Neuem offener gegenüberstünden, könnten sie ihre Bereitschaft steigern, mehr Risiken einzugehen.

Um noch mehr Beifall für ihr Auftreten und ihre Interaktion mit anderen zu erhalten, könnten Expressive versuchen, ihre Gefühle etwas mehr zu kontrollieren und zu stabilisieren, überlegter zu handeln und objektiver zu sein. Sie könnten sich bemühen, schneller zum Wesentlichen zu kommen, sich nicht ablenken zu lassen, ihre Zeit besser zu planen und Angefangenes zu Ende zu führen. Sie könnten systematischer vorgehen, logischer und damit vorhersehbarer handeln und einfach mehr Zeit darauf verwenden zu organisieren. Sie wären vielleicht in der Lage, Kritik anzunehmen und ihre Versprechen auch einzuhalten. Wenn sie sich etwas zurückhaltender verhielten, könnten sie womöglich mehr Zufriedenheit finden.

Um ihren Einfluss auf andere zu stärken, könnten Macher versuchen, mehr auf das Miteinander zu achten, mehr Menschlichkeit zu zeigen, Rücksicht zu nehmen. Sie könnten mehr Geduld, Sensibilität und Empathie entwickeln, sich gelassener geben, wenn sie ihr Tempo etwas zügelten. Sie könnten sich Zeit nehmen, um ihre Entscheidungen zu erklären und ihre Erwartungen zu kommunizieren. Sie wären vielleicht in der Lage, offener und geduldiger zuzuhören und Meinungen anderer zu akzeptieren, ihnen womöglich aufrichtige Anerkennung auszusprechen. Wenn sie sich gar in andere hineinversetzten, könnten sie womöglich vorsichtiger und überlegter handeln.

Um sich noch mehr Respekt zu verschaffen könnten Analytiker versuchen, selbstsicherer aufzutreten und offener zu zeigen, dass sie andere wahrnehmen und respektieren, indem sie sie zum Beispiel um ihre Meinung fragen. Sie könnten vielleicht großzügiger denken und kreativer werden, wenn sie in der Zusammenarbeit nach einem gemeinsamen Nenner suchten oder gar neue Projekte vorschlügen. Sicher könnten sie schneller handeln, wenn sie Entscheidungen nicht hinausschöben. Wenn sie etwas mehr Mut zeigten und die eigenen Emotionen und die anderer beachteten, könnten sie womöglich mehr Lebensfreude entwickeln.

Jeder entscheidet selbst, welches Verhalten er modifizieren will, was umso leichter fällt, wenn bewusst ist, welcher Verhaltensstil der primäre ist und welcher der sekundäre.

Peter Hilbert

Quellen

[1] Pecaso
[2] Wilson Learning
[3] Konzepte. Das Riemann-Thomann-Modell
[4] Tony Alessandra, Michael J. O‘Connor. Die Platin-Regel
[5] Konzepte. Das Riemann-Thomann-Modell
[6] Tony Alessandra, Michael J. O‘Connor. Die Platin-Regel
[7] Wilson Learning
[8] Konzepte. Das Riemann-Thomann-Modell
[9] Tony Alessandra, Michael J. O‘Connor. Die Platin-Regel
[10] Konzepte. Das Riemann-Thomann-Modell
[11] Tony Alessandra, Michael J. O‘Connor. Die Platin-Regel
[12] Marston, Geier
[13] Wilson Learning
[14] Tony Alessandra, Michael J. O‘Connor. Die Platin-Regel
[15] Marston, Geier
[16] Wilson Learning
[17] Tony Alessandra, Michael J. O‘Connor. Die Platin-Regel
[18] Marston, Geier
[19] Wilson Learning
[20] Tony Alessandra, Michael J. O‘Connor. Die Platin-Regel
[21] Marston, Geier
[22] Wilson Learning
[23] Tony Alessandra, Michael J. O‘Connor. Die Platin-Regel
[24] Lars-Eric Petersen, Dagmar Stahlberg, Dieter Frey. Selbstwertgefühl
[25] Wilson Learning

Stress bekämpfen oder nutzen

Standard

Damit Eu-Stress nicht zu Dis-Stress wird

Stress ist Anspannung und Anspannung kann positiv wirken oder negativ. Positiv wirkt sie, wenn sie zu angenehmer Aktivität führt, negativ wirkt sie, wenn sie angenehme Aktivitäten beeinträchtigt. Während positiv empfundener Stress – Eu-Stress – durchaus stimulieren und bereichern kann, belastet negativer Stress – Dis-Stress – Körper und Psyche.

Stress ist die Verbindung von Anspannungsfaktoren – Stressoren – mit
psychisch-physischen Auswirkungen.

Welche Faktoren und wie viel davon Stress auslösen, ist abhängig von der individuellen Disposition einer Person und ihrer aktuellen Situation. Als Stressoren lösen sie körperliche, emotionale und gedankliche Reaktionen aus und beeinflussen das Verhalten.

Stressoren

  • Arbeitsaufgaben etwa können als Stressoren wirken, wenn sie hohe qualitative oder quantitative Anforderungen stellen und womöglich auf zu geringe Eignung oder mangelnde Berufserfahrung treffen, andererseits können sie eine willkommene Herausforderung sein. Ein gefordertes hohes Arbeitstempo als Stressor kann von einigen als Ermunterung, von anderen als Hektik oder Termindruck empfunden werden. Auch die Art der Aufgabenübertragung kann Stress auslösen – motivierend als Ansporn oder, wenn sie unklar ist, demotivierend als Unlust. Unerwartete Unterbrechungen – etwa durch Telefonate oder Besuche oder auch defekte Arbeitsmittel – können als Stressoren wirken, für die einen es als willkommene Abwechslung, für andere als Störungen. Stressig können Informationen wirken, sowohl zu wenige wie auch zu viele. Berufliche Misserfolge wirken oft als Stressoren – positiv, wenn sie als Möglichkeit gesehen werden, daraus zu lernen, negativ, wenn sie das Selbstvertrauen beeinträchtigen. Fehlen Erholung und Entspannung entsteht schnell Dis-Stress.
  • Als Stressor kann das Betriebsklima wirken. positiv oder negativ. Fachliche Pflichten und Führungsverantwortung können zu Stressoren werden – entweder als Belastung oder als Anreiz. Ebenso können Konkurrenzverhalten unter Mitarbeitern oder Konflikte mit Führungskräften oder Mitarbeitern für manche Antrieb sein, doch für andere hemmend wirken. Ebenfalls können Unterstützung, Anerkennung und Belohnung Stress auslösen – positiv wenn sie erwünscht sind, negativ wenn sie etwa als zu gering oder als übertrieben empfunden werden. Selbst Kritik und Enttäuschungen können sich als Stressoren positiv oder negativ auswirken – als Möglichkeit zu lernen oder als Versagen.
  • Auch aus der materiellen Umgebung können Stressoren wirken, manche nur negativ – zum Beispiel Lärm, Abgase, Sauerstoffmangel oder Umweltgifte –, andere positiv oder negativ – wie ein Wetterumschwung, Kälte oder Wärme. Stressoren, die aus Gefahren oder Notsituationen resultieren, werden meist als negativ empfunden, sind für einige jedoch erstrebenswerte Aufgaben – etwa für Extremsportler oder auch Rettungskräfte.
  • Stressoren können auch aus der sozialen Umgebung entstehen, etwa strukturelle oder räumliche Veränderungen im Unternehmen oder ein Wechsel der Mitarbeiter oder des Aufgabenbereichs, die manche als Belastung und andere als Erleichterung erleben. Das Alleinsein, das einige als Isolation oder Einsamkeit und andere als Entspannung erleben, kann ebenso zum Stressor werden wie soziale Dichte in der Familie oder in anderen Gruppen, was zu konfliktären Auseinandersetzungen führen kann, die einmal zu Spannungsabbau, aber ein anderes Mal zu Spannungsaufbau führt. Ebenfalls kann Gruppendruck zu produktiver Aktivität animieren, aber auch zu Lethargie.
  • Manche Stressoren können von der Person, die sie empfindet, ausgelöst werden. So kann Ernährung zu kulinarischem Genuss werden, doch wenn sie zu ausgiebig oder zu einseitig genossen wird, können negative Effekte eintreten, vor allem wenn sie zur Sucht wird, etwa bei Alkohol, Nikotin, Koffein oder Medikamenten. Auch Schlaf kann als Stressor wirken, einerseits sehr erholsam und Kräfte gebend, andererseits in zu geringem Umfang als Mangelerscheinung. Gleiches gilt für körperliche Bewegung: hilfreich und erquickend in angemessenem Maß, mit negativen Auswirkungen bei zu geringem oder auch zu großem Umfang. Vor allem Emotionen können zu Stressoren werden: als Freude an sozialen Kontakten, Liebe in der Partnerschaft, Begeisterung für Erlebnisse im Positiven, als Angst vor Aufgaben, Misserfolgen oder Tadel im Negativen.

Menschen sind permanent Stressoren ausgesetzt, die sowohl positiv wie auch negativ wirken können.

Stressreaktionen

Wenn Stressoren angenehme Reaktionen – Eu-Stress – hervorrufen, geben sie Kraft oder sie treiben an. Wenn sie jedoch Stressreaktionen – Dis-Stress – auslösen, beeinträchtigen sie reflexhaft Körper, Gedanken, Gefühle und das Verhalten.[1]

Beispiel:

Hat eine Person gegen Feierabend zum Beispiel noch vieles zu erledigen und bekommt von ihrer Führungskraft eine zusätzliche Aufgabe zugeteilt mit der Be­merkung, das Ergebnis werde heute noch gebraucht, können Stressreaktionen entstehen.

  • Körperliche Stressreaktionen: Puls und Blutdruck steigen. Die Muskelspannung nimmt zu. Atemfrequenz und Herzschlag werden schneller. Das Blut gerinnt schneller. Der Körper produziert mehr Schweiß, verdaut langsamer. Die Sexualfunktionen lassen nach. Schwindelgefühle und indifferente Schmerzen belasten. Die Anfälligkeit für Infekte nimmt zu.
  • Mentale Stressreaktionen: Negative Gedanken drängen sich auf, wie „Immer ich.“, „Das schaffe ich nie.“ oder „Ich muss das ganz alleine bewältigen.“ Ergebnisloses Grübeln quält.
  • Emotionale Stressreaktionen: Spontan entstehen entweder Angstgefühle, Beklemmungen oder Resignation, oder es entflammen Aggression, Ärger oder Zorn. Anspannung, Nervosität und Gereiztheit sowie gefühlte Zeitnot und Unruhe etablieren sich und münden in Enttäuschung, Abgespanntheit oder Müdigkeit. Die Gefühlskontrolle schwindet, bei geringsten Anlässen kommt es zu Wutausbrüchen oder Weinattacken. Schließlich bleiben Gefühle der Schwäche und Antriebslosigkeit, Verzweiflung und Depression.
  • Stressreaktionen im Verhalten: Die Konzentration ist gestört, das Denken blockiert. Es kommt zu Flüchtigkeitsfehlern, Vergesslichkeit und Zerstreutheit; Gelassenheit, Übersicht und Planung gehen verloren. Gegenstände werden verlegt. Arbeiten werden hastig und verkrampft erledigt, ohne Pausen. Lernen wird unmöglich. Suchtimpulse nach rauchen oder essen nehmen überhand. Frauen nehmen mehr Beruhigungs-, Aufputsch- und Schlafmittel, Männer trinken mehr Alkohol. Soziale Kontakte werden vermieden, das Zuhören bereitet Schwierigkeiten, die Mimik wird starr. Womöglich stellen sich Appetitlosigkeit und Schlafstörungen ein.

Stressreaktionen können Warnsignale vor einer sich anbahnenden psychischen Krise sein. Anfangs sind sie vielleicht harmlos und unterscheiden sich kaum von normalen Erschöpfungssymptomen.[2] Bei dauerhaften Stressreaktionen werden fortlaufend Stresshormone ausgeschüttet, die das Immunsystem beeinträchtigen und auf lange Sicht zu Organschädigungen führen. Die Neigung zu Migräne, Tinnitus, Hörsturz, Magengeschwüren, Infarkten, Diabetes und Krebserkrankungen steigt.

Den Reflexen der Stressreaktionen lässt sich begegnen durch positiven Umgang mit Stressoren: durch Selbstvertrauen und Zuversicht, mit positiven Erfahrungen in vergleichbaren Situationen und der Suche nach Unterstützung. Schon der Gedanke an ein bevorstehendes angenehmes, lustiges oder fröhliches Ereignis kann Stressreaktionen reduzieren.

Eu-Stress und Dis-Stress

Ob und mit welcher Intensität Stressoren Stressreaktionen auslösen, wird auch von der Einschätzung der Situation und der Bewertung der eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten beeinflusst. Zum Beispiel die Person, die gegen Feierabend noch vieles zu erledigen hat und von ihrer Führungskraft eine zusätzliche Aufgabe zugeteilt bekommt mit der Bemerkung, das Ergebnis werde heute noch gebraucht, kann die Situation neutral, als Eu-Stress oder als Dis-Stress bewerten.

Neutral wäre eine Reaktion mit dem Gedanken:

  • ‚Das mache ich mit Routine.‘
  • ‚Die Aufgabe ist offensichtlich dringlich.‘
  • ‚Mal sehen, wie ich damit fertig werde.‘

Im Eu-Stress bliebe die Person mit Gedanken wie:

  • ‚Eine interessante Aufgabe.‘
  • ‚Gut, dass meine Führungskraft mich ausgewählt hat.‘
  • ‚Eine Herausforderung, die ich meistern werde.‘

In Dis-Stress würde sie kommen mit Gedanken wie:

  • ‚Wie soll ich das bloß auch noch schaffen?‘
  • ‚Ich bin dem Druck nicht gewachsen.‘
  • ‚Jetzt kann ich mich nicht mehr auf den Feierabend freuen.‘

Ist die Anzahl der Stressoren oder ihre Intensität nur gering, führen sie nicht zu Stressreaktionen, sondern ermöglichen oder steigern die Leistungsfähigkeit. Die Anspannung wird als Eu-Stress erlebt. Mit zunehmender Stärke oder Häufigkeit der Stressoren steigt die Leistungsfähigkeit – zunächst. Bei Erreichen einer kritischen Stärke fällt die Leistungsfähigkeit abrupt ab und kann sich bis zur Handlungsunfähigkeit entwickeln. Ein zu niedriges Stressniveau verhindert hohe Leistungsfähigkeit, ein zu hohes Stressniveau hat das gleiche Resultat.

Eu-Stress – euphorisierender Stress – ist der innere Antrieb eines Menschen, etwas zu tun, das für ihn lohnend, nützlich oder sinnvoll ist. Bei wachsender innerer Anspannung steigen Leistungsfähigkeit und Produktivität. Zu hohe Anspannung mündet im Dis-Stress.

Wenn Menschen geringen Stressoren ausgesetzt sind oder sie selbst erzeugen, sind sie im Eu-Stress mit sich im Einklang. Der kritische Punkt des Übergangs vom Eu-Stress zum Dis-Stress findet sich bei jeder Person woanders und verschiebt sich mit den aktuellen situativen Umständen. Wenn der Eu-Stress zum Dis-Stress wird, ist die subjektive Fähigkeit überschritten, Stressoren als positiven Antrieb zu nehmen, die Situation ist nicht mehr erträglich. Der kritische Belastungspunkt kann einerseits durch Stress fördernde Gedanken, andererseits durch geeignete Entspannungstechniken verschoben werden.

Dis-Stress – zerstörerischer Stress – bezeichnet die Belastung, in der die innere Anspannung eines Menschen seine Leistungsfähigkeit und Produktivität ein­schränkt, bis die Stressreaktionen für ihn unerträglich werden.

Neigung zu Dis-Stress

Die Disposition, Stressoren bereits früh als Dis-Stress zu empfinden, lässt sich etwa an der Neigung erkennen, Hilflosigkeit zu empfinden, Kritik zu befürchten, unangenehme körperliche Reaktion zu erwarten, Selbstvorwürfe zu entwickeln oder auch sich selbst zu überfordern.

Die Neigung, Hilflosigkeit zu empfinden, zeigt sich etwa in Gedanken wie:

  • ‚Das schaffe ich nie.‘
  • ‚Ich halte das nicht durch.‘
  • ‚Ich kann doch nichts ändern.‘

Die Neigung, Kritik zu befürchten, zeigt sich etwa in Gedanken wie:

  • ‚Ich werde mich blamieren.‘
  • ‚Man wird mir böse sein.‘
  • ‚Ich werde für einen Angeber gehalten.‘

Die Neigung, unangenehme körperlichen Reaktionen zu erwarten, zeigt sich in Gedanken wie:

  • ‚Ich werde rot werden.‘
  • ‚Ich werde Herzklopfen bekommen.‘
  • ‚Ich werde einen Kloß im Hals spüren.‘

Die Neigung, Selbstvorwürfe zu entwickeln, zeigt sich in Gedanken wie:

  • ‚Das ist wieder mal typisch für mich.‘
  • ‚Ich hätte mich mehr anstrengen sollen.‘
  • ‚Mir gerät auch nichts richtig.‘

Die Neigung, sich selbst zu überfordern, zeigt sich in Gedanken wie:

  • ‚Ich darf andere nicht enttäuschen.‘
  • ‚Mir dürfen keine Fehler unterlaufen.‘
  • ‚Ich muss immer erreichbar sein.‘

Verschärfung

Wenn solche Gedanken als Stressreaktionen auftreten, verschärfen sie den Dis-Stress und gefährden das eigene Wohlbefinden und die eigene Gesundheit. Schließlich können sie zu Burn-out führen. Die Symptome sind auch für Außenstehende deutlich zu erkennen:

  • Jemand, der früher gut vernetzt und integriert war, nimmt an sozialen Aktivitäten kaum mehr teil.
  • Jemand reagiert zunehmend gereizt, neigt verstärkt zu Tränenausbrüchen oder wirkt häufiger teilnahmslos.
  • Jemand äußert sich verstärkt negativ und sarkastisch.
  • Jemand braucht deutlich länger zum Erledigen seiner Aufgaben und fehlt öfter wegen banaler Erkrankungen.

Gefährdung?

Mit einem kleinen Fragenkatalog kann jeder selbst ermitteln, inwieweit die eigene Gesundheit durch Stressoren gefährdet ist:

Frage Ja Manch-
mal
Nein
Regen Sie sich leicht auf? ______ ______ ______
Sind Sie allzu empfindlich? ______ ______ ______
Nehmen Sie alles sehr genau? ______ ______ ______
Sind Sie mit Ihrer jetzigen Situation unzufrieden? ______ ______ ______
Sind Sie leicht missgünstig? ______ ______ ______
Verlieren Sie schnell die Geduld? ______ ______ ______
Können Sie sich schlecht für etwas entscheiden? ______ ______ ______
Haben Sie oft Angst? ______ ______ ______
Leiden Sie unter Eifersucht? ______ ______ ______
Fühlen Sie sich am Arbeitsplatz unentbehrlich? ______ ______ ______
Haben Sie Minderwertigkeitsgefühle? ______ ______ ______
Leiden Sie häufig unter Zeitdruck? ______ ______ ______
Machen Sie sich über vieles Sorgen? ______ ______ ______
Haben Sie keine Freude mehr an Kleinigkeiten? ______ ______ ______
Sind Sie der Umwelt gegenüber misstrauisch? ______ ______ ______
Rauchen Sie mehr als fünf Zigaretten pro Tag? ______ ______ ______
Leiden Sie unter Schlafstörungen? ______ ______ ______
Haben Sie morgens Schwierigkeiten beim Aufstehen? ______ ______ ______
Sind Sie wetterfühlig? ______ ______ ______
Leiden Sie öfter an Halsschmerzen? ______ ______ ______
Haben Sie häufig Kopfschmerzen? ______ ______ ______
Leiden Sie unter Magenbeschwerden? ______ ______ ______
Sind Sie geräuschempfindlich? ______ ______ ______
Haben Sie in aufregenden Situationen feuchte Hände? ______ ______ ______
Haben Sie auch im Ruhezustand einen Puls von über 85 Schlägen pro Minute? ______ ______ ______
Liegt Ihr Körpergewicht um mehr als 10 Prozent über dem Normalgewicht? ______ ______ ______
Haben Sie den Eindruck, Sie bewegen sich nicht genügend? ______ ______ ______

Jedes Ja erhält 2 Punkte, jedes Manchmal 1 Punkt und jedes Nein keinen Punkt, damit die Antworten insgesamt eine Summe für die Auswertung ergeben.

  • Ergibt die Addition 0 — 5 Punkte, führen Stressoren grundsätzlich nur zu Eu-Stress und der Organismus ist äußerst stabil.
  • Ergibt die Addition 6 — 11 Punkte, ergeben sich aus Stressoren manchmal Stressreaktionen, die jedoch gut zu bewältigen sind.
  • Ergibt die Addition 12 —17 Punkte, beeinflussen Stressreaktionen das Wohlbefinden in manchen Bereichen. Ihnen kann durch intensive Arbeit an sich selbst entgegengewirkt werden.
  • 18 — 25 Punkte deuten auf Gefährdung der Gesundheit durch Stressreaktionen. Mit dem Ergründen der Ursachen und durch körperliche Aktivitäten kann sich daraus ergebenden Risiken entgegengewirkt werden.
  • Die Addition auf 26 Punkte und mehr deuten auf ernsthafte Bedrohung der Gesundheit durch Stressreaktionen. Nur konsequente Änderung der Lebensführung – unter ärztlicher Kontrolle des körperlichen Zustands – kann Abhilfe schaffen.
Entspannung mit Selterswasser

Setzen Sie sich bequem hin und schließen Sie die Augen. Stellen Sie sich etwa 15 Sekunden lang vor, Ihr ganzer Körper füllt sich mit einer wunderschönen, klaren, orangefarbenen Flüssigkeit. Spüren Sie, wie Ihr Körper voller und voller wird, von den Zehenspitzen höher und höher hinauf, bis Sie ganz angefüllt sind mit dieser schönen Farbe …

Nun stellen Sie sich vor, diese Flüssigkeit kann in 30 Sekunden Stressreaktionen aufsaugen. Alle Anspannung, die Sie in Ihrem Körper fühlen, gehen in die Flüssigkeit über. Dabei wird die Flüssigkeit dunkler; je mehr Stressreaktionen sie aufnimmt, desto dunkler und trüber wird sie. – Wenn Sie das Empfinden haben, die Flüssigkeit hat allen Dis-Stress und alle Anspannung aufgenommen, dann malen Sie sich aus, wie sie durch die Zehenspitzen aus Ihrem Körper hinausfließt.

Sie können dabei zusehen, wie die trübe Flüssigkeit aus Ihrem Körper abfließt, bis Sie wieder ganz leer sind …

Und jetzt stellen Sie sich vor, Sie füllen sich in 30 Sekunden ganz mit kühlem, frischem Selterswasser. Lassen Sie es sprudeln und perlen. Spüren Sie, wie das Wasser in Ihrem Körper hochsteigt, bis Sie ganz angefüllt sind mit klarem, glitzerndem, frischem Wasser, mit Energie und Leben …

Recken und strecken Sie sich nun und lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit wieder zurück. Behalten Sie das Gefühl der Erfrischung und der Energie. Atmen Sie dreimal tief ein und aus und öffnen Sie die Augen, erfrischt und wach.

Neurophysiologie

Die stressrelevanten Zentren finden sich im Gehirn. Bei Gefahr aktiviert die Amygdala   den Körper über den Hypothalamus. Für differenzie­rende Informationsverarbeitung ist der Hippocampus notwendig. Im präfrontalen Kortex werden Informationen gebündelt; Handlungsplanung und Risikoabschätzung laufen hier ab. – Unter andauernden Stressreaktionen werden der präfrontale Kortex und der Hippocampus geschädigt.

Die Amygdala ist das menschliche Gefahrenabwehrsystem. Bei unmittelbarer Gefahr initiiert sie in Sekundenschnelle Kampf, Flucht oder Starre. Sie lässt Muskelspannung, Herzschlag und Blutdruck steigen sowie die Aktivität des Kortex herunterfahren – und reduziert damit die Fähigkeit nachzudenken. Die Symptome im Verhalten sind schnell erkennbar: hektisches, aufgeregtes Reagieren ohne Plan und Ziel, schnell eskalierende Konflikte, Rückzug und Resignation. Diese automatische Reaktion half den Menschen vor Urzeiten mit Angreifern und unmittelbaren Bedrohungen umzugehen.

Wird die Amygdala vom präfrontalen Kortex nicht oder kaum gebremst, lässt sie starke Stressreaktionen zu. Durch die mangelnde Kontrolle der Emotionen provozieren Stressoren Dis-Stress. Die Fähigkeit, mit Stress umzugehen, sinkt.

Bremst der präfrontale Kortex die Amygdala, reduzieren sich die Stressreaktionen. Durch die Kontrolle der Emotionen provozieren Stressoren eher Eu-Stress. Die Fähigkeit, mit Stress umzugehen, steigt.

Je intensiver der präfrontale Kortex genutzt wird, umso stärker ist sein Einfluss auf die Wirkung der Stressoren – Handlungsfähigkeit und psychische Gesundheit bleiben erhalten. Gestärkt wird die Nutzung des präfrontalen Kortex durch Transparenz:[3]

  • Menschen, die wissen, was auf sie zukommt, werden von Geschehnissen nicht überrascht und nicht überwältigt. Sie können sich orientieren und bewusster mit Stressoren umgehen.
  • Menschen, die einen Sinn im Geschehen erkennen oder herstellen können, können Stressoren und ihre Wirkung plausibel bewerten.
  • Menschen, die auch handeln, wenn sie vielen und intensiven Stressoren ausgesetzt sind, und sich Situationen nicht hilflos ausgeliefert sehen, verbessern ihre Fähigkeit und Bereitschaft, ihren Umgang mit Stressoren zu kontrollieren.

Resilienz

Die effektivere Nutzung des präfrontalen Kortex stärkt die Resilienz – die Fähigkeit, im Eu-Stress zu bleiben. Einige Verhaltensweisen unterstützen die Resilienz:[4]

  • Nicht Schwächenanalyse, sondern Potenzialförderung
    Sich auf eigene Kenntnisse und Fähigkeiten sowie noch wenig genutzte Talente und Möglichkeiten zu konzentrieren festigt die Wirkung des präfrontalen Kortex, etwa mit Antworten auf Fragen wie:

    • Wofür interessieren Sie sich?
    • Worüber lesen Sie am liebsten?
    • Worüber reden Sie am liebsten?
  • Nicht Problemorientierung, sondern Lösungsorientierung
    Stressreaktionen sind Tatsachen, die zwar nicht direkt eliminiert, die aber beeinflusst werden können, und ihre Wirkung ist zeitlich begrenzt. Der Blick in die Zukunft verhindert, von der Gegenwart niedergedrückt zu werden, etwa mit Antworten auf Fragen wie:

    • Was können Sie tun, um mit identifizierten Stressoren positiv umzugehen?
    • Was können Sie aus Ihren Stressreaktionen lernen?
    • Auf welche Strategien, die Ihnen in der Vergangenheit geholfen haben, können Sie bauen?
  • Keine großen Sprünge, sondern kleine Schritte
    Auch das Definieren realistischer Ziele und ihre schrittweise Realisierung stärkt die Widerstandskraft gegen zu starke Wirkung von Stressoren. Das Planen konsequenten Handelns kann dabei helfen:

    1. In zwei Spalten schreiben Sie Ihre Ziele – die beruflichen und die privaten Ziele.
    2. Für jedes Ziel planen Sie realistische Schritte zur Umsetzung.
  • Nicht grübeln, sondern kommunizieren
    Das Sprechen mit anderen über identifizierte Stressoren und die ausgelösten Stressreaktionen aktiviert den präfrontalen Kortex. Im Gespräch ergeben sich erstaunlich viele Möglichkeiten, mit Stressoren umzugehen.

    • Zeigen Sie Mut und Stärke, indem Sie sich Unterstützung holen.
    • Nutzen Sie die Hilfe, die Ihnen angeboten wird.
  • Nicht allein, sondern mit Kontakten
    Das Zusammensein mit anderen gibt Selbstvertrauen und Selbstsicherheit. Mit wenigstens einer Verabredung pro Woche mit sympathischen Menschen lässt sich das persönliche Netzwerk schon hinlänglich pflegen. Impulse dafür können Antworten auf Fragen geben wie:

    • Welche Menschen sind Ihnen wichtig?
    • Wann haben Sie sie das letzte Mal gesehen?
  • Keine Schuldzuweisung, sondern Eigenverantwortung
    Jeder ist für seine Emotionen selbst verantwortlich; weder die Umstände noch andere Menschen tragen Schuld daran. Das ist vielleicht eine unbequeme Erkenntnis, doch sie stärkt die Resilienz.

    • Wenn Sie das nächste Mal eine Stressreaktion bei sich bemerken, gehen Sie an die frische Luft und atmen Sie tief durch.

Das Stärken der Resilienz durch den Einsatz des präfrontalen Kortex kann Stressreaktionen bekämpfen, um Stress konstruktiv zu nutzen.

Peter Hilbert

Quellen

[1] Marianne Buch
[2] Ulrich Bahnsen
[3] Rainer Schwing
[4] DKV Impulse

Selbstbild versus Fremdbild

Standard

Wahrnehmungen unterscheiden sich

Welches Bild haben andere von Ihnen? Welches Bild haben Sie von sich selbst? Gleichen sich die Bilder oder unterscheiden sie sich?

Was ist Ihre Komfortzone, in der Sie sich wohlfühlen, in der Sie entsprechend Ihren Gewohnheiten spontan handeln und aus der heraus Sie mit anderen gerne kommunizieren? Wie beschreiben andere Ihre Komfortzone und fällt anderen leicht, ihre eigene Komfortzone mit Ihrer zu synchronisieren?

Was ist Ihre Kompromisszone, in der Sie sich zwar inkommod fühlen, doch handlungsfähig sind, in der Ihnen die Konzentration schwerfällt und in der Ihnen diplomatisches, reflektiertes Kommunizieren einige Kraft kostet? Welches Verhalten anderer führt Sie aus Ihrer Komfortzone in Ihre Kompromisszone? Mit welchem Verhalten führen Sie andere in ihre Kompromisszone – gewollt oder ungewollt?

Was ist Ihre Panikzone, in der Sie emotional verkrampfen, in der Sie nicht mehr strategisch vernünftig handeln können und aus der heraus Ihnen keine freundliche oder auch nur höfliche Kommunikation mehr möglich ist? Welches Verhalten anderer bringt Sie in Ihre Panikzone? Mit welchem Verhalten bringen Sie andere in ihre Panikzone?

Komfortzone, Kompromisszone, Panikzone

Schon früh im Leben lernen Menschen Verhaltensweisen, über die sie als Erwachsene nicht mehr nachdenken. Sie lernen zu sprechen und nehmen dabei vielleicht einen Dialekt an. Sie lernen zu schreiben und entwickeln mit der Zeit ihre eigene unverwechselbare Handschrift. Sie lernen, bestimmte Handgriffe auf ganz individuelle Weise auszuführen und vieles mehr. So entstehen individuelle Verhaltensweisen, die für jeden Einzelnen normal, bequem und auch effizient sind.

Menschen fühlen sich gemeinhin wohl mit ihren erworbenen Verhaltensweisen, die sie Gewohnheiten oder auch Komfortzone nennen. Schon frühzeitig haben Menschen auch für die Interaktion mit anderen Verhaltensweisen erlernt, mit denen sie auf ihre persönliche Weise in Beziehungen eintreten und mit denen sie bei anderen unterschiedliche Reaktionen hervorrufen – erwünschte und unerwünschte.

Die Komfortzone ist das Spektrum der jeweils individuellen Verhaltensweisen, Bedürfnisse, Erwartungen, Stärken und Schwächen. Jeder Mensch hat seine persönliche Komfortzone, in der er sich wohlfühlt, in der er sein kann, wie er ist, und in der er sich verhält, wie er es gewohnt ist, so wie er es mag. In seiner Komfortzone gebraucht jeder seine im Verlauf seines Lebens erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten.

Jeder Mensch hat das Recht auf seine persönliche Komfortzone, in der er sich besonders komfortabel fühlt, seine schöpferische, kreative Energie nutzt und seine Fähigkeiten und Fertigkeiten unmittelbar freisetzt.

Jeder Mensch ist in der Lage, seine Komfortzone verlassen, wenn er das will. Es gibt unzählige Situationen, in denen Menschen für eine gewisse Zeit gern und freiwillig ihre Komfortzone verlassen, denn sie hilft in aller Regel, besser mit anderen zu kommunizieren. Meistens setzen sie diese Fähigkeit unbewusst ein. Um die eigene Kommunikationsfähigkeit noch weiter zu verbessern, hilft Menschen die Fähigkeit, ihre Komfortzone situativ und bewusst zu verlassen, auch wenn es manchmal schwerfällt.

Wenn sie ihre Komfortzone verlassen, kommen Menschen in ihre Kompromisszone, in der sie sich höflich, einfühlsam und freundlich verhalten – wenn sie das wollen. In ihrer Kompromisszone befinden sich Menschen zwischen einem guten und einem schlechten Zustand. Die Kompromisszone erlaubt ihnen, Sachverhalte neu zu sehen und Handlungen auszuprobieren.

Der Kompromisszone folgt die Panikzone. In ihr fühlen sich Menschen überfordert, angespannt, unglücklich. Wenn Menschen in ihre Panikzone gedrängt werden, lassen sich Konflikte nicht vermeiden. Die einen werden aggressiv, andere ziehen sich völlig zurück. In der Panikzone sind sämtliche positiven Fähigkeiten und Fertigkeiten blockiert.

Eine Möglichkeit, die eigene Komfortzone, Kompromisszone und Panikzone genauer zu erkennen, ist der Weg, über Selbstreflexion das Selbstbild und über Feedback das Fremdbild sich vor Augen zu halten. Beide Bilder genauer zu kennen gibt die Chance, unpassende Verhaltensweisen abzubauen und passende bewusst beizubehalten beziehungsweise auszubauen.

Selbstbild

Menschen haben eine mehr oder weniger genaue Vorstellung von sich selbst, weil sie schon einmal oder öfter darüber nachgedacht haben, wer sie sind, was sie als Individuen kennzeichnet, und sich Fragen gestellt haben wie:

  • Welche Eigenschaften zeichnen mich aus?
  • Welche Erfahrungen haben mich geprägt?
  • Was wünsche ich mir von meinem Leben?
  • Über welche Fähigkeiten verfüge ich?
  • Wie bewerte ich mein Äußeres?
  • Wie verhalte ich mich anderen gegenüber?

Die Antworten auf solche Fragen zeigen die Vorstellung, die jemand von sich hat: sein Selbstbild.

Das Selbstbild entsteht aus der Selbstwahrnehmung der eigenen Person. Es kontrastiert mit dem idealisierten Wunschbild von sich selbst und besteht aus Vorstellungen und Eindrücken von der eigenen Persönlichkeit, vom eigenen Charakter und von der eigenen Körperlichkeit sowie vom eigenen Verhalten, von den eigenen Talenten, den eigenen Fähigkeiten und den eigenen Fertigkeiten, von den eigenen Wertvorstellungen, den eigenen Bedürfnissen, den eigenen Interessen, den eigenen Wünschen und den eigenen Zielen sowie vom eigenen Denken und Fühlen, von den eigenen sozialen Beziehungen nicht zuletzt von den eigenen Schwächen und Stärken.

Die auf sich selbst bezogene Wahrnehmungen werden zwar von der jeweils aktuellen Situation beeinflusst, dennoch erscheint das Selbstbild stabil und über unterschiedliche Situationen hinweg konstant. Menschen nehmen vornehmlich Elemente ihres Selbstbilds wahr, mit denen sie sich gerade besonders beschäftigen; andere Elemente ihres Selbstbilds, die im Augenblick nicht in ihrem Fokus stehen, erleben sie weniger stark.[1] Auch erinnern sich Menschen besonders an Erlebnisse, die zu ihrem aktuellen Selbstbild passen, und sie tendieren dazu, negativ bewertetes eigenes Verhalten auf Situationen statt auf Persönlichkeitseigenschaften zurückzuführen.

Personen nehmen ihre eigenen Verhaltensweisen, Gefühle, Gedanken und körperliche Zustände wahr und ziehen aus dieser Selbstbeobachtung Rückschlüsse auf eigene Fähigkeiten und Eigenschaften. Allerdings werden Informationen, die potenziell den Selbstwert erhöhen oder erniedrigen können, nicht in gleicher Weise verarbeitet. So werden eigene Leistungserfolge vorwiegend auf interne Faktoren, wie Fähigkeit und Anstrengung, eigene Misserfolge dagegen auf externe Funktionen zurückgeführt, wie Aufgabenschwierigkeit und Pech.[2]

Das Selbstbild wird geformt durch eigene negative und positive Erlebnisse und Erfahrungen vor allem in sozialen Beziehungen. Es beeinflusst Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen einer Person – entweder positiv als empfundener Erfolg und empfundene Stärke oder negativ als empfundener Misserfolg und empfundene Schwäche.

Geringes Selbstwertgefühl und geringes Selbstvertrauen zeigen sich in häufiger und für andere nicht immer nachvollziehbarer Kritik gegen die eigene Person bis hin zu Minderwertigkeitsgefühlen. Schwächen und Misserfolge werden überbewertet und eigene positive Eigenschaften und Stärken werden übersehen. Ein ausgeglichenes Selbstwertgefühl und ein ausgeglichenes Selbstvertrauen lassen Wohlbefinden entstehen.

Hohes Selbstwertgefühl und großes Selbstvertrauen können in Selbstgefälligkeit münden bis hin zu Überlegenheitsgefühlen. Eigene Schwächen und Misserfolge werden übersehen und eigene Kompetenzen überschätzt.

Auch das Verhalten anderer beeinflusst das Selbstbild einer Person: Einerseits prägt die Art und Weise, wie jemand von anderen behandelt wird, wie die behandelte Person sich selbst sieht. Andererseits lässt eine Person ihr Verhalten von anderen umso weniger beeinflussen, je überzeugter sie von sich selbst ist.

Eine schriftliche Selbstreflexion, die vermutete eigene Stärken und Schwächen formuliert, kann zu einem – zwar situativ geprägten – Selbstbild führen, sie kann klären, wie eine Person sich selbst sieht. Ein einfaches T-Diagramm erleichtert das Finden von als positiv und negativ empfundenen Eigenschaften und Verhaltensweisen, ohne schon Begründungen zu liefern. Noch klarer wird das Bild, wenn anschließend eine Rangfolge der wichtigsten Stärken und Schwächen ergänzt wird.

Ausriss aus einem verschriftlichten Selbstbild:
Stärken

Kommunikation

Eigenständigkeit

Kompetenz      1

Flexibilität

Engagement    2

Strategisches Denken

Offenheit

Empathie

Hilfsbereitschaft

Loyalität           3

Schwächen

Unsicherheit bei Neuem                  3

Egoismus

Opportunismus

Stimmungsschwankungen          2

Negatives Selbstbild

Mangelnde Teamfähigkeit

Ungeduld

Hohe Ansprüche an Mitarbeiter     1

Inkonsequenz gegenüber Mitarbeitern

Schwierigkeit, nein zu sagen

Vermutetes Fremdbild

Ergänzen lässt sich das Selbstbild durch das vermutete Fremdbild. Denn andere Menschen sehen die eigene Person womöglich anders. Für das vermutete Fremdbild notiert die Person selbst – analog zum verschriftlichten Selbstbild –, wie andere wohl die Stärken und Schwächen der Person einschätzen. Auf eine Rangfolge der vermuteten Einschätzungen wird verzichtet.

Ausriss aus einem vermuteten Fremdbild:
Stärken

Pflegt Netzwerke

Kennt Unternehmensstrukturen

Beherrscht ihr Handwerk

Ist belastbar

Engagiert sich überdurchschnittlich

Wirkt offen

Ist verantwortungsbewusst

Handelt zielorientiert

Schwächen

Ist nicht authentisch

Setzt sich nicht für Mitarbeiter ein

Delegiert unklar

Wirkt unsicher

Manipuliert Menschen

Sucht stets den eigenen Vorteil

Ist unkollegial

Ist ehrgeizig

Prägnanter werden die Einschätzungen des vermuteten Fremdbilds, wenn sie in einem Resümee zusammengefasst werden.

Beispiel eines Resümees:

Die Stärken liegen in der Aufgabenorientierung und der Rationalität.

Die Schwächen liegen in der Menschenorientierung und der Emotionalität.

Auch wenn die aktuelle Situation mit ihren Stimmungen und akuten Themen, mit ihren alltäglichen Anforderungen und Ablenkungen auf die ohnehin subjektiven Einschätzungen einwirken und deshalb ungeklärt bleibt, wie realistisch Selbstbild und vermutetes Fremdbild sind, geben beide doch einen hinreichenden Überblick zum eigenen Verhalten und seiner Wirkung – und vielleicht Anstöße für von der Person selbst gewünschte Verhaltensänderungen.

Fremdbild

Anders als ein nur vermutetes Fremdbild fällt ein Fremdbild aus, das von einer anderen Person gegeben wird. Auch wenn andere womöglich nicht gar so intensiv über Personen, mit denen sie zu tun haben, nachdenken, so schätzen sie sie dennoch ein oder nehmen zumindest ihr Verhalten wahr. Sie haben ein Fremdbild von ihnen – auch wenn sie nicht unbedingt darüber sprechen.

Im Unterschied zu den spekulativen Mutmaßungen des nur vermuteten Fremdbilds entsteht das Fremdbild, das eine andere Person von einer eingeschätzten Person hat, aus deren subjektiven Wahrnehmungen, Gefühlen und Bewertungen, aus deren Erfahrungen mit der eingeschätzten Person.

In der sozialen Interaktion prägt das Fremdbild der einschätzenden Person ihr Verhalten gegenüber der eingeschätzte Person und in der Folge auch das Verhalten des Eingeschätzten gegenüber dem Einschätzenden.

In das Fremdbild können allerdings auch persönliche Erfahrungen der einschätzenden Person einfließen, die nur bedingt oder indirekt mit der eingeschätzten Person attribuiert sind: etwa ihr eigenes Selbstbild, ihre Erwartungen, ihre aktuelle Stimmung. Das Fremdbild objektiviert zwar das vermutete Fremdbild, weil eine zusätzliche Person die eigenen Einschätzungen ergänzt, bestätigt oder korrigiert, doch es ist kein objektives Bild.

Im Fremdbild kann ein Verhalten der eingeschätzten Person etwa negativ bewertet werden, weil die einschätzende Person das Verhalten bei sich selbst als negativ empfindet oder weil die eingeschätzte Person den Einschätzenden an jemand anderen erinnert, mit der er negative Erfahrungen gemacht hat. Oder die einschätzende Person übersieht ein positives Verhalten, das sie dem Eingeschätzten nicht zutraut. Oder sie überträgt eine einzelne negative Erfahrung mit dem Eingeschätzten auf die Person insgesamt.

Auch positive Verfälschungen können sich in das Fremdbild einschleichen, etwa wenn sich aus Sympathie oder starken positiven Gefühlen eine Idealisierung entwickelt hat, die negatives Verhalten kaum oder nicht wahrnimmt. Nicht zuletzt kann das Fremdbild verzerrt werden, wenn die eingeschätzte Person versteht, Schwächen, Inkompetenzen oder unvernünftige Gedanken zu verbergen.

Wenn die eingeschätzte Person von ihren Fremdbildern erfährt, können sie ein hilfreiches Korrektiv zum Selbstbild sein, da die Fremdeinschätzungen Hinweise geben können auf Perspektiven oder Eigenschaften, die dem Selbstbild entgangen sind. Das Registrieren von Fremdbildern kann zu besserem Verständnis von Reaktionen anderer führen, Wirkungen des Verhaltens der eingeschätzten Person offenlegen und Impulse geben für Verhaltensänderungen.

Selbst- und Fremdwahrnehmung

Das Selbstbild, das eine Person von sich hat, stimmt sicher nicht völlig mit den Fremdbildern überein, das andere Personen von ihr haben – schon gar nicht jeden Tag, da die Stimmungen, die Selbstbild und Fremdbild beeinflussen, schwanken und nicht etwa weil die einschätzenden Personen die eingeschätzte nicht realitätsgerecht wahrnehmen. Außerdem fällt der eingeschätzten Person an sich selbst anderes auf als den einschätzenden, denn sie nimmt ihre eigenen Eigenschaften und Fähig­keiten, ihre Wertvorstellungen und ihr Verhalten, ihre Stärken und Schwächen anders wahr als andere und nur sie kennt ihre unausgesprochenen Gedanken und Gefühle. Andere Personen haben ihre eigenen Gedanken und Emotionen. Selbstbild und Fremdbild sind verschiedene Bilder.

  • Vielleicht wirkt eine Person auf andere stark, während sie sich selbst schwach fühlt. Vielleicht meint eine Person, sie sei freundlich zu anderen, während andere sie als unfreundlich wahrnehmen. Vielleicht meint eine Person, sie verhalte sich kollegial, während andere sie als zu dominant empfinden.
Selbstbild und Fremdbild spiegeln nicht notwendigerweise die Realität, sondern sind Resultat persönlicher Wahrnehmungen und Bewertungen.[3]

Selbstbild und Fremdbild entstehen aus subjektiven Einschätzungen verschiedener Menschen und unterscheiden sich daher grundsätzlich – unabhängig von der Frage, ob sie mit der Realität übereinstimmen.

Erfährt die eingeschätzte Person von einem auf sie bezogenen Fremdbild, kann es – bei aller Ungenauigkeit – als Ergänzung ihres Selbstbilds ein wichtiges soziales Korrektiv sein, das ihrer Selbstreflexion dienen und sowohl ihr Denken, ihre Gefühle, ihre Einstellungen und Überzeugungen wie auch ihr Verhalten beeinflussen kann.

Feedback

Ein Fremdbild, das eine Person zu sich beschrieben bekommt, ist für sie ein Feedback zu ihrem Verhalten. Der Feedbackgeber schildert dem Feedbacknehmer mündlich oder schriftlich seinen persönlichen Eindruck, wie er das Verhalten des Feedbacknehmers wahrnimmt. Das Feedback bezieht sich nicht auf die Persönlichkeit des Feedbacknehmers, sondern auf vom Feedbackgeber wahrgenommene Verhaltensweisen – positive und negative. Feedback analysiert nicht und psychologisiert nicht. Es ist kein pauschales Urteil, sondern eine Darstellung subjektiver Eindrücke.

Der Feedbackgeber beschreibt möglichst neutral und genau aus seiner subjektiven Perspektive, wie er das Verhalten des Feedbacknehmers wahrnimmt, versteht, erlebt, doch er verurteilt es nicht, interpretiert es nicht, er generalisiert nicht. Er beschreibt Beobachtungen, die er positiv bewertet, und solche, die er negativ beurteilt. Seine Darlegungen sind so ausführlich und konkret wie möglich. Wohlüberlegt schildert er Beispiele von Verhaltensweisen des Feedbacknehmers und welche Reaktionen sie bei ihm bewirkt haben. Der Feedbackgeber vermittelt ausschließlich, was er bemerkt, gefühlt, gesehen oder gehört hat. Ergänzend kann er wohlmeinende unterstützende Wünsche für Verhaltensalternativen an den Feedbacknehmer formulieren: Vorschläge, was der Feedbacknehmer verbessern könnte. Der Feedbackgeber macht Wahrnehmungen als Wahrnehmungen erkennbar, Vermutungen als Vermutungen und Gefühle als Gefühle.

Der Feedbackgeber trägt die Verantwortung für die Beschreibung seiner Wahrnehmung und überlässt dem Feedbacknehmer die Verantwortung für dessen Verhalten. Er traut dem Feedbacknehmer zu, das Feedback nutzen zu können, und nimmt sich Zeit, das Feedback angemessen darzulegen. Er hat Mut, eventuell entstandenes Unbehagen zu vermitteln, ebenso wie er positive Gefühle und Eindrücke nennt. Er bezieht sich auf Verhaltensweisen, die der Feedbacknehmer ändern kann, und bedenkt die Wirkung seines Feedbacks. Er überlässt dem Feedbacknehmer, die Informationen des Feedbacks nach Gutdünken zu verwenden.

Der Feedbacknehmer erfasst die Äußerungen des Feedback­gebers, indem er aufmerksam liest beziehungsweise zuhört, und akzeptiert sie als persönliche Eindrücke des Feedbackgebers. Wenn er etwas nicht versteht, fragt er nach oder klärt Missverständnisse, doch er widerspricht nicht, rechtfertigt sich nicht, verteidigt sich nicht, argumentiert nicht. Feedback nehmen bedeutet Informationen erhalten und sie kritisch überdenken, nicht aber automatisch, das eigene Verhalten zu ändern. Der Feedbacknehmer entscheidet, wie er das Feedback für sich nutzen will.

Feedbackgeber wie Feedbacknehmer behandeln das Feedback vertraulich. Sie wissen: Das Feedback schließt die Möglichkeit eines Irrtums nicht aus. Nach dem Feedback können Feedbackgeber und Feedbacknehmer die Rollen tauschen: Dann wird der Feedbackgeber zum Feedbacknehmer und der Feedbacknehmer wird zum Feedbackgeber.

Wer über sich, seine soziale Situation und sein Verhalten nachdenkt und sich von anderen Feedback holt, ergänzt sein Selbstbild systematischer, fokussierter, überlegter und umfassender als etwa durch spontane Hinweise, die sich in einem Gespräch ergeben können.

360°-Feedback

Ein 360°-Feedback zeigt dem Feedbacknehmer Einschätzungen seines Verhaltens, seiner Kompetenzen und Leistungen aus unterschiedlichen Perspektiven – zum Beispiel aus dem Blickwinkel seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, seiner Führungskraft, seiner Kolleginnen und Kollegen, seiner Lieferanten, seiner Kunden – und erreicht eine größere Objektivität als ein einzelnes Feedback, weil mehrere Personen ihr Feedback geben.

Die Einschätzungen der Feedbackgeber beziehen sich auf das gesamte Spektrum des – beruflichen – Wirkens des Feedbacknehmers und schaffen gemeinsam ein umfassendes und vielfältiges Fremdbild zu seinem Handeln. Zusammen mit dem Selbstbild entsteht eine fundierte Einschätzung der Verhaltensweisen, der Stärken und Schwächen des Feedbacknehmers, aus der er reflektiert Konsequenzen ableiten kann.

Ein 360°-Feedback konkretisiert zum Beispiel, wie das arbeitsbezogene Verhalten einer Person von anderen bewertet wird:
Der Mitarbeiter, für den das 360°-Feedback erstellt wird, erstellt als Selbst­einschätzung ein ausführliches Stärken-Schwächen-Profil oder füllt einen Fragebogen aus.
90° Die direkte Führungskraft gibt dem Mitarbeiter Feedback zu dessen Stärken und Potenzialen oder füllt den gleichen Fragebogen aus.
180° Das Team des Feedbacknehmers, seine Mitarbeiterinen und Mitarbeiter, nimmt Stellung zum Verhalten des Feedbacknehmers – als Stellungnahmen oder auch mittels des gleichen Fragebogens.
270° Kollegen derselben Ebene wie der Feedbacknehmer nehmen Stellung zum Verhalten des Mitarbeiters, eventuell mittels des Fragebogens.
360° Externe – und interne – Auftraggeber des Feedbacknehmers beschreiben ihre Erfahrungen mit ihm, gegebenenfalls mittels des Fragebogens.

Die Feedbackgeber äußern sich möglichst schriftlich und der Feedbacknehmer erhält ihre Feedbacks auf Wunsch anonymisiert. Womöglich ist der Betriebsrat einzubeziehen. Mit seiner Führungskraft vereinbart der Feedbacknehmer eventuell kurzfristige oder langfristige Verhaltensänderungen mit priorisierten Entwicklungsmaßnahmen, wie Training, Coaching oder Mentoring, und mit einem Termin zur Verifizierung des Erfolgs.

Das 360°-Feedback relativiert das Selbstbild. Es konkretisiert Veränderungsbedarf und motiviert, Kompetenzen des Feedbacknehmers zu verstärken beziehungsweise Potenziale zu entfalten. Es konzentriert die Weiterentwicklung auf den Feedback­nehmer und fördert offene Kommunikationskultur.

In der Praxis

Neben dem T-Diagramm, das das Selbstbild sowie das vermutete Fremdbild zu den Stärken und Schwächen verschriftlicht, kann aus gegebenem Anlass ein aktuelles Thema Akzente im Selbstbild setzen. Etwa zur Verbesserung der Kommunikation in einem Team kann die Vorgabe, Sätze zu vervollständigen, zu einem themenbezogenen Selbstbild führen. Durch die – freiwillige – Offenlegung der Selbstbilder können die Satzergänzungen miteinander verglichen werden und so das jeweils eigene Selbstbild relativieren und auf Nachfrage zum Feedback werden lassen. – Ein Beispiel

Unter Kommunikation verstehe ich …

Mitarbeiter A: „… miteinander sprechen“
Mitarbeiter B: „… informieren“
Mitarbeiter C: „… auch über Privates sprechen“
Mitarbeiter D: „… per Gespräch Probleme lösen“
Mitarbeiter E: „… einander zuhören und antworten“
Mitarbeiter F: „… sich verbal und non-verbal verständigen“
Mitarbeiter G: „… Erfahrungen, Ideen und Meinungen austauschen“
Mitarbeiter H: „… offen diskutieren, anregen und motivieren“

 

Kommunikation empfinde ich als negativ, wenn …

Mitarbeiter A: „… unsachlich, unfreundlich oder unhöflich gesprochen wird oder mit abweisender Haltung“
Mitarbeiter B: „… Menschen aneinander vorbeireden“
Mitarbeiter C: „… Beschimpfungen, Vorwürfe, Beleidigungen oder Angriffe der Inhalt sind“
Mitarbeiter D: „… die Beteiligten einander nicht zuhören, nicht verstehen wollen und andere Ansichten nicht akzeptiert werden“
Mitarbeiter E: „… jemand unterbricht, andere nicht ausreden lässt“
Mitarbeiter F: „… mir jemand seine Meinung aufzwängen will und mich nicht akzeptiert, wie ich bin“
Mitarbeiter G: „… nur Smalltalk betrieben wird und es kein Ergebnis für die
Beteiligten gibt“
Mitarbeiter H: „… sie aus einseitigen Monologen besteht“

Auf negativ empfundene Kommunikation reagiere ich …

Mitarbeiter A: „… mit einer klaren Ansage, zum Beispiel mit ‚Stopp‘“
Mitarbeiter B: „… mit Abbruch der Kommunikation oder gedanklichem Abschalten“
Mitarbeiter C: „… pampig, aggressiv, ablehnend, explosiv, mit Ironie“
Mitarbeiter D: „… mit Schockstarre und Rückzug, eher verschlossen und passiv“
Mitarbeiter E: „… höflich, die Haltung wahrend“
Mitarbeiter F: „… genervt und frustriert“
Mitarbeiter G: „… mit Gegenwehr in der Diskussion“
Mitarbeiter H: „… zurückweichend, nachgebend, nachdenklich, mit Rechtfertigung“

Kommunikation empfinde ich als positiv, wenn …

Mitarbeiter A: „… sie zu wechselseitigem Verständnis mit konstruktiver Problemlösung führt und den Beteiligten ein Win-win-Ergebnis bringt“
Mitarbeiter B: „… sie mit Lob beginnt und positive oder sogar liebevolle Schwingungen zu spüren sind“
Mitarbeiter C: „… sie zu Gemeinsamkeiten und einem für alle sachlich zufriedenstellenden Ergebnis führt“
Mitarbeiter D: „… sie flüssig und fruchtbar verläuft, neue Sichtweisen bringt und ich Neues erfahre“
Mitarbeiter E: „… zugehört und nachgefragt wird und Meinungen respektiert werden“
Mitarbeiter F: „… interessante Menschen gemeinsame Grundlagen finden und vertrauensvoll und unvoreingenommen miteinander umgehen“
Mitarbeiter G: „… sie humorvoll, mit Spaß und Freude verläuft, wertschätzend mit freundlicher Ansprache“
Mitarbeiter H: „… ich mich angenommen fühle, mich einbringen kann und gehört werde“

Auf positiv empfundene Kommunikation reagiere ich …

Mitarbeiter A: „… freundlich lächelnd“
Mitarbeiter B: „… entspannt, locker“
Mitarbeiter C: „… liebevoll“
Mitarbeiter D: „… zugewandt, positiv und offen“
Mitarbeiter E: „… zufrieden“
Mitarbeiter F: „… mit Smalltalk“
Mitarbeiter G: „… anerkennend, mit Sympathie“
Mitarbeiter H: „… kreativ und motiviert“

Ich kommuniziere gern mit Menschen, die …

Mitarbeiter A: „… die gleiche Wellenlänge haben wie ich“
Mitarbeiter B: „… eine positive Einstellung haben“
Mitarbeiter C: „… witzig, lustig, humorvoll, interessant und offen sind“
Mitarbeiter D: „… ehrlich und authentisch sind“
Mitarbeiter E: „… mir sympathisch sind“
Mitarbeiter F: „… mir ihre Aufmerksamkeit zeigen“
Mitarbeiter G: „… mir vertrauen und denen ich vertraue“
Mitarbeiter H: „… Intelligentes zu sagen haben“

Ich kommuniziere ungern mit Menschen, die …

Mitarbeiter A: „… sich rassistisch äußern“
Mitarbeiter B: „… misslaunisch und miesepetrig sind“
Mitarbeiter C: „… mir unsympathisch sind“
Mitarbeiter D: „… unfreundlich oder gar aggressiv auftreten“
Mitarbeiter E: „… sehr laut oder sehr leise sprechen“
Mitarbeiter F: „… sich desinteressiert oder ablehnend verhalten“
Mitarbeiter G: „… intolerant und voreingenommen sind“
Mitarbeiter H: „… rechthaberisch diskutieren“

Das Feedback mittels der Satzergänzungen eignet sich, um gemeinsame und unterschiedliche Perspektiven im Team einander gegenüberzustellen und damit mehr wechselseitiges Verständnis zu erreichen.

Für ein 360°-Feedback geeignet sind schriftliche Vorgaben, zu denen sowohl der Feedbacknehmer wie auch die Feedbackgeber ihre Einschätzungen abgeben. Damit Selbstbild und Fremdbilder leicht miteinander abzugleichen sind, bietet sich an, für die Antworten eine Skala vorzugeben, zum Beispiel:

1 2 3 4 5 6 7
Trifft gar
nicht zu
Trifft
nicht zu
Trifft
etwas zu
Weiß
nicht
Trifft
eher zu
Trifft
zu
Trifft
völlig zu

So können Feedbacknehmer und Feedbackgeber ihre Eindrücke aufgrund der vorgegebenen Aussagen schnell kennzeichnen. – Hier eine Auswahl von Aussagen zum Erstellen eines 360°-Feedbacks[4]:

Aussagen zum Verhalten des Feedbacknehmers Einschätzung
Spricht klar.
Vertraut Teammitgliedern.
Hat starken Einfluss auf einzelne Teammitglieder.
Versteht die Gefühle der Teammitglieder.
Möchte keine enge persönliche Beziehung zum Team.
Hört aufmerksam zu.
Trägt Ideen überzeugend vor.
Duldet keine anderen Meinungen.
Spricht auch über eigene Gefühle.
Kann Konflikte im Team nicht gut aushalten.
Zeigt offen seine Zuneigung.
Lässt sich von anderen beeinflussen.
Ist im Team sehr akzeptiert.
Ist verständnisvoll, wenn andere mit Problemen kommen.
Wirkt eher gehemmt.
Nimmt Rücksicht auf die Bedürfnisse anderer.
Schätzt bewährte und anerkannte Denkweisen und Handlungen.
Engagiert sich wenig.
Begegnet anderen aufgeschlossen.
Hilft anderen, ihr Potenzial zu entwickeln.
Ist fantasievoll und hat eine Menge guter Ideen.
Scheint sich manchmal selbst zu bemitleiden.
Bewertet Sachverhalte klar als richtig oder falsch.
Ist häufig in der Rolle, andere zu trösten.
Sucht Fehler zuerst bei anderen.
Ist neugierig und probiert viel Neues aus.
Übernimmt Aufgaben, die für andere schwierig zu sein scheinen.
Scheint in vielen Situationen alleine nicht zurechtzukommen.
Hilft anderen häufig in schwierigen Situationen.
Fordert Anerkennung und Dankbarkeit.
Wirkt selbstsicher.
Wirkt optimistisch.
Scheint von sich überzeugt zu sein.
Wirkt mit sich zufrieden.
Zeigt selten Stolz auf die eigenen Leistungen.
Vergewissert sich, gut genug zu sein
Macht manchmal einen unzufriedenen Eindruck.
Kommt mit allen Leuten gut aus.
Fragt nach Ansichten, die von der eigenen abweichen.
Zeigt sich interessiert am Fühlen und Denken anderer.
Begegnet anderen offen und ehrlich.
Unterstützt Mitarbeiter, sich selbst weiterzuentwickeln.
Ist in Konfliktsituationen rechthaberisch.
Verteilt mehr Kritik als Anerkennung.
Findet schnell Schwächen anderer.
Zeigt sich schnell enttäuscht.
Verhält sich in Verhandlungen eher stur.
Überschätzt die eigenen Fähigkeiten.
Verhält sich wenig zielstrebig.
Gibt schnell auf.
Läuft immer wieder in dieselben Probleme hinein.
Zeigt sich wenig optimistisch.
Stellt eigene Bedürfnisse zugunsten anderer Personen hintenan.
Verlangt von sich und anderen pedantische Korrektheit.
Ist sehr anspruchsvoll.

Das 360°-Feedback mittels Einschätzungen mit vorgegebenen Aussagen erlaubt eine umfassende Selbstreflexion mit den Feedbacks anderer und erleichtert die Möglichkeiten zur Analyse des Verhaltens des Feedbacknehmers – zum Beispiel mittels des Johari-Fensters.

Johari-Fenster

Das Johari-Fenster[5] ist ein Analyse-Modell, das Selbstbild und Fremdbild einander gegenüberstellt, wobei das Fremdbild aus mehreren Bildern zusammengesetzt sein kann. Es veranschaulicht die Übereinstimmungen und Unterschiede von Selbstbild und Fremdbild in vier Bereichen:

Offenheit: Welche Wirkungen des Verhaltens einer Person sind ihr selbst und anderen bekannt?
Blinder Fleck: Welche Wirkungen des Verhaltens einer Person sind ihr selbst unbekannt, aber anderen bekannt?
Geheimnis: Welche Wirkungen des Verhaltens einer Person sind ihr selbst bekannt, aber anderen unbekannt?
Unentdecktes: Welche Wirkungen des Verhaltens einer Person sind ihr selbst und anderen unbekannt?

Nachdem zuvor die Selbstreflexion und das Feedback zum Fremdbild die Wirkungen des Verhaltens einer Person weitgehend beschrieben haben, identifiziert die Analyse mittels des Johari-Fensters Möglichkeiten, Verhaltensänderungen durch bewusstes Erweitern der Offenheit zu erleichtern.

Übereinstimmende Einschätzungen von Verhaltensweisen in Selbstbild und Fremdbild geben Hinweise auf die Offenheit des Feedbacknehmers. Andere und die Person selbst sehen das Verhalten des Feedbacknehmers in gleicher, wenn auch in jeweils subjektiver Weise. Das Handeln des Feedbacknehmers ist transparent, was unbeschwerten Umgang miteinander erlaubt.[6]

  • Zum Beispiel wird sowohl im Selbstbild wie auch im Fremdbild das Hervorheben von Negativem als Verhaltensweise der eingeschätzten Person genannt.Da das Verhalten den Beteiligten bekannt ist, können sie offen darüber sprechen und sich darauf einstellen. Die eingeschätzte Person kann nach Gründen ihres Verhaltens suchen und entscheiden, ob sie es beibehält oder ändert.

Die Einschätzungen im Fremdbild, die dem Feedbacknehmer nicht bekannt sind oder die er nicht in gleicher Weise bemerkt, geben Hinweise auf seinen „blinden Fleck“. Der Feedbacknehmer ist „blind“ für die Wirkungen einiger seiner Verhaltensweisen und nimmt sie nicht oder nur unzulänglich wahr, andere jedoch registrieren sie – möglicherweise über nonverbale Signale. Feedbacks mit ihren Fremdbildern können auf Verhaltensweisen aufmerksam machen, die dem Feedbacknehmer zuvor nicht bewusst waren.

  • Zum Beispiel erzeugt eine eingeschätzte Person in schriftlichen Mitteilungen oft Unverständnis durch ihre kryptischen Abkürzungen.Die eingeschätzte Person war sich über die Wirkung ihres Verhaltens nicht im Klaren und kann jetzt, nachdem der „blinde Fleck“ zur Offenheit wurde, ihr Verhalten entsprechend ändern. Ihr „blinder Fleck“ hat sich reduziert, ihre Offenheit erweitert.
Unbewusste Verhaltensweisen ins Bewusstsein zu holen erlaubt die Entscheidung, sie beizubehalten oder zu verändern.

Manche Einschätzungen im Selbstbild finden sich im Fremdbild nicht wieder. Sie sind das Geheimnis des Feedbacknehmers – vielleicht weil er das Verhalten bewusst verbirgt oder weil er um sein Image fürchtet oder weil es ihm zu intim ist oder weil es den Feedbackgebern nicht auffällt. Das Geheimnis ist der eingeschätzten Person bekannt und anderen unbekannt.

  • Zum Beispiel fehlen einer eingeschätzten Person in Gesprächen mit ihrer Führungskraft oft die richtigen Worte und sie flüchtet sich dann in unverbindliche Äußerungen.Wenn die eingeschätzte Person ihrer Führungskraft das Geheimnis offenbart, kann ihre Führungskraft sich darauf einstellen und ihr etwa mehr Zeit zum Finden der richtigen Worte geben oder durch Nachfragen Mitteilungen präzisieren lassen. Überwindet sich die eingeschätzte Person und informiert von ihrem Geheimnis, erweitert sie ihre Offenheit.
Das bewusste Herausgeben von Informationen zum eigenen Verhalten kann Anspannung und Strapazen verhindern; dadurch wird Energie frei, die sonst verwendet würde, um das Geheimnis zu vertuschen.

Manche Verhaltensweisen sind weder der eingeschätzten Person noch den Feedbackgebern bekannt. Aussagen dazu tauchen weder in der Selbstreflexion auf noch im Feedback, weil sie nicht registriert werden oder als nur wichtig oder nicht als Besonderheit angesehen werden. Unentdecktes ist den Beteiligten nicht unmittelbar zugänglich und bleibt womöglich für immer unbekannt.

  • Zum Beispiel hat eine eingeschätzte Person ein besonderes Talent für räumliche Vorstellungen, was den Beteiligten entgangen ist.In der Selbstreflexion findet sich zu ihrer Begabung keine Aussage, weil der eingeschätzten Person ihre Fähigkeit nicht aufgefallen ist. Auch im Feedback ist dazu nichts erwähnt, weil die Beteiligten in keiner Situation das Talent registriert haben. So bleibt die Veranlagung unentdeckt, wird kein Teil der Offenheit.

Verhaltensänderung

Das Johari-Fenster zeigt die Chance für Verhaltens­änderungen durch mehr Offenheit – verbunden mit weniger Geheim­nissen und „blinden Flecken“. Die Aussagen in der Selbstreflexion und im Feedback geben hinlänglich Hinweise. Verhaltensänderungen lassen sich erreichen durch offenere Kommunikation – auch  mit Personen, die noch kein Feedback gegeben haben, die aber zu Feedbackgebern werden können. Mehr Offenheit braucht Mut und Vertrauen zu anderen und den Willen, offen zu kommunizieren – mehr noch als schon für den Wunsch nach Feedback notwendig war.

Wer anderen mehr über sich mitteilt, gibt ihnen die Möglichkeit, mehr Verständnis zu entwickeln und entsprechend zu reagieren.

  • Wer zum Beispiel anderen von beabsichtigten eigenen Verhaltensänderungen informiert, wird von einigen Unterstützung erfahren, von anderen Gleichgültigkeit und von wieder anderen Negatives. Die Reaktionen erlauben, das Miteinander zu festigen oder neu zu bewerten.Unabhängig von den Reaktionen braucht der offen Informierende keine Energie auf das Verheimlichen seines Vorhabens zu verschwenden, sondern kann sie für die angestrebte Änderung verwenden.

Die Folge von mehr Offenheit zeigt sich auch im Verhalten anderer, die jeweils auf ihre Weise die offenere Kommunikation spiegeln: Die Interaktionspartner akzeptieren einander besser, weil sie mehr voneinander wissen und daher einander besser verstehen. Die Zusammenarbeit funktioniert besser, weil Widerstände gegen Veränderungen abgebaut werden, weil die Beteiligten mehr reflektieren und sich Feedback voneinander holen. Sie entwickeln mehr Mut, neue Verhaltensweisen auszuprobieren, und informieren sich eher, wenn die Grenze am Übergang von ihrer Kompromisszone in ihre Panikzone erreicht ist. Sie erhalten mehr Erkenntnisse über sich und andere, was zu mehr Verständnis des zwischenmenschlichen Miteinanders führt und in der Folge zu bewussteren und entspannteren Beziehungen untereinander.

Selbstreflexion und vermutetes Fremdbild sowie Feedback mit der anschließenden Analyse mittels des Johari-Fensters geben Impulse für sinnvolle und bewusste Verhaltensänderungen und können das Miteinander in beruflichen und privaten Situationen erleichtern.

Peter Hilbert

Quellen

[1] Lars-Eric Petersen, Dagmar Stahlberg, Dieter Frey. Selbstwertgefühl
[2] Lars-Eric Petersen, Dagmar Stahlberg, Dieter Frey. Selbstwertgefühl
[3] Doris Wolf
[4] Heike Kersting
[5] Joseph Luft, Harrington Ingham
[6] Andrea Windolph